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Commissaire-Llob 2 - Doppelweiß

Commissaire-Llob 2 - Doppelweiß

Titel: Commissaire-Llob 2 - Doppelweiß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yasmina Khadra
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Fotos, schüt-
    telt den Kopf. „Die kenne ich nicht.“
    „Sieh sie dir gut an.“
    „Ich bin nicht kurzsichtig.“
    „Und der da, der dritte von links?“
    „Kenne ich nicht.“
    „Der heißt Gaïd Ali, genannt der Friseur. Ist dein
    Nachbar.“
    „Schon möglich. War’s das?“
    „Dein Auto haben wir wiedergefunden.“ (Er
    springt nicht gerade an die Decke aus Freude über
    eine Kiste, die immerhin 80 Millionen wert ist.)
    „Mit den Fingerabdrücken deines Nachbarn drauf.“
    „Was willst du? Heutzutage ist auf keinen mehr
    Verlaß.“
    „Dein Auto wurde von den Mördern von Profes-
    sor Abad Nasser benutzt.“
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    Ebensogut hätte ich einem Mullah schöne Augen
    machen können. Er begnügt sich damit, intensiv
    ein Glas zu betrachten.
    „Ich habe den Diebstahl angezeigt. Es lag an
    euch, weitere Maßnahmen zu treffen. War’s das
    dann?“
    „Für den Augenblick schon.“
    Ewegh beugt sich von neuem über den Tresen.
    „Ich heiße Ewegh Seddig, und ich habe nichts
    von einem barmherzigen Samariter an mir. Du
    kannst deinen schlechtrasierten Kumpels einen
    schönen Gruß bestellen: ich werde ihnen ein Fest
    ausrichten, bei dem ich ihnen nichts, aber auch gar nichts schenken werde.“
    Der Wirt nickt verächtlich: „Wenn dus sagst, Di-
    no.“
    Ich habe keine Zeit mehr, den Schicksalsschlag
    zu verhindern. Die Targifaust zuckt blitzartig vor.
    Den Wirt schleudert es gegen die Wand, und wo
    eben noch sein Gesicht war, ist jetzt ein Puzzle.
    „Ewegh“, verbessert der Bulle, „nicht Dino. Soll-
    test du dir merken.“

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    Man nehme eine Mumie, wickle sie neu, und schon
    hat man eine Vorstellung von dem Typen, den ich
    in Zimmer 33 in der Klinik Sidi Mabrouk vorfinde.
    Ist ganz schön heruntergekommen, Athmane
    Mamar. Vor nicht allzu langer Zeit hätte das

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    kleinste Wehwehchen die halbe Stadt um ihn her-
    um auf die Beine gebracht. Und heute ist es schon
    viel, wenn ihm einer überhaupt mal Fieber mißt.
    Wie er da auf seiner stinkigen Pritsche liegt, an
    einen Vitamintropf gefesselt, neben sich beutegei-
    ergleich eine Krankenschwester, erweckt Athmane
    Mitleid. Als er mich hereinkommen sieht, zuckt ein
    zerknirschtes Lächeln über sein Gesicht.
    „Na, wie geht’s, du wundersam Erretteter?“
    Er ruckelt heftig inmitten seiner Verbände und
    röchelt. Ich bitte ihn, ruhig zu bleiben, und pflanze mich mit einer Pobacke auf die Bettkante.
    „Du siehst aus wie eine Wurst in Klopapier“, er-
    öffne ich ihm.
    „Hilf mir lieber, mich aufzusetzen.“
    Ich richte ihm sein Kissen mit derselben Um-
    sicht, wie sie ein Sprengmeister beim Entschärfen
    einer Bombe an den Tag legen würde. Er dankt mir
    mit einem Kopfnicken. Die Krankenschwester hört
    mit ihrem Getue auf und läßt uns allein.
    Ich lasse meinen Blick durchs Zimmer wandern,
    auf die Mauern, die in scheußlichem Grau gekalkt
    sind, den Nachttisch, den die Überreste eines ärm-
    lichen Mahls besudeln.
    „Blumen hat dir wohl keiner mitgebracht.“
    „Noch sind wir nicht auf meiner Beerdigung.“
    „Attentat?“
    „Unfall.“
    „Was ist passiert?“
    „Ein schlecht isoliertes Kabel. Mein Betrieb hat
    schneller als ein Strohballen Feuer gefangen. Ich
    hatte noch nicht mal Zeit, mich in Sicherheit zu
    bringen.“
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    „Das hättest du als Attentat verkaufen können.
    Würde dein Prestige aufmöbeln, und später hättest
    du Anspruch auf den Märtyrerstatus.“
    „Habe ich mir auch schon überlegt, aber ich hatte
    Angst, die, die mir früher mal in den Arsch gekro-
    chen sind, dadurch auf dumme Gedanken zu brin-
    gen.“
    Athmane und ich kennen uns seit den Siebzigern.
    Wir waren damals beide militante FLN-Aktivisten,
    ich aus Vaterlandsliebe, er aus Geldgier. Er war der Liebling von Algiers High Society und häufte Privilegien an wie eine alte Nutte die Pariser.
    Er seufzt. „Du bist nur gekommen, um dich an
    meinem Unglück zu weiden.“
    „Unrecht Gut gedeiht nicht gut. Alter Spruch, a-
    ber so gut wie neu, hab ich dir schon früher gesagt.
    Doch es gehört nicht zu meinen Hobbys, mich am
    Mißgeschick anderer zu ergötzen, wenn du es ge-
    nau wissen willst.“
    Er dreht sich von mir weg.
    Jenseits des Fensters, das ein Vorhang aus
    Spinnweben verschleiert, ducken sich die Hoch-
    häuser unter einer schwärzlichen Dunsthaube. Ge-
    reizt rempeln sich die Wolken an, während ein
    feiner Regen auf die Scheiben trommelt. Es ist
    noch nicht achtzehn Uhr und schon Nacht in Al-
    gier.
    „Was willst du, Llob?“
    Ich knalle ihm

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