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Commissaire-Llob 2 - Doppelweiß

Commissaire-Llob 2 - Doppelweiß

Titel: Commissaire-Llob 2 - Doppelweiß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yasmina Khadra
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Emir
    der Gruppe, würde die Hölle ebenso schnell leerfe-
    gen wie der Schwarze Mann die Kinderstube, ver-
    antwortlich für sämtliche Autobombenattentate, die
    in letzter Zeit in Algier passiert sind, siebzehn
    Morde in acht Monaten …“
    „War er von Beruf Friseur?“ hake ich nach, um
    seinen Redeschwall zu bremsen.
    „Das ist nur sein Spitzname, weil er seinen Op-
    fern immer den Kopf abschneidet.“
    Ewegh blickt angestrengt auf das Foto des „E-
    mirs“ und fragt: „Kannten sie sich, der Diplomat
    und der Professor?“
    „Offenbar nicht. Das waren zwei ganz gegensätz-
    liche Charaktere, der Diplomat verkehrte in den
    höchsten Kreisen, den Professor zog es eher in die
    Niederungen.“
    „Erzähl uns mehr über den Professor.“
    „Da gibt’s nicht viel zu sagen. Er lebte außeror-
    dentlich zurückgezogen. Freunde hatte er keine.
    Seine Studenten nannten ihn „den Eremiten“. Ein
    Leben in geordneten Bahnen: von der Arbeit in die
    Kneipe ins Bett. War Berater von Saïd Rafik. Hat
    den Job nach drei Monaten wieder geschmissen.“
    „Wer ist dieser Rafik?“
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    „Na hör mal, der Kulturminister.“
    „Sieh einer an, und ich dachte immer, der einzige
    Kulturminister, den Algerien je hatte, wäre Jack
    Lang* [* populärer französischer Kulturminister] … Und warum hat er gekündigt?“
    „Unverträglichkeit der Charaktere.“
    Bliss stößt die Tür zur Einsatzzentrale auf und
    präsentiert mit funkelnden Augen seine Rattenvi-
    sage: „Wir haben den Peugeot gefunden. Leutnant
    Charter ist schon an Ort und Stelle.“
    Ich werfe ihm einen feindseligen Blick zu und
    frage zurück: „Na und?“

    Es gibt Orte, die scheinen den Tiefen der Vergan-
    genheit entstiegen. Ihr Ruhm ist zu Staub und A-
    sche geworden. Sie sind nur noch da, um durch die
    Köpfe zu spuken. Wie ein Museum, dessen Tor für
    alle Zeiten verriegelt ist, eine Muse, deren Lippen auf ewig versiegelt sind. Die Sonne scheint nicht
    für sie, und ihre Tage sind bleichen Nächten gleich.
    Die Kasbah entstammt zwar nicht jener fernsten
    Vergangenheit, doch aus jenen Tiefen steigen ihre
    Tragödien und Gespenster auf. Ein Narr, wer ihre
    architektonische Bedeutung preist – nur Trümmer
    und Schutt sind davon übriggeblieben. Sie schwebt
    zwischen Utopie und Erinnerung, härmt sich wort-
    los zu Tode und grollt den Gezeiten, sie nicht
    längst hinweggeschwemmt zu haben.
    Hier, in diesem unentwirrbaren Spinnennetz, gärt
    und wuchert die Resignation wie ein giftiger Teig.
    Die Menschen haben das Warten aufgegeben. Die
    Füße im Fegefeuer, den Kopf halb im Jenseits,
    vegetieren sie dahin, und ihre Gebete klingen aus

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    in Verwünschungen. Die Graffiti wirken hier wie
    Grabinschriften. Die Pflastersteine überziehen
    Straßen, die jede Erinnerung an bessere Tage ver-
    loren haben, mit der Beulenpest. Aus den Hausflu-
    ren sickert die Dämmerung in die Köpfe ein.
    Die Kasbah, Müllhalde für alles Unglück der
    Welt, läßt den Sturmangriff auf ihre heldenhafte
    Vergangenheit über sich ergehen wie eine Witwe
    die Liebesbekundungen eines gekreuzigten Gatten,
    dessen Gedächtnis die Kinder an jeder Straßenecke
    mit Füßen treten.
    Die Kneipe Club des amis ist für die Kasbah das, was der Hof für den Sträfling ist. Wer dorthin will, muß darauf achten, wohin er die Füße setzt. Es ist
    eine versiffte, höchst dubiose Kaschemme. Hier
    treffen sich die, die nicht wissen wohin, halten sich trübselig am Kaffee fest und warten auf die Nacht,
    den kleinen Tod. Von früh bis spät sind sie da,
    traktieren die Tische mit ihren Dominosteinen,
    beginnen den Tag mit Doppelsechs und beenden
    ihn mit Doppelweiß. Wenn sie glauben, gewonnen
    zu haben, haben sie schon wieder verloren. Den
    Tagen, die an ihnen vorüberziehen, wenden sie den
    Rücken zu wie den Versprechungen des wortbrü-
    chigen Vaterlandes. Grau sind die Gesichter, und
    die Seelen sind verpfändet an eine alles verschlin-
    gende Gott- und Trostlosigkeit.
    Unser Auftauchen löst alles andere als Entzücken
    aus. Ich lasse mich mit dem Targi an der Bar nie-
    der. Sofort hört Eweghs Nebenmann – ein monu-
    mentales Museumsstück – damit auf, in sein Ge-
    bräu zu stieren, und beginnt, mit angewiderter
    Miene die Luft durch die Nüstern zu saugen.
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    „Welches Arschloch hat denn da vergessen, im
    Scheißhaus die Kette zu ziehen?“ brummt er un-
    gehalten. Dann, als er den Targi zu seiner Rechten
    entdeckt, stirnrunzelnd: „Sieh mal an! Ein

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