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Commedia und Einladungsband: I.Commedia. In deutscher Prosa von Kurt Flasch II.Einladung, Dante zu lesen (German Edition)

Commedia und Einladungsband: I.Commedia. In deutscher Prosa von Kurt Flasch II.Einladung, Dante zu lesen (German Edition)

Titel: Commedia und Einladungsband: I.Commedia. In deutscher Prosa von Kurt Flasch II.Einladung, Dante zu lesen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dante Alighieri , Kurt Flasch
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Zusammenhängen; er arbeitet die Kaisergeschichte auf und durchdenkt die Geschichte der Kirche. Dies alles sind inhaltliche Vorgaben. Wer die Commedia liest, um sie anschließend erklären zu können, sollte sie kennen; der freie Leser aber darf sich von ihnen nicht zu sehr beeindrucken lassen, denn schließlich ist Dantes Werk Dichtung, also weder philosophisches Traktat noch Chronik, noch fromme Lebensbeichte. Sie ist ›wahre Lüge‹, ein erfundener Bericht über eine Jenseitsreise, der auf umwegige Art Wahrheit ausspricht.
    Aber um zur Poesie zu kommen, ist eine gewisse Vorbereitung zu empfehlen. Zwischen Dante, gestorben 1321 in Ravenna, und uns liegt eine lange Zeit, die sich bemerkbar macht. Ich möchte die Schwierigkeiten klarmachen, die sich daraus ergeben. Ich nenne einige davon, nicht um abzuschrecken, sondern um Frustrationen vorzubeugen:
    1.
    Sprachbarriere
    Dantes Sprache ist nicht das heutige Italienisch. Auch Italiener müssen sich in Wortschatz und Grammatik erst einarbeiten. [790]   Die Klangschönheit, die Prägnanz der Diktion, die Frische der Metaphern und der sinnliche Wohllaut gehen über der Schweißarbeit leicht verloren. Die Aufmerksamkeit des Lesers verschiebt sich aufs Inhaltliche, Theoretische, Theologische. Sie verkrümelt sich ins Ideologische oder Historische. Die Commedia italienisch zu lesen, wird für viele zur Mühsal. Zuerst überwiegt die Arbeit des Entzifferns. Die Konzentration auf den Inhalt ist fast der Tod der Dichtung. In ihr zählt das Wie mehr als das Was. Und die Form bleibt, wie einer gesagt hat, ein Geheimnis den meisten.
    2.
    Das theologische Erbe
    Die Commedia handelt, aufs erste gesehen, vom Schicksal der Seelen in den drei Jenseitsbereichen. Ich sage: Fürs erste, denn dabei wird es nicht bleiben. Aber zunächst führt uns Dante in Hölle, Fegefeuer, Paradies. Dort kennen wir uns heute nicht mehr so gut aus. Manche verstehen den Begriff ›Seele‹ nicht mehr. Und was die Hölle angeht, so erklären selbst Bischöfe im Fernsehen, sie machten von der Lehre über die Hölle keinen Gebrauch. Hans Urs von Balthasar setzte die Torheit in die Welt: An die Existenz der Hölle müsse jeder Christ glauben. Aber vielleicht sei sie leer. Dann hätte Gott eine große Anstrengung wie den Höllenbau umsonst unternommen. Sie wäre eine theatralische Drohkulisse. Dann hätten die Erklärer der christlichen Lehre uns mehr als 1500 Jahre lang getäuscht, und heute würden sie es versäumen, uns über eine so wichtige Veränderung wie die Entleerung der Hölle beizeiten zu unterrichten.
    So inkonsequent dachte Dante nicht. Seine Hölle ist voll besetzt. Er leidet, daß Vergil in die Hölle zurück muß, weil er ungetauft gestorben ist. Das war für Dante schon kaum zu begreifen. Für uns liegt es noch weiter weg.
    3.
    Dante ›reaktionär‹?
    Dantes Politik- und Gesellschaftskonzept nennen manche ›reaktionär‹. Alles, wodurch Florenz mächtig wurde, paßt ihm nicht: Handel, Mitregieren der kleinen Leute, Zulassung von Einwanderung, das Geld- und Bankwesen. Er trauert dem alten, dem uralten Florenz nach. Von florentinischen Bauwerken bewunderte er nur das Battistero und S. Miniato. Allerdings erkannte und anerkannte er die Bedeutung von Giotto. Und kann man ihn ›reaktionär‹ nennen? Denn von der Jenseitsreise erwartet er Freiheit. Libertà va cercando (Purg. 1, 71) . Jeder wird sein eigener Kaiser und Papst. Er ist es nicht von vornherein. Er wird es durch Erfahrung und Einsicht und richtiges Leben.
    4.
    Astropoesie
    Dante arbeitet in die Commedia viel Stoff ein, der uns fremd geworden ist: Er macht, ich habe das schon angedeutet, viele Anspielungen auf die antike Mythologie. Nehmen wir als Beispiel den Mond. Dante nennt ihn nicht nur luna , was bereits anspielungsreich genug wäre, denn Luna besaß Tempel auf dem römischen Aventin und dem Palatin, gehörte also zum antik-römischen Kult, den viele Christen als Götzendienst verwarfen, sondern er nennt ihn die Schwester der Sonne, er bezeichnet ihn als Trivia in dem schönen Vers, der Trivia zwischen den Sternen als unzerstörbare Nymphe feiert (Par. 23, 26) :
Trivia ride tra le ninfe eterne.
Trivia lacht zwischen den ewigen Nymphen.
    Er identifiziert den Mond auch mit Proserpina und sagt von ihm, er beherrsche das Inferno (10, 80) . Luna, das ist ein Sammelbecken antik-mythologischer und zeitgenössisch-astronomischer Vorstellungen. Das schafft dem heutigen Leser Mühe. Aber wenn man den Kommentaren entnommen hat,

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