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Commissaire-Llob 2 - Doppelweiß

Commissaire-Llob 2 - Doppelweiß

Titel: Commissaire-Llob 2 - Doppelweiß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yasmina Khadra
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ich mal mehr einnehme!«
    Jo taucht gegen Viertel vor eins auf, als unser Wohltäter allmählich sauertöpfisch dreinblickt. In ihrer Verkleidung habe ich sie erst gar nicht erkannt. Sie hat sich dafür entschieden, das älteste Gewerbe der Welt auf persische Art auszuüben: im Tschador, und darunter splitternackt. Ist so praktisch wie diskret und hält den bösen Blick auf Abstand.
    Sie begrüßt Lino mit Wangenküßchen, verabreicht mir einen respektvollen Schmatz mitten auf den Schädel und setzt sich mir gegenüber hin. Ihr Metier hat begonnen, erste Spuren der Abnutzung in ihrem Gesicht zu hinterlassen. Sie hat sich einen Schönheitsfleck auf die Wange tätowiert, doch der dunkle Fleck auf ihrem Kinn deutet darauf hin, daß das letzte Abenteuer übel für sie ausgegangen sein dürfte.
    »Ist ja eine Ewigkeit her, Onkel Brahim!« zwitschert sie voll Entzücken, mich wiederzusehen.
    »Mensch, hast du abgenommen!«
    »Ich achte auf meine Linie. Wie geht es Mina und den Kindern?«
    »Den Umständen entsprechend. Und dir?«
    »Solala. Auf und ab …«
    »Hmm! Mir wird ganz anders!« jault Lino.
    Sie lacht, tätschelt ihm liebevoll das Handgelenk und bekennt: »Dein Pferdeschwanz ist echt super!«
    »Und nicht nur der!«
    Vollidiot, Lino!
    Als ich Jo - mit vollem Namen Joher - kennenlernte, arbeitete sie in der Verwaltung eines großen Staatsbetriebs. Eine Dame ohne Fehl und Tadel, mit strenger Frisur und kantiger Brille. Damals dachte sie noch, sie hätte eine große Karriere vor sich, bei den Diplomen, die sie von der Universität mitgebracht hatte. Nur daß die phallokratische Gesellschaft, in der wir leben, ihr als einziges Beförderungskriterium das Sofa anbot. Irgendwann machte sie dann wirklich die Beine breit - was beim Mann dem Hände hoch! entspricht. Und da wollte kein Schwanz sich lumpen lassen, nicht der Direktor noch der Chef vom Dienst, nicht der Buchhalter und auch nicht der Laufbursche. Da die Nachfrage immer stärker wurde, war Joher gezwungen, Doppel- und Dreifachschichten einzulegen, bis hin zur Overdose. Völlig erledigt und desillusioniert wurde sie schließlich rausgeschmissen und fand sich in der Brandung des Straßenstrichs wieder, wo die Polizei ihr das Leben zur Hölle machte. Dann, eines Abends, als wir jemanden einfangen wollten, willigte sie ein, für mich den Lockvogel zu spielen. Seitdem macht sie hin und wieder den Polizeispitzel, als Gegenleistung drücken wir ein Auge bei ihren Steuerschulden zu.
    »Worum geht’s, Onkelchen? Ich habe wirklich keine Zeit. Im Untergeschoß warten schon zwei Kunden auf mich.«
    Ich zeige ihr das Foto von Alla Tej. Sie dreht und wendet es hin und her und verzieht die Lippen, fragt nach: »Hat der zufällig im Planet der Affen mitgespielt?«
    »Kann sein. Momentan ist er Statist in einer Neuverfilmung der Zeitmaschine.’’«
    Sie legt den Kopf schief, erst nach rechts, dann nach links.
    »Könnte ich mal ein Foto ohne Bart von ihm sehen?«
    »Scheint, daß er damit auf die Welt gekommen ist.«
    Jo schneidet eine Grimasse und betrachtet konzentriert die mutmaßlichen Gesichtszüge des Mannes. Ihr schmaler Finger gleitet über das Foto, kratzt automatisch am Bart, wie um zu ergründen, was sich dahinter verbirgt.
    »Ich bin mir nicht sicher, aber ich glaube, ich habe ihn hier irgendwo schon mal gesehen.«
    »Er heißt Alla Tej. Hängt beim Allerheiligsten [ * gemeint ist das Märtyrerdenkmal (Maqam)] herum, vorzugsweise in der Herrentoilette, wenn du verstehst, was ich meine. Wir wissen nicht, wie tief er im Terrorismus steckt, aber das ist keiner, der die Hände fromm faltet, wenn er am Boden eine Münze liegen sieht. Ich brauche ihn, um auf Nummer Sicher zu gehen. Es ist absolut dringend.«
    Jo blickt nervös auf ihre Armbanduhr und läßt das Foto in ihre Handtasche gleiten. Ihr Blick fällt auf Ewegh und bleibt an ihm kleben. Die Statur des Targi läßt sie von Kopf bis Fuß erbeben.
    »Der hat nicht genug, um dich auszuführen!« warnt Lino neidvoll.
    »Aber mehr als genug, um mich zu verführen ».!«
    Sie steht auf, küßt mich auf die Stirn, zieht den Leutnant am Zöpfchen und raunt ihm zu: »Wenn das alles ist, was aus deinem Köpfchen kommt, ist das nicht gerade ermutigend.«
    Spricht’s, winkt uns zum Abschied zu und eilt zu ihren Transit-Lovern ins Untergeschoß.
     
    6
     
    Der Donner tobt und tost durch die Nacht. Sporadisch peitschen grelle Blitze das Viertel und bevölkern die Winkel mit albtraumhaften Visionen. Erst zweiundzwanzig Uhr

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