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Columbus

Titel: Columbus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Waldtraut Lewin
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Schiff nicht mehr auf das andere verlassen kann - dann gnade Gott uns allen!
    Das zerstörte Vertrauensverhältnis zwischen der Familie Pinzón und dem Generalkapitän tut ein Übriges. Die Pinzons haben die meisten angeheuert, die alten Fahrensleute haben sich darauf verlassen, dass es keine windigen Sachen sind, wenn man mit denen segelt. Nun scheinen die selbst verunsichert.
    Und dann droht die ganze Expedition an einem Naturereignis zu scheitern.

Feuerberg und Wasser der Taufe
    Am Abend des 27. August, gerade als die Sonne im Westen versunken ist, rast ein dumpfes Grollen wie von zehn Gewittern über das Himmelsgewölbe, obwohl die Luft ruhig ist und sich nirgends eine Wolke zeigt.
    Und dann schießt von der benachbarten Insel Tenerife, aus dem Berg Teide, eine Feuersäule gegen das Abendrot in die Höhe, birst auseinander, verdüstert den Horizont mit Rauch und Dampf und schleudert Gesteinsbrocken in Kaskaden ins Meer.
    Die Männer auf den Schiffen und an Land sind zunächst starr vor Schrecken. Dann brechen sie schreiend und schluchzend in die Knie, bekreuzigen sich, schlagen sich an die Brust, bekennen Gott schluchzend ihre Sünden.
    Ein Zeichen der Vorsehung! Darüber sind sich die meisten klar!
    Columbus läuft zu Höchstform auf.
    Den prahlerischen Samtmantel um die Schultern geschlungen, erscheint er auf der Popa, schlägt wie die anderen das Kreuz, gibt Befehl, das Beiboot zu Wasser zu bringen. Er will sofort hinüber zur Werft, zu den Männern der »Pinta«, um ihnen zu erklären, was sie hier sehen.
    Â»Erklärt es zuerst uns, Euer Gnaden!«, ruft eine furchtsame Stimme aus der Mannschaft. »Denn wir fürchten uns entsetzlich.«
    Columbus lässt seinen Blick über die Männer schweifen. Fixiert schließlich einen der Seeleute, die mit ihm schon einmal auf Fahrt waren. »Chachu! He, Chachu der Baske! Sind wir nicht gemeinsam im Nordmeer gewesen, auf Island, du als Maat, ich als Steuermann?«
    Â»Das sind wir, Euer Gnaden!«, bestätigt der bärtige Rotschopf.
    Â»Und erinnerst du dich an die Flammen und die heißen Steine, die ein Berg dort in den Himmel schleudert? Es ist wie hier, nicht wahr? Man nennt es Vulkane. Es ist ein unterirdisches Feuer, das hervortritt, nichts Besonderes.«
    Â»Nichts Besonderes?« Das ist eine andere Stimme. »Unterirdisches Feuer, das ist der Schlund der Hölle! Die Hölle tut sich auf!«
    Zustimmendes Gemurmel der Männer.
    Â»Chachu habe ich gefragt!«, übertönt der Generalkapitän seine Crew. »Bestätige mir, dass die Einwohner Islands dort behaglich mit diesem Feuer speienden Berg zusammenleben und ihn ganz gewiss nicht für den Höllenschlund ansehen!«
    Â»So ist es, Euer Gnaden!«, erklärt Chachu. Und zu den anderen: »Glaubt Don Cristobal! Es ist etwas Natürliches, kein Teufelswerk!«
    Â»Das Beiboot!«, wiederholt Columbus jetzt mit schneidender Stimme. »Widersetzt sich hier wer meinen Befehlen?«
    Juan de la Cosas Schiffspfeife schrillt, das Beiboot wird zu Wasser gelassen. »Ich muss die Männer von der ›Pinta‹ beruhigen!«, erklärt der Generalkapitän. »Möglicherweise haben sie da drüben nicht so erfahrene, verständige Seeleute an Bord, wie ihr es hier auf dem Flaggschiff allesamt seid. Nicht dass sich da jemand in die Hosen macht!«
    Zustimmendes Gelächter. Auf einmal ist ihnen schon von Anfang an klar gewesen, dass es eine natürliche Erscheinung ist, das da drüben auf der anderen Insel, obwohl sie nur verstohlen aus den Augenwinkeln hinüberlinsen zum Teide, der weiterhin Rauch und Flammen speit, und sich immer noch bekreuzigen oder nach den geweihten Amuletten tasten, die sie am Hals tragen.
    Der Generalkapitän ist mit elegantem Schwung das Fallreep hinunter und lässt sich nun zu der kleinen Werft hinüberrudern, wo sich schon, wie er sieht, die gesamte Truppe aufgeregt um Martín Pinzón schart. Er springt an Land und eilt mit langen Schritten auf die Männer zu, ruft schon von weitem: »Ich hoffe, Kapitän, Ihr habt dem Schiffsvolk vernünftig erklären können, was es hier sieht!«
    Man sieht ihm schweigend entgegen, angstvoll, ja, feindselig. Offenbar hat Pinzón keine Ahnung, denkt Columbus grimmig. Der große Seefahrer! Sein Blick fällt auf einen jungen Matrosen, den er kennt. »Beppo! Du bist doch Genuese! Bist du nicht schon im

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