Columbus
Oder wusste er es nicht?
Und mit dieser Armada von siebzehn Schiffen trifft Cristobal Colón, Grande von Spanien, Admiral und Vizekönig, auf La Gomera ein, wo er, trotz des ausdrücklichen Befehls, ohne Unterbrechung weiterzusegeln, fünf Tage bleibt. Es ist die letzte Zeit ungetrübten Glücks für die beiden Liebenden. -
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Schon am Abend zuvor hat sie die Masten am Horizont auftauchen sehen. Sie hat am Fenster ihres nun fertig gestellten Palacio gestanden und gezählt. Drei Vollschiffe und vierzehn Karavellen. Eine Armada. Sie drehen bei auf offener See, gehen vor Anker.
Er ist da. Bei ihr, bei der Bobadilla.
Die Ebbe entblöÃt den Strand, zieht ihm sein Kleid aus, lässt ihn sein Verborgenes zeigen. Der Teide sieht aus dem Dunst herüber wie ein Phantom. Morgen bei Flut werden sie in der kleinen Bucht von San Sebastian einlaufen.
Der im Augenblick berühmteste Mann Europas kommt zu ihr und ihr Herz hüpft vor Freude. Er, der Einzige, der sie wirklich kennt - so wie sie ihn.
Sie wird ihm geben, was ihm zukommt: Gloria und Viktoria für ihn, Ruhm und Sieg, für den Converso aus Mallorca, und ihre Räte und Höflinge sollen sich bücken bis zum Schuh vor ihm. Sie ruft ihr Gesinde zusammen. Gibt ihre Anweisungen. Und findet wenig Schlaf die Nacht.
Als sie schlieÃlich erwacht, ist es schon heller Tag, und während ihre Damen sie ankleiden und ihr das Haar mit Perlen schmücken, beobachtet sie am Fenster, wie die Schiffe, alle Segel gesetzt, in schöner Ordnung mit der Morgenbrise auf die Insel zulaufen wie ein Pulk schöner Schwäne. Sie hat ein Kleid gewählt, das die Brüste nur durch einen Florschleier verbirgt, aber ansonsten starrt vor schwerem Samt und Edelsteinen. Und alles, was an diesem kleinen Hof Rang und Namen hat, umgibt nun ihren Tragsessel und strömt zu Fuà oder beritten hinunter zum Hafen, wo sich das Volk San Sebastians bereits dicht an dicht an der Mole versammelt hat.
Majestätisch das Landemanöver, wie ein langsamer Tanz. Das Flaggschiff streicht die Segel, und die Bobadilla gibt das Zeichen für die Salutschüsse, während ein Beiboot zu Wasser gefiert wird.
Columbus steht aufrecht im Boot, in groÃer Hofgala, schwarz und weià und golden, am Barett lange Federn fremdartiger Vögel, einen purpurnen Samtmantel umgeschlungen, und als sie schlieÃlich anlegen, ist er an Land, ohne eine Hand zu Hilfe zu nehmen, und mit ein paar langen Schritten bei ihr, kniet vor ihr, und unterm Jubel der Menge zieht er ihre Hand an seine Lippen.
Was für ein Augenblick! Die Frau, die strahlt vor Freude und Stolz, und der Mann, der ihr in diesem Augenblick seine neue Welt zu FüÃen legt - vor aller Augen.
Es ist zweifellos immer ein offenes Geheimnis gewesen, dass der Seefahrer und die Bobadilla ein Liebespaar sind - an einem Hof wie dem kastilischen, wo jeder über jeden redet, kann dergleichen nicht verborgen geblieben sein. Trotzdem haben sie in den zurückliegenden Jahren den Schein gewahrt; heimliche Treffen irgendwo, ein kleines Haus vor den Stadttoren - und die Landung vor Beginn der ersten Reise, der Zwischenstopp, diente ja, wie jeder wusste, ausschlieÃlich der Schiffsreparatur, frischem Proviant und der Anheuerung neuer Mannschaft, weil so überraschend viele von Bord gegangen waren...
Nun zeigen sie sich gemeinsam in aller Ãffentlichkeit. Sie sitzen neben einander beim Festbankett und trinken sich zu.
Sie empfangen Abgesandte der Bürgerschaft Gomeras und sitzen nebeneinander auf zwei erhöhten Stühlen, als seien sie Ferdinand und Isabella.
Wenn die Sonne fort ist, wird es in diesen Breiten ganz schnell finster. Nun kann die Gobernadora ihr Feuerwerk abbrennen lassen; Feuerräder kreisen über dem Nachthimmel und verdunkeln den Mond, rote und orangefarbene Raketen schieÃen in die Höhe, als wolle man den Ausbruch des Teide nachspielen, ein Regen von weiÃen, grünen, blauen Kaskaden scheint den Garten zu verbrennen. Die Musiker der Bobadilla - zugegeben, es sind nicht sehr viele und auch nicht besonders gute - fiedeln sich die Seele aus dem Leib zu Tänzen, wie sie jetzt an den Höfen des Festlands in Schwang sind.
Der Admiral spielt mit seinen Handschuhen. Auf dem weiÃen Gesicht der Bobadilla, das sie dem Feuerwerk entgegenreckt, spiegeln sich die Farben des Spektakels in der Luft wider, als sei sie ein Tier, das seine Farbe wechseln kann.
Die Inselbewohner
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