Columbus
gehen.
Vierzehn Tage tigert unser Seefahrer nun mit wachsender Ungeduld am Strand und auf den StraÃen umher, mietet sich ein Maultier und macht Ausflüge auf die Klippen - weit kommt man nicht, die StraÃen verlaufen sich sehr schnell in unwegsamem Gelände, und ihm kommt es unwahrscheinlich vor, dass da oben in den nebelverhangenen Bergen tatsächlich Menschen hausen sollen.
Aber dann hört er staunend das melodische Pfeifen, immer die gleiche Tonfolge, von Berg zu Berg wie ein Echo, und erinnert sich an das, was Beatriz ihm über »Silbo«, die Pfeifsprache, erzählt hat - dass die Signale zur Rebellion »über die Insel gepfiffen« wurden. Eine wunderbare »Geheimsprache«!
Sicher wird er die Guanches, die er gewiss auf dem Markt oder auf einer Plantage sieht, mit Misstrauen betrachtet haben. Diese »Wilden« in ihren rotblauen Lederumhängen und den Binsenstirnbändern, die ihr langes Haar zurückhalten ⦠nein, nackt laufen sie nicht herum, wie er in dem Brief für Beatriz behauptet hat. Aber heidnisch sehen sie schon aus.
Was für Menschen werden ihn erwarten, wenn er denn »da drüben« ankommt?
Wenigstens eine nützliche MaÃnahme wird während dieser Warterei durchgeführt: Columbus lässt die Dreieckssegel der »Niña«, so genannte Lateinsegel, gegen viereckige Redonda-Segel austauschen. Fachleute auf dem Gebiet der Seefahrt geraten darüber ins Spekulieren. Die »lateinische« Takelung, besonders geeignet fürs Kreuzen und für Wendemanöver, hatte ideale Dienste auf der bisherigen Wegstrecke geleistet. Die Vierecksegel nun sind aufs Beste geeignet, vor dem Wind zu fahren, also für die zweite, gröÃere Hälfte der Reise genau das Richtige.
Das heiÃt also, Columbus wusste um das Vorhandensein der Passatwinde, jene beständig wehenden Winde aus Nordost auf der nördlichen Halbkugel. Das dürfte ein weiterer Beweis dafür sein, dass er mit Informationen über seine Reiseroute versehen ist, die weit über das hinausgehen, was er vorgibt zu wissen. (Die Erzählung des Pedro.) Und ich kann mir kaum vorstellen, dass er eins seiner Schiffe aufs Geratewohl umrüstet.
Während die Arbeiten an der »Niña« durchgeführt werden, hält es den Ungeduldigen nicht mehr auf La Gomera. Er schnappt sich am 24. August sein Flaggschiff und segelt nach Gran Canaria.
Sein Misstrauen gegenüber Pinzón wächst ständig. Fast könnte man annehmen, er vermutet, der Kapitän sei schon auf eigene Faust unterwegs zu den Goldländern, um ihm den Rang abzulaufen...
Nahezu gleichzeitig mit der »Pinta« trifft er im Hafen von Las Palmas ein. Dass Gegenwinde und das zerbrochene Ruder Pinzón ÃuÃerstes abverlangt haben, findet keinerlei Anerkennung beim Generalkapitän. Er überhäuft seinen Stellvertreter im Gegenteil mit Vorwürfen und Anschuldigungen - er würde alles nur absichtlich verzögert haben!
Pinzón, aufbrausend und im vollen Bewusstsein, zu Unrecht angegriffen zu werden, lässt nichts auf sich sitzen, und schon haben sich die beiden Kampfhähne am Wickel. Pinzón bezeichnet Columbus als seemännische Niete. Columbus bezichtigt Pinzón der Sabotage und erklärt, weià vor Wut, wenn sie erst wieder in Palos seien, würde er ihn an der Tür seines eigenen Hauses aufknüpfen lassen - als wenn sie die ganze Abenteuerfahrt schon hinter sich hätten! Jedenfalls steigern sich beide Männer in eine unschöne Zänkerei hinein - und die Stimmung zwischen ihnen wird auf der gesamten Reise vergiftet sein.
Immerhin beginnt nun zügig die Reparatur des Ruders, die »Pinta« wird auÃerdem an Land gezogen, und die Wanten werden neu geteert - aber nun wird der Generalkapitän mit einer neuen Misslichkeit konfrontiert: Die Mannschaft droht, ihm davonzulaufen. Zweifellos aus mehr als einem Grund.
Man sieht, dass da einige Leute, offenbar mit Zustimmung des Chefs, von Bord gehen - zwar sind es meistens solche, deren seemännische Erfahrungen sowieso mangelhaft sind -, aber was hat er denn da auch um Gottes und aller Heiligen willen für Ballast mitfahren lassen? Wollen sie nun allesamt die Goldländer entdecken oder sind sie ein Passagierschiff für zwielichtige, vielleicht gar unchristliche Gestalten?
Zum anderen dieses Manöver - dieses Wegsegeln vom Havaristen. Wenn ihnen das da drauÃen auch passiert, dass sich ein
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