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Columbus

Titel: Columbus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Waldtraut Lewin
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denn dieser Bund ist gleichzeitig ein Bündnis. Die Machtverhältnisse auf den Kanaren, die inzwischen bis auf die letzte Insel von Spanien beherrscht werden, sind unklar. Verschiedene große Familien raufen sich um die Einflusssphären. Die Regentschaft auf La Gomera ist gefährdet. Immer wieder muss die Bobadilla gegen Angriffe von den anderen Inselherrschern vorgehen oder nach Spanien segeln, um sich gegen irgendwelche Anschuldigungen wegen schlechter Amtsführung zu verteidigen - und es ist durchaus vorstellbar, dass es Doña Isabel von Kastilien eine gewisse Genugtuung bereitet hat, solchen Anklagen gegen ihre alte Feindin mit besonderer Strenge nachzugehen.
    Die Heirat mit Lugo ist also eine Zweckallianz. Der Mann stammt aus altem Militäradel, er ist ein Abenteurer und Glücksritter reinsten Wassers, das, was man damals einen Konquistador, einen Eroberer, nennt. Dieser Warlord ist für die Gouverneurin ein starker Trumpf in der Auseinandersetzung mit ihren Widersachern, denn wenn ein Lugo das Haus hütet, kann eine Bobadilla unbesorgt in Spanien ihre Prozesse führen.
    Lugo packt mit harter Hand zu. Einige Quellen nennen ihn ganz unverblümt einen »Räuber und Sklavenhändler«. Jedenfalls ist er nicht unbedingt ein liebenswerter Charakter, und diese Ehe, diese Interessengemeinschaft, basiert gewiss nicht auf Zuneigung, sondern auf Macht und Geld. Außerdem ist er der Jägerin ebenbürtig, und das ist damals von Wichtigkeit, selbst für eine Frau wie sie.
    Als diesmal im Hafen von La Gomera sechs Schiffe vor Anker gehen, bleibt es so still wie zuvor. Ein paar Gomeros sammeln sich an der Mole und halten Maulaffen feil; hier ist ja nicht viel los. Der Admiral und sein Stab - Schreiber, Proviantmeister, Priester, königliche Räte - gehen an Land.
    Es dauert eine Weile, bis ein jüngerer Mann auftaucht, hübsch, mit einer schwarzen Haarlocke bis zu den Augen, gekleidet in dunkle Tracht, die ihn als einen Beamten ausweist.
    Â»Don Cristobal, welch hohe Ehre! Womit kann ich Euer Gnaden dienen?«
    Der Admiral runzelt die Stirn. »Warum empfängt mich Ihre Gnaden die Gobernadora nicht persönlich?«
    Der Mann breitet bedauernd die Arme aus. »Sie wird untröstlich sein, zu erfahren, dass Ihr hier seid und sie nicht. Aber leider - Doña Beatriz lebt neuerdings nicht mehr hier. Sie weilt jetzt bei ihrem Gemahl, Don Alonso de Lugo, auf Tenerife. Nehmt mit mir vorlieb. Ich bin ihr Statthalter. Hernán Muñóz, zu Diensten.« Er verneigt sich.
    Columbus schweigt. Er steht ganz still und sein ohnehin blasses Gesicht wird womöglich noch bleicher. Schließlich sagt er: »Ich wusste nicht, dass Doña Beatriz wieder in den Stand der Ehe eingetreten ist. Nun, übermittelt ihr bei Gelegenheit meine Gratulation. Ich bin - sehr erfreut. Wenn Ihr der Stellvertreter seid, so werdet Ihr uns gewiss die Person benennen können, mit der mein Proviantmeister verhandeln kann. Wir brauchen einiges an Vorräten, frisches Wasser und - ja, vielleicht drei, vier Ziegen.« Er schluckt.
    Â»Ganz nach Euren Befehlen, Don Cristobal. Darf ich Euer Gnaden bitten, für die Dauer Eures Aufenthalts mein Gast zu sein? Im einstigen Palacio der Gobernadora! Wir haben den ganzen Cabildo, den Inselrat, dorthin verlegt. Es ist eine vernünftige Lösung - warum soll der schöne Bau leer stehen.«
    Â»Sehr vernünftig«, erwidert der Admiral. Seine Stimme klingt gepresst. »Das Haus ist ja noch neu. Was Eure Einladung angeht, Señor, so verzichte ich dankend und nehme lieber hier unten Quartier. Meine Glieder schmerzen häufig und der ständige Auf- und Abstieg wäre zu mühsam.«
    Â»Wie Euer Gnaden wünschen. Ich werde alles Notwendige veranlassen.« Er verneigt sich wieder, will gehen, aber Columbus hält ihn mit erhobener Hand zurück. » Einen Besuch würde ich dem Palacio in Lomada doch gern noch abstatten. Es gibt Erinnerungen...«
    Â»Ich verstehe«, sagt Muñóz und verbirgt sein Lächeln. »Wann wäre es Euer Gnaden genehm?«
    Â»Gleich. Schafft Maultiere herbei.«
    Â»Unverzüglich. Und gewährt mir die Ehre, Euch zu begleiten.« Eine Sänfte oder ein Tragsessel wäre vielleicht angebrachter bei einem Mann mit Gicht, denkt der Statthalter, sagt es aber nicht. Der hohe Herr ist schroff und unzugänglich. Und er hat denn auch seine liebe Not, seine steifen Knochen auf das Tier zu

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