Commander Scott 11 - Versklavte Erde
eine Anomalität hin. War es ein Meteor, dann hatte er eine viel zu geringe Fallgeschwindigkeit und...«
»Du glaubst also mehr zu verstehen als das Luftkommando?« fragte sie amüsiert.
»Nein, meine Liebe, aber mir scheint, es würde sich lohnen, weitere und genauere Nachforschungen anzustellen. Wir könnten wenigstens den Grund absuchen. Und wenn sonst gar nichts herauskäme, dann wäre die Reise für uns beide recht gut. Du arbeitest zuviel, und deine Ärzte rieten dir zu ein wenig Entspannung. Wir könnten langsam reisen. Wenn du willst, kannst du dich in einer Sänfte tragen lassen.«
»Ich bin kein Krüppel«, fuhr sie ihn an, »und ich bin durchaus nicht zu alt, um zu gehen; dein Vorschlag ist lächerlich. Ich würde selbstverständlich einen Luftwagen nehmen, wenn ich fände, daß eine solche Reise Sinn hat. Räum jetzt dein Spielzeug weg.«
Sie glaubte schon, er würde Widerstand leisten. Doch dann legte er mit zitternden Händen seine Karten zusammen und steckte die Fotos und Rechenschieber dazu.
»Langweile ich dich, Natalie?« fragte er.
Dumme Frage! Er langweilte sie ständig. Es war ein Fehler gewesen, ihn als Gefährten zu wählen, aber das war ein Gebot politischer Vernunft gewesen. Anfangs war er noch erträglich gewesen, aber als er dann versuchte, sich in ihre Angelegenheiten zu drängen, fand sie seine Einmischung lästig. Selbstverständlich hatte es Streit gegeben, und der - wenn auch winzige - Sieg verschaffte ihr jetzt noch Befriedigung. Jetzt war er an seinen Platz gewiesen, und so war Rocye kaum mehr als ein modernes Anhängsel.
Eines, das man abschneiden konnte, wenn man wollte.
Sie klatschte in die Hände; ein Diener erschien, bei dem sie herrisch Wein bestellte. Er schmeckte nach Medizin, und sie nippte ihn ohne Behagen. Wirklich, man müßte lernen, sich zu entspannen, wenn das auch nicht leicht war. Man hatte zu vieles zu tun, und die Dinge entglitten einem zu leicht. Der Nord-Am-Quadrant wurde wirtschaftlich und politisch ziemlich bedrängt. Konnte man Helen Estaler nicht daran hindern, würde sie weitere - zuviele - Konzessionen machen. Ihre enge Verbindung mit den HitachiOlmouta war gefährlich, und der Rat mußte es doch endlich einsehen. Tana Golchika hatte nur ihren persönlichen Vorteil im Auge. Und die vielen anderen waren auch nicht besser.
Warum hatte sie denn immer allein zu kämpfen? über den Rand ihres Weinglases schaute sie zu Royce hinüber. Die Medizin im Wein wirkte schon. Sie konnte ihn fast unbeteiligt mustern. Vielleicht sollte sie ihn so nehmen, wie er war, denn Schaden konnte er sowieso keinen anrichten. Sollte er doch Träger und Posten mitnehmen! Und wenn man mitkäme, hätte man vielleicht doch ein wenig Vergnügen.
Wie war es, als sie ihn kennenlernte? Er war damals der Kriecher und Ohrenbläser von Guirda Han gewesen, und sie, im Moment allein, hatte die Hilfe dieser Frau gebraucht. Der Preis dafür war der gewesen, daß, sie Royce zu ihrem Gefährten machte.
Damals hatte sie ihn etwa für ein Schoßhündchen gehalten, später war sie dessen nicht mehr ganz so sicher gewesen. Guirda Han war von einem Geheimnis umgeben gewesen; häßliche Gerüchte über lasterhafte Dinge hatten wohl zu ihrem Selbstmord geführt. Natalie war allerdings insgeheim der Meinung, daß auch eine Mörderhand ihren Kopf unter Wasser gehalten haben konnte, bis sie im Badertrunken war. Die Pillen, die man neben der Wanne fand, sollten wohl als Beweis für ein Koma, die eigentliche Ursache ihres Todes - die offizielle! - gelten. Nun, jedenfalls war sie tot und hatte ihr Geheimnis mitgenommen, Royce aber zurückgelassen.
Sicher, er war sanft, hatte Samthände und war ein so geschickter Liebhaber, daß sie ab und zu Lust verspürte, diese halb vergessenen Erinnerungen wieder aufzufrischen. Sogar jetzt... Erstaunt musterte sie das Weinglas.
Hatte man das Medikament verändert? Vielleicht Aphrodisiaka hinzugefügt, um den Beruhigungseffekt zu verstärken? Hatte Royce... Nein. Das würde er niemals wagen. In niederen Kreisen flüsterte man sich solche Dinge hinter der vorgehaltenen Hand zu, und Frauen, die sich auf diese Art beeinflussen ließen, waren Närrinnen. Sie gehörte nicht zu ihnen.
Plötzlich fühlte sie einen Hunger nach frischer Luft. Draußen vor dem Pavillon war es warm, und die Sonne schien hell auf das Zeltlager, und der Rasen war von einem zarten Smaragdgrün. Diener und Träger liefen geschäftig herum, die Luftwagen wurden poliert, da und dort briet über
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