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Columbus

Titel: Columbus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Waldtraut Lewin
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gekleidet in feines Leinen, Samt und Pelzwerk. Und dann die große Exotenschau! Allen voraus die vier bibbernden Überlebenden der gewaltsam aufs Schiff verschleppten Indianer - die »Muster«! -, dann die Käfige mit den aufgeregt kreischenden Papageien, Stoffe aus einer Wolle, die auf Bäumen wächst, in den leuchtendsten Farben, bunt schillernde Federkronen und Schilde mit merkwürdigen Verzierungen, Speere mit Fischbeinspitzen, die Haut eines riesigen Leguans und die eisenbeschlagenen Kästen mit den »Schätzen« - dass es damit nicht so weit her war (meist nur Gewürze, Samen und farbige Hölzer), kann man ja von außen nicht erkennen.
    Las Casas berichtet: »Einige versuchten, sie (die Indianer) insgeheim in die Haut zu zwicken, um zu sehen, ob sie echt seien.« Die armen Tainos müssen wie in einem bösen Traum gewesen sein - nach der entsetzlichen Schiffsreise nun noch diese Torturen, diese ganze fremde, laute, stinkende, ganz und gar unverständliche Welt mit ihrem Glockengeläut, ihren Kanonenschüssen und ihren dumpfen Litaneien, ihren Häusern aus Stein, ihren Pferden und Hunden und ihren brüllenden, johlenden Menschen.
    Es ist anzunehmen, dass der Admiral in Cordoba bei seiner alten Geliebten Beatriz de Harana einkehrt - sicher hat er ein schlechtes Gewissen ihr gegenüber. Die Leibrente für die Landkennung, die er dem Matrosen gestohlen hat, wird er ihr überschreiben. Ihr inzwischen fünfjähriger Sohn Fernando wird mitgenommen auf den Triumphzug, genauso wie Sohn Diego aus der ersten und einzigen Ehe unseres Seefahrers.
    In Barcelona kommt ihm ein hoher Beamter des Hofes entgegen, um ihn feierlich zu den Majestäten zu geleiten. Und dann der absolute Höhepunkt: Als Columbus vor dem Herrscherpaar ins Knie gehen will, um Isabella die Hand zu küssen, erhebt sie sich und lässt diese Geste der Demut nicht zu. Ihm wird gestattet, neben König und Königin Platz zu nehmen - eine unerhörte Ehre, die sonst nur Granden oder Mitgliedern der königlichen Familie gewährt wird.
    Wie muss er sich gefühlt haben in diesem Moment! Angeblich, so berichtet man, habe sein Gesicht »vor bescheidener Genugtuung geleuchtet«. Aber ich glaube nicht, dass Bescheidenheit zu seinen größten Tugenden gezählt hat. Ich denke mir, er wird vor Stolz fast aus den Nähten geplatzt sein. Und er wird mit unverhohlenem Triumph herabgesehen haben auf all die Hofschranzen, die engstirnigen Besserwisser, die hämischen und kleinkarierten Pfaffen, die hochnäsigen Granden, Herzöge und Grafen - mit der Miene eines Menschen, der es am liebsten aussprechen würde, was er denkt: »Seht ihr wohl? Und wer hat nun Recht behalten?«
    Aber das tut er natürlich nicht. Er beginnt mit seinem Bericht gegenüber den Majestäten und der ganze Hof hört atemlos zu. Wir wissen ja, wie faszinierend er reden kann, wie er, wenn er denn will, die Menschen von sich einnehmen kann, wie fesselnd er zu schildern weiß. Und ich bin sicher, dass er seine Rede sorgfältig einstudiert und mit seinen geistlichen Freunden, die sich im Kanzelreden auskennen, gründlich geprobt hat.
    Columbus ist auf dem Höhepunkt seines Glücks. All die in den Verträgen, den »Capitulaciones«, festgelegten Vereinbarungen werden nun noch einmal feierlich bestätigt. Er und seine ganze Familie werden in den erblichen Adelsstand erhoben. Er ist Vizekönig der neu entdeckten Länder, Admiral der ozeanischen Meere. Seine Söhne werden am Hof in der Nähe der Majestäten bleiben und erhalten dort die beste Erziehung, die jungen Adligen zuteil werden kann.
    Einen Monat lang brechen die Festivitäten nicht ab. Der Admiral und Vizekönig darf neben dem König im Park ausreiten - ob Ferdinand selbst das sehr zu schätzen wusste, bleibt dahingestellt.
    Alles hat sich bestätigt, was er behauptet hat: Er ist ein großer Navigator, ein großer Entdecker, ist ein Mann, der sich durch Sachkunde, Urteilskraft und Wissen auszeichnet, und seine Visionen (oder die geheimen Pläne, auf denen er seine Visionen aufgebaut hat) haben sich als Realität erwiesen. Bloß leider fehlt eine Kleinigkeit noch: das Gold! Aber der Admiral versichert glaubhaft, dass er bei der nächsten Reise das Gold gleich scheffelweise mitbringen wird. (Und von den jüdischen Königreichen ist ja bisher auch noch keins aufgetaucht...)
    Einen Monat lang -

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