Columbus
hat zu diesem Zeitpunkt keine Ahnung, dass er sich in einem der gefährlichsten Gewässer der Weltmeere befindet. Untiefen und Riffe direkt unter der Wasseroberfläche, unberechenbare Strömungen, Gegenwinde und wolkenbruchähnliche Regenfälle machen den Schiffen zu schaffen. Bisher sind die Wissenschaftler nicht in der Lage, den genauen Kurs der Entdeckerflotte zu rekonstruieren, so sehr fährt man Zickzack. Aber nichts stöÃt ihnen zu.
Den Inseln, die angelaufen werden, verpasst Columbus »christliche« Namen nach den Majestäten wie Fernandina oder Isabela und hinterlässt den staunenden Bewohnern jeweils ein groÃes, am Strand aufgepflanztes Holzkreuz.
Seine Eintragungen im Bordbuch lesen sich wie UrlaubsgrüÃe. Er »atmet die balsamische Luft«, und es »wehte so ein reiner und lieblicher Blütenduft zum Schiff, dass ich ihn für das Köstlichste auf der Welt hielt«. Ãberall ist »das Land grün und das Wasser von unbeschreiblicher Klarheit« - womit er ja auch Recht hat. Für ihn sind alle Korallenriffe mit Perlen übersät und alle Wälder voller köstlicher und seltener Gewürze - glaubt er das wirklich selbst oder schneidet er nur auf?
Die Männer ernähren sich von Fischen und Leguanen, sie fangen Schildkröten, kosten den Saft einer Ananas und ein Wurzelgemüse, Ȋhnlich wie Kastanien« - SüÃkartoffeln. Man sammelt den Samen eines Getreides namens maÃz , erfreut sich an scharfen und milden Gewürzen wie Cayennepfeffer und Zimt, und die Matrosen wissen bald die Bequemlichkeit der Hängematten zu schätzen, wie sie die Eingeborenen herstellen und die ihnen auf dem Schiff die Möglichkeit für vernünftige Schlafplätze geben, wenn man sie unter Deck und in den Wanten aufhängt.
Wenig Beachtung schenken die ersten Entdecker gewissen getrockneten Blättern, die man zu Röhren zusammenrollt, anzündet und den Rauch »trinkt«. Aber auch diese tabacos werden ihren Siegeszug über die Welt antreten, wie fast alles andere.
Dass dies die eigentlichen Geschenke der »neuen Welt« an die alte sind, können die Goldsucher nicht erkennen.
Der Verlust des Flaggschiffs
Was nun folgt, steht unter einem einzigen Aspekt: Gold. Wann finden sie endlich das Gold!
Columbus lockt einige der Lucaya-Indianer an Bord, damit sie ihm als Lotsen durch die Inselwelt Dienste leisten, und da keiner bereit ist, freiwillig auf dem Schiff zu bleiben, lässt er sie kurzerhand in Ketten legen.
Man schippert an der Nordküste Kubas entlang, immer hoffend, neben nackten »Wilden« nun bald auf die prächtig ausstaffierten Krieger des GroÃkhans zu stoÃen, und lässt sich von den Indianern jede Menge Bären aufbinden in Hinblick auf das gesuchte Goldland - denn natürlich haben die inzwischen die Nase voll von den aufdringlichen Fremden, so freundlich sie auch tun, und möchte diese möglichst bald »wegloben«, um wieder zur alten Lebensweise zurückzukehren.
In einer geeigneten Bucht lässt der Admiral die Schiffe an Land ziehen und die von Salzwasser, Algen und Seepocken arg mitgenommenen Rümpfe neu teeren.
Dann erklären die Indianer durch Zeichensprache, es gäbe im Süden eine Insel namens BohÃo oder Babeque, auf der es Gold in Hülle und Fülle gibt. Babeque ist nun die fixe Idee der Seefahrer und sie machen sich nach dieser Insel auf.
Aber die Winde und die Meeresströmungen sind tückisch, und vor allem die schwerfällige »Santa Maria«, die nicht für Fahrten gegen den Wind gebaut ist, fällt immer wieder zurück. Pinzón hat indessen auf seinem Schiff wieder die dreieckigen Lateinsegel gesetzt, mit denen man hervorragend kreuzen kann. Am 21. November macht er sich einfach davon.
Das ist Fahnenflucht, ohne Frage. Der vorsichtigere Pinzón-Bruder, der Kommandant der »Niña«, bleibt beim Flaggschiff - er setzt in diesem Fall auf Treue, während sein Bruder jetzt nur noch eines im Sinn hat: zuerst das Goldland zu finden, und, wenn möglich, auch zuerst wieder in Spanien zu sein. Columbus ist aufgestört. Was, wenn der abtrünnige Kapitän tatsächlich als Erster das Goldland findet und mit einem Laderaum voll edlen Metalls als Erster zurück ist in Spanien? Aber widrige Winde hindern ihn daran, der wendigen »Pinta« zu folgen.
Als er um die Ostspitze Kubas herumsegelt, findet er eine zweite groÃe
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