Columbus
hieven.
Sie reiten in Schweigen den gewundenen, staubigen Weg nach Lomada hoch, vorbei an der Plaza mit den Silberlorbeerbäumen, dann durch die von stattlichen Wohnhäusern gesäumte HauptstraÃe; in den schattigen Hinterhöfen singen die Stare und jene gelben Spatzen, die es nur auf den Inseln hier gibt. Endlich die Serpentinen, vorbei an den Katen der Ãrmeren, Unrat liegt am Weg. SchlieÃlich das Tor, dann die hölzerne Eingangstür, die nach spanischem Brauch doppelflügelig ist, in die aber eine kleine zweite Pforte eingelassen ist.
Die Eingangshalle. Der Patio mit den Blumen, die holzgeschnitzte Treppe. Es ist sehr still.
»Habt Ihr mir nicht gesagt, hier würde die Inselverwaltung sitzen?«
»Der Cabildo tagt heut nicht«, erklärt Muñóz entschuldigend. »Es sind da nur einige Schreiber in der Bibliothek.«
Der Admiral mustert den jungen Mann. »In welchem Verhältnis steht Ihr zu Doña Beatriz?«, fragt er.
Der junge Mann lächelt. »Nun, ich gehöre ihrem Hofstaat an und genieÃe ihr Vertrauen. Sonst hätte sie mich ja nicht...«
Der andere fällt ihm ins Wort: »Natürlich nicht. Ich verstehe. Und jetzt lasst mich bitte für eine Sanduhrlänge allein, Don Hernán.« Er macht eine Handbewegung, als scheuche er einen Moskito fort.
Die Stufen der groÃen Treppe sind flach, eine Wohltat für seine schmerzenden Knochen. Mit zielstrebigen Schritten geht er hinauf, verschwindet im Gang. Muñóz sieht ihm nach, zuckt die Achseln. Die Dinge sind nun mal, wie sie sind...
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Das ist das Zimmer. Unverschlossen. Das ist das Bett, dies groÃe Prunkbett, viel zu hoch, um sich normal darauf zu setzen, auÃer man hat so lange Beine wie er. Da sind die gefältelten Bettvorhänge. Die Schnitzereien der Pfosten sind bereits mit einer feinen Staubschicht überzogen.
Er lehnt die Stirn dagegen, schlägt mit der Faust auf das Holz ein.
Sie hat es ihm ja gesagt, als er das letzte Mal mit ihr zusammen war. »Ich werde irgendwann wieder heiraten müssen, Cristobal.« Trotzdem. Es ist wie ein Messerstich dicht neben dem Herzen. Seine alte Narbe, die Narbe von dem Pfeilschuss, beginnt auf einmal zu brennen; er hat sie jahrelang nicht gespürt. Verdammt, ich habe schon Schmerzen genug.
»Jägerin, Verräterin, Männerfängerin«, murmelt er mit zusammengepressten Zähnen. »Hure.« Dieser Knabe mit der hübschen Locke, der hier den Verwalter spielt - »Ich genieÃe ihr Vertrauen« -, was mag er wohl noch alles genossen haben?
Er ist maÃlos in seiner Enttäuschung. Das Bild, das er von dieser Frau hatte, verzerrt sich vor seinen Augen.
Alles, was war, erscheint ihm auf einmal wie vergiftet. Er hat doch gewusst, dass sie die Frau ist, die sie ist. Hochmütig, spöttisch, selbstbewusst. Er hat doch gewusst, dass er nicht der Einzige ist. Wieso trifft ihn diese Heirat so?
Er verlässt den Raum, versetzt der Tür einen FuÃtritt. Wenn dieser Knabe da unten im Patio jetzt auch nur die Spur eines Grinsens auf seinem netten Gesicht hat, ohrfeige ich ihn mit meinem Handschuh.
Aber der Stellvertreter ist nicht da und so geht Columbus durch den Wandelgang hinaus in den Garten.
Der Teide blickt herüber aus dem Dunst, wie eh und je. Der Teide liegt auf Tenerife. Damals war es noch nicht einmal erobert. Nun lebt sie da. Verflucht seien die Konquistadoren.
Vorn an der Klippe die steinerne Balustrade. Die Bänke unter den Silberlorbeeren sind noch da, aber es liegen keine Kissen mehr darauf. Hier waren sie zusammen, bevor alles begann. Hier hat er noch seine Träume träumen können, ohne ihre Realität zu kennen. Hier waren sie voller Hoffnung und Bangen und Zuversicht.
Unten rauscht die Brandung. Und nun hört er: die hohen gellenden Pfiffe von Berg zu Berg, das Silbo. Die Guanchen teilen einander wohl die Ankunft seiner Schiffe mit.
Ich habe sie verloren, die einzige Frau auf der Welt, die ich wirklich geliebt habe. Mit der ich fühlen, träumen, denken konnte. Ich habe die Liebe der Cazadora verloren. -
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Er quält sich auf das Maultier, und Hernán Muñóz, der beflissen herbeieilt und ihm den Steigbügel hält, kommt es so vor, als wäre der Admiral in dieser halben Stunde gealtert, seine Stirn noch faltiger, die verschleierten Augen noch tiefer in den Höhlen, der Mund schmal wie ein Strich.
Beim Hinunterreiten fragt der Admiral: »Wo
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