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Commissaire-Llob 2 - Doppelweiß

Commissaire-Llob 2 - Doppelweiß

Titel: Commissaire-Llob 2 - Doppelweiß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yasmina Khadra
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Beweis: nach dreißig Jahren Funkstille hat er sich an mich erinnert und mich gebeten, ihm an der Place de la Charite, Hausnummer 14, einen Besuch abzustatten.
    Er hat es weit gebracht seit damals, seit den Zeiten der Unterpräfektur in Ghardaia. Erst bei der Justiz, dann im Diplomatischen Dienst. 1989 kehrte er nach Algerien zurück, um den hohen Herrschaften zur Hand zu gehen, die vom Staatspräsidenten beauftragt worden waren, die Verfassung zurechtzubiegen, um die Gelüste der Fundamentalisten, die uns noch an die Nieren gehen sollten, zu legitimieren. Es kursieren Gerüchte, man habe ihm ein hohes Staatsamt angetragen, aber seine exzessive Demut hätte ihn bewogen, sich mit seinen Schweizer Nummernkonten zufriedenzugeben.
    Ben steht im Ruf, ein Intellektueller zu sein. Er zieht die Ferne dem Bad in der Menge vor, die Ruhe einer Residenz jenseits des Mittelmeeres dem protokollarischen Tamtam. In aller Bescheidenheit hat er akzeptiert, als Konsul nach Schwarzafrika zu gehen, später mußte man ihn bitten und beknien, bis er sich bereit erklärte, Botschafter im Orient zu werden.
    Das Heimweh hat sein Gedächtnis aufgefrischt, die Sehnsucht sein goldenes Exil zur Einöde, seine Einsamkeit zur Askese werden lassen, und so kam es, daß man eines schönen Morgens seine Bücher in den Auslagen der Buchläden auftauchen sah. Das war 1992. Das Land lag mit einer gestaltlosen Demokratie in den Wehen. Das Volk rief nach Denkmalstürzern und applaudierte den Wahrheitsbeschwörern. Im allgemeinen Taumel wagte sich jeder auf eigene Faust mit Enthüllungen ans Licht. Ben Bella servierte uns seine Memoiren, Ai’t Ahmed Die Affäre Mesli, Belai’d Abdeslem Das algerische Gas. Für jeden war etwas dabei.
    Ben Ouda für sein Teil beglückte uns mit Traum und Utopie, einer atemberaubenden Abrechnung mit dem wissenschaftlichen Sozialismus einstiger Eselstreiber, die zu den Dinosauriern des nationalen Niedergangs mutiert waren. Ein Bestseller. Manch übler Witzbold behauptete gar, der Hohe Staatsrat, der an Glaubwürdigkeit eingebüßt hatte, beabsichtige, den Autor als stellvertretendes Mitglied zu rekrutieren. Und Ben Ouda gab im Fernsehen, während auf den Straßen die Polizisten abgeknallt wurden, folgenden zitatverdächtigen Spruch von sich: »Ich liebe mein Volk zu sehr, um es zu unterjochen.«
    Ich, der ich längst nicht mehr an Fakire glaubte, bemerkte zu Mina: »Das ist doch wenigstens ein Kerl. Der nimmt kein Blatt vor den Mund, vermutlich weil er schon was Dickeres zwischen den Zähnen hat.«
    Mina fand meine Metapher nicht zum Lachen. Sie haßt vulgäre Anspielungen.
     
    Das Haus Nummer 14 an der Place de la Charite ist ein prachtvolles architektonisches Schmuckstück im Herzen eines futuristischen Square. Die Fuhrleute mit ihren Karren oder die Bäuerchen vom Lande wagen sich nie bis dorthin aus Angst, vorher von der Polizei abgefangen zu werden. Üppige Gärten auf der einen Seite, Parkplätze voll fetter Limousinen auf der anderen. Neidhammeln von meiner Sorte kann es da leicht passieren, daß der Schlag sie trifft.
    Selbst der Hausmeister ist perfekt gestylt. Ehrerbietig und kriecherisch. An dicke Trinkgelder gewöhnt, wie er ist, brächte er es fertig, um drei Uhr nachts einen Sterbenden, der am Tropf hängt, aufzuschrecken, nur um ihn mit seinem Lächeln zu beglücken.
    »Kann ich Ihnen helfen, Monsieur?« erbietet er sich mit jener heuchlerischen Galanterie, die unter den Gebildeten als Höflichkeit gilt.
    »Wenn Sie nichts Besseres zu tun haben … mein Auto bekommt Muffensausen, sobald es alleine ist. Wenn Sie so nett wären, ihm den Griff zu halten, bis ich wiederkomme.«
    Er willigt ein, ohne mit der Wimper zu zucken.
    Mit achtundfünfzig hat sich Ben Oudas Umfang verdreifacht. Die ganzen Liftings haben es nicht geschafft, seine Doppelkinne und Hängebacken zu straffen, und seine Wampe ergießt sich hemmungslos über seine Knie. Ich schätze, daß er zur Unterstützung seiner Hosenträger einen ziemlichen Konsum an Stoßdämpfern hat.
    Er empfängt mich in seinem nicht gerade armseligen Pensionärs-Salon. Ohne Pauken und Trompeten, ganz so, wie man gute Freunde empfängt.
    »Ein Glas Orangenlimonade, Monsieur Llob?«
    »Ich bin im Dienst.«
    Er bietet mir einen Sessel an und breitet sich selbst auf dem Sofa gegenüber aus. Sein Hausmantel schimmert. Einen Augenblick lang gerate ich ins Träumen angesichts seiner Fettleibigkeit, ich frage mich, ob die Natur nicht allen Ernstes ein klein wenig dazu neigt, sich

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