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Commissaire-Llob 2 - Doppelweiß

Commissaire-Llob 2 - Doppelweiß

Titel: Commissaire-Llob 2 - Doppelweiß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yasmina Khadra
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und keine Menschenseele beherzt genug, sich draußen blicken zu lassen. Seit einer guten halben Stunde überwachen wir von einer alten Brücke aus den Sektor, der aussieht, als sei hier der Abschaum der Welt versammelt, und sich in einem endlosen Schwall ramponierter Dächer und armseliger Innenhöfe gegen das Flußbett ergießt. Mit Ausnahme eines einzigen schlaflosen Ladens herrscht totale Finsternis. Düster heult der Wind durch die Öffnungen im Mauerwerk und zieht den altersschwachen Fenstern die Ohren lang. Ihr Knarren erfüllt die Stille mit psychedelischem Getön.
    Das Haus, das wir im Blick haben, steht gleich neben der Brücke unter einer Laterne, die bis zum Hals in Müll und Abfall steckt. Eine stabile Baracke, in derart lumpige Lagen von Kalk gewickelt, daß es einem kalt über den Rücken läuft.
    »Nicht mehr lange, dann ist Ausgangssperre!« gerät Lino in Panik. »Am besten holen wir ihn uns.«
    »Finde ich auch«, bestärkt Jo ihn vom Rücksitz her. »Ich habe nicht das Gefühl, daß er heute nacht noch Besuch bekommt. Vorhin war er stockbesoffen. Der schnarcht jetzt garantiert schon wie ein Weltmeister.«
    Ich nicke, stecke eine elektrische Taschenlampe in meine Manteltasche und lade meine 9-mm-Pistole.
    »Okay, dann wollen wir mal.«
    »Es gibt da noch einen Hinterausgang«, ergänzt Jo. »Dahinter ist freies Feld. Falls er sich unauffällig verdrücken will, könnt ihr ihn euch da schnappen.«
    Ewegh schmettert die Tür ins Schloß und umkurvt im Eiltempo eine Ansammlung von Elendshütten, um dahinter Stellung zu beziehen.
    Ich bitte Jo, im Auto zu bleiben und uns im Fall einer Gefahr zu warnen, dann gehe ich vor, während Lino noch eifrig damit beschäftigt ist, sein Magazin zu überprüfen. In der Nachbarschaft beginnt ein Hund zu heulen.
    Der Inhaber des Ladens erbleicht über einem Schnauzbart, der jedem Besen zur Ehre gereichte. Der Anblick meiner Knarre läßt seine Augenbrauen fast unsichtbar werden. Wie in einem Akt der Levitation hebt er langsam, ganz langsam die Arme in die Luft, während in seiner Kehle ein Jojo auf- und niedergeht. Lino bedeutet ihm mit der Hand, sich zu setzen und die Klappe zu halten. In Zeitlupe sackt der Kerl in sich zusammen und verschwindet zuletzt hinter seinen Bonbongläsern.
    Ich nehme all meinen Mut in beide Hände, gleite lautlos auf ein Tor zu, entdecke einen unförmigen Türklopfer und betätige ihn. Der Krach ist derart ohrenbetäubend, daß der Hund auf der Stelle verstummt. Nach dem zehnten Schlag grummelt eine verschlafene Stimme: »Wer ist da?«
    »Der Weihnachtsmann«, antworte ich.
    »Wir haben noch nicht Dezember.«
    »Dezember ist für Christen. Für Muslime ist das ganze Jahr über Weihnachten.«
    Die Stimme hüstelt und erklärt zunehmend ungehalten: »Einen Augenblick, ich hole nur eben meine Schlüssel.«
    Zwei Minuten später rasselt die Tür ganz erschröcklich, und Ewegh taucht auf. Mit dem Daumen zeigt er nach hinten: »Er hat versucht zu türmen. Ich habe ihn abgefangen.«
    »Hoffentlich hast du ihn nicht umgebracht.«
    »Ich hab’s nicht überprüft.«
    Er führt uns durch einen Hof, der von widerlich stinkenden Wasserrinnen durchzogen ist. Ein alter Lieferwagen verstopft das, was vor Lichtjahren eine Garage gewesen sein muß. Die Arme von sich gestreckt, das Gesicht im Schlamm, liegt Alla Tej in einem Gemüsegarten, der von armseligen Bäumen umgeben ist. Er kommt erst lange, nachdem wir ihn in ein versifftes Zimmer transportiert haben, wieder zu sich.
    Als er aufwacht, stellt er fest, daß ihm ein Zahn in der Fresse fehlt. Er schaut auf seine blutüberströmte Hand und stöhnt: »Womit haben die mich bloß geschlagen, verdammt? Mit einem Wagenheber?«
    Tej ist ein kurzbeiniger Fettmops. Mit seiner struppigen Mähne, den Haaren, die ihm überall aus dem Hemd hervorschauen, seinen zottigen Armen und seinem Bart sieht er aus wie ein Jak, der sich beim Versuch, sich wie ein Roß aufzubäumen, die Wirbel verstaucht hat.
    »Du hast versucht, dich aus dem Staub zu machen«, frische ich sein Gedächtnis auf wie bei einem, der mitten im Text plötzlich den Faden verliert.
    Er betupft sich die aufgeplatzte Lippe mit einem Zipfel vom Laken, schüttelt den Kopf. Sein Blick bleibt an der Figur des Targi hängen, dann an dessen Fäusten. Nebenan ist Lino zu hören, der sich unter geräuschvollem Möbelrücken umsieht.
    Alla dreht sich in Richtung des Gepolters: »Ist da wer?«
    »Nur der Weihnachtsmann«, beruhige ich ihn. »Was ist los mit dir,

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