Columbus
erwartet den abtrünnigen Kapitän mit kalter Wut. Als Pinzón um Erlaubnis bittet, an Bord der »Niña« zu kommen, lässt ihn der Admiral erst stundenlang zappeln, bis er sich herbeilässt, ihn in seiner Toldilla zu empfangen; einmal wieder angetan mit allem, was er an goldenen Ketten, Samt und Seide noch auftreiben kann.
Es muss eine bittere Stunde für den Mann von der »Pinta« gewesen sein, zu Kreuze zu kriechen - aber die Vernunft sagt ihm, dass der Admiral in Spanien die besseren Karten hat und dass es gescheiter ist, mit ihm zusammen zurückzusegeln, sodass man einander helfen kann.
»Nun, Señor, was habt Ihr mir zu sagen?«, beginnt Columbus frostig. Er sitzt mit verschränkten Armen, zurückgelehnt, die Beine übergeschlagen.
»Don Cristobal! Ich habe Gold gefunden!«
Columbus reagiert nicht.
»Ich habe sechzehn Tage in einem nahen Fluss geankert, die Gegend erkundet und Gold aus dem Schwemmland waschen lassen. Die Hälfte habe ich unter den Männern verteilt, der Rest ist für Euch bestimmt, damit Ihr es Doña Isabel aushändigen könnt.« Er legt einen Lederbeutel vor Columbus auf den Tisch, aber der fegt ihn mit einer wütenden Handbewegung herunter.
»Behaltet Euer Gold - es ist unrechtmäÃig erworben, nämlich ohne meine Zustimmung. Wir werden der Königin andere Schätze präsentieren können. Was soll das? Wollt Ihr meine Verzeihung erkaufen?«
Nun reicht es Pinzón. »Eure Verzeihung, weil ich auf eigene Faust da weitergefahren bin, wo Euer schwerfälliges Schiff sich nur wie eine Kuh auf der Weide bewegt hat? Dass ich nicht lache, Señor!« Er klaubt den Beutel vom Boden auf und steckt ihn wieder ein, er ist rot im Gesicht vor Wut. »Warum sollte ich auf einen Mann warten, der mich, als mein Schiff nicht mehr seetüchtig war, vor den Kanaren im Stich gelassen hat, weil er einer gewissen Dame einen Besuch abstatten wollte? Fast wären wir in die Herbststürme geraten!«
»Lasst Doña Beatriz aus dem Spiel!« Columbus schlägt mit der Faust auf den Tisch. »Was denkt Ihr Euch noch aus, um zu verschleiern, dass Ihr ein Fahnenflüchtiger und Verräter seid, den ich eigentlich an der höchsten Rahe aufknüpfen lassen müsste?«
Inzwischen brüllen sie beide. Das Schiffsvolk steht mit angehaltenem Atem drauÃen und hört zu. Es ist nicht gut, wenn sich die Befehlshaber so in die Haare kriegen. Man verliert den Glauben an die Führung. Andererseits, spannend ist es doch.
Pinzón legt beide Hände auf die Brust. »Lächerlich! Wer seid Ihr ohne mich, Herr Admiral? Ich habe Euch Schiffe und Mannschaft organisiert, ich bin der Kapitän, dem die Männer vertrauen, und ich habe zum ersten Mal Land gesehen, wenn Ihr das auch bis zum letzten Atemzug bestreiten werdet: Ich bin der eigentliche Entdecker dieser Inseln! Und jetzt habe ich auch eine Entdeckung mehr gemacht - eine Insel, die ich San Juan genannt habe...«
»Ihr habt was ?« Der Admiral ist aufgesprungen, er stützt sich mit beiden Händen auf den Tisch und beugt sich vor, sodass sein Gesicht nah vor dem des anderen ist. »Dazu habt Ihr kein Recht! Ich habe die alleinige Vollmacht, von den neuen Ländern im Namen der Königin Besitz zu ergreifen! Der Haufen Steine, den Ihr entdeckt haben wollt - pah, dass ich nicht lache! Euer Hochmut ist wirklich unerträglich. Das alles wird ein Nachspiel haben, wenn wir erst wieder in Spanien sind.«
»Und ob es das wird! Ich werde die Gerichte anrufen! Und dabei auch einklagen, dass Ihr hier so viele Christenmenschen mit viel zu geringen Vorräten unter Wilden zurücklassen wollt - das ist ihr sicherer Tod, Herr Admiral! Begreift Ihr das nicht?«
»Mischt Euch nicht in meine Entscheidungen!«
»Die haben noch nie viel getaugt!«
»Raus!«, schreit der Admiral. »Verlasst mein Schiff und dankt Gott, wenn ich Euch erlaube, mit mir zu reisen!«
Pinzón setzt zu einer Erwiderung an, winkt dann verachtungsvoll ab und verlässt wutschnaubend die Toldilla. Von der Mannschaft ist natürlich keiner mehr zu sehen auÃer dem Rudergänger und ein paar Matrosen, die Dienst in den Wanten tun â¦
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Columbus notiert in seinem Bordbuch: »Die beiden Brüder MartÃn Alonso Pinzón und Vincente Yañez Pinzón sind habgierig und unzuverlässig. Sie erweisen sich der Ehre, die ich ihnen habe zukommen
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