Columbus
angeschlagen wird, präsentiert sich gleichsam mit einem Paukenschlag.
Der Oberste Richter erläutert den Siedlern, dass der Golderwerb fortan nicht mehr Kronmonopol sei - in Anbetracht der geringen Funde lohnte sich die Sache für Isabella nicht wirklich -, sondern jeder auf eigene Faust suchen könne, und hat damit das ganze gierige Pack auf seiner Seite. Cristobal und Bartolomeo werden per Eilboten nach Santo Domingo bestellt. -
Ob sich die beiden Männer jemals vorher bei Hofe begegnet sind, weià man nicht. Wahrscheinlich sind sie sich tunlichst aus dem Weg gegangen. Aber natürlich weià Columbus, dass er von den männlichen Mitgliedern der Familie Bobadilla nichts Gutes erwarten kann. Er empfängt den Abgesandten der Majestäten in seinem gut befestigten Haus.
Francisco - grau melierter Bart, verkniffener Mund - nähert sich dem Vizekönig mit energischem Schritt und übergibt ihm mit einer knappen Verbeugung sein Beglaubigungsschreiben.
Die Männer mustern sich. Er hat die Augen der Cazadora, denkt Columbus beklommen.
Er ist eine erbärmliche Figur, denkt der Richter, wie er da sitzt - mit seinen gichtverkrümmten Fingern, seinen dürren langen Beinen, seiner schiefen Haltung. Ein Ritter von der traurigen Gestalt. Wie hat der jemals die Frauen bezaubern können...
»Nehmt doch Platz, Señor!«, fordert Columbus ihn auf, aber der andere schüttelt nur den Kopf. Columbus zuckt die Achseln und erbricht das Siegel.
Francisco beobachtet ihn genau. Er sieht mit Triumph, wie dem da der Schrecken die Züge verzerrt, wie seine Hände zu zittern beginnen. Denn dieser Brief beginnt mit der Anrede: »An Unseren Admiral der ozeanischen Meere, aller dortigen Inseln und des Festlands.« Nichts von Vizekönig, nichts von Statthalter. Aus der Traum.
Columbus hebt die Augen. Sieht den anderen an. Beatrizâ Augen blicken ihm aus dem fremden Gesicht voller Hass entgegen.
»Don Cristobal, aufgrund der mir vorliegenden Beweise erhebe ich Anklage gegen Euch wegen schlechter Amtsführung, Untreue, Unterschlagung und Zuwiderhandlung gegen die Befehle der Majestäten. Kraft meiner Eigenschaft als Oberster Richter für die Inseln erkläre ich Euch für abgesetzt und zusammen mit Euren Brüdern verhaftet. Euer Vermögen wird eingezogen. Ihr werdet in Spanien vor ein Gericht gestellt.« Er hebt die Hand. Der Raum füllt sich mit eisenrasselnden Bewaffneten.
Columbus fährt auf. »Wie könnt Ihr es wagen!?«
Don Francisco hört gar nicht hin. »Legt ihn in Ketten!«, befiehlt er kalt.
Stumm und fassungslos lässt es der Entdecker einer neuen Welt geschehen, dass man ihm Hand- und FuÃfesseln anlegt.
Das war es.
Das Desaster ist vollkommen.
Â
Keine Hand regt sich für den einstigen Beherrscher der Inseln, als er und seine Brüder in Ketten wie die Schwerverbrecher vom Gefängnis aufs Schiff gebracht werden; sie sind verhasst.
Wie muss sich ein Mensch fühlen, der von der höchsten Machtfülle abstürzt in die tiefste Schmach - ein Mensch wie Columbus, dessen Stolz und Selbstbewusstsein genauso stark sind wie sein Gefühl für Kränkungen? Das ganze Gebäude seines Lebens, all die Nischen und Verstecke und die prachtvollen Fassaden - es ist zusammengestürzt wie ein Kartenhaus. Und dass der Bruder jener Frau, die er liebt und die ihn verlassen hat, ihm das antut, macht es noch einmal so entsetzlich.
Aber unser Admiral wäre nicht der, der er ist, wenn er nicht seine Variante fände. Nach dem ersten Schock nimmt er eine neue Rolle an - die Rolle der zu Unrecht verfolgten Unschuld, die Rolle des Märtyrers.
Bereits auf dem Schiff bietet ihm der Kapitän an, ihn von den Ketten zu befreien. Er lehnt stolz ab. »Im Namen des Königs hat man mich angekettet, und ich werde die Ketten tragen, bis der König den Befehl gibt, sie mir abzunehmen.«
Ansonsten verbringt er die Ãberfahrt im Gebet. Er hat unerträgliche Schmerzen, ein Malariaanfall schüttelt ihn, seine Sehkraft lässt nach. Und trotzdem verfasst er Briefe und Rechtfertigungsschriften, die gleich nach der Landung in Spanien an den Hof oder vors Gericht getragen werden sollen.
Sehr beeindruckend ist ein Brief, den er an die ehemalige Amme Isabellas schickt, sicher mit der Absicht, dass ihn die Königin über diesen Umweg selbst liest. Denn was er hier schreibt, das hat eine gewisse - seine gewisse - Logik.
»Man
Weitere Kostenlose Bücher