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Commissaire-Llob 3 - Herbst der Chimären

Commissaire-Llob 3 - Herbst der Chimären

Titel: Commissaire-Llob 3 - Herbst der Chimären Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yasmina Khadra
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Enthusiasmus richtet mich auf.«
    Da legt sich sein großes Maul in Falten: »Liegt nicht in meiner Absicht, Sie aufzurichten. Wenn Sie wüßten, wie abscheulich ich Sie finde … Leider fehlen mir die Worte.«
    »Leider ist das nicht das einzige, was Ihnen fehlt!«
    Sein Blick durchbohrt mich wie ein Degen. Er schwenkt arrogant seinen Drink und sagt: »Ich habe einen Freund in Paris. Den werde ich mal bitten nachzusehen, ob nicht ein Wasserspeier an Notre-Dame fehlt.«
    »Nicht nötig, ihn zu behelligen. Ich habe hier doch einen - in Reichweite meines Speichels!«
    Das hat gesessen! Die Adern auf seiner Glatze schwellen grauenvoll an. Doch eine gigantische Detonation läßt das Haus erbeben und beendet jäh unser Gespräch. Mostefa Haraj macht sich den ungestümen Zwischenfall zunutze, um sich unauffällig zu Seinesgleichen auf die Veranda zu verziehen. In der Ferne markiert eine Rauchsäule den Schauplatz der Tragödie, die die Stadt einmal mehr heimgesucht hat.
    »Achtundsiebzig«, gluckert Scheich Alem und schafft es nicht, den morbiden Triumph zu unterdrücken, der in seinen Pupillen funkelt. Schon die achtundsiebzigste Bombe, die über Algier explodiert!
    Ich gehe zum Balkon, um die Feuerzungen zu sehen, die an den Rockzipfeln der Nacht hochlecken. In der reglosen Stille nimmt das höhnische Kichern des Bärtigen schaurige Ausmaße an. Meine Hand setzt sich ganz von selbst in Bewegung, kriegt ihn am Kragen seiner Soutane zu fassen und schiebt ihn unsanft beiseite. »Du entschuldigst …«
    Er versucht, die Stirn zu runzeln. Meine Finger schließen sich um seinen Nacken zusammen, tun ihm weh. Er zieht sich katzbuckelnd zurück, eingehüllt in seine Niedertracht: ein feiger, scheinheiliger Scharlatan, von dessen Zurückweichen ein eigentümlicher Glanz ausgeht, als hätte man einen Dämon exorziert.
    Einige Minuten später dringt das Geheul der Sirenen wie ein apokalyptischer Chor zu uns herauf. Eine Dame, geschminkt wie eine japanische Schauspielerin, ringt in melodramatischem Gebet ihre schmuckbestückten Finger und sucht einen himmlischen Ansprechpartner, der gefällig genug ist, sie ernstzunehmen.
    »Wir sollten nicht hier draußen bleiben«, bemerkt Baha Salah.
    »Du hast recht«, stimmt Amar Bouras zu. »Wir werden uns doch nicht von solch miesen Kerlen die Laune verderben lassen.«
    Einige Partygäste folgen dem Industriellen in den Saal. Die übrigen bleiben noch eine Weile im Freien, mehr oder weniger aufmerksam auf die Geräusche in der Ferne lauschend.
    Doktor Bendi zündet mit olympischer Ruhe sein Pfeifchen an und betrachtet dann - eine Hand in der Tasche, in der anderen die Pfeife - die Rauchwolke, als wär’s ein Kunstwerk.
    »Mein Gott, dieser Krieg, den man wie eine schändliche Krankheit verbirgt!« seufzt Omar Dai’f. »Langsam macht mich das verrückt.«
    Den renommierten Gelehrten läßt das kalt.
    Der Filmemacher ballt beherrscht die Faust. In seinen zerknitterten Zügen steht die Ratlosigkeit etwas deutlicher geschrieben. »Wie lange wird das noch gehen, Doktor?«
    »Ich habe meine Kristallkugel im Büro liegenlassen.« Der Ton des Doktors ist barsch.
    Omar Dai’f versinkt in tiefes Nachdenken und bemerkt schließlich bekümmert: »Andernorts genügt ein einziger Schuß, ein Knallfrosch, ein Gefängnisausbruch, und schon wird die ganze Nation mobilisiert. Beim geringsten Zwischenfall gibt der Präsident in der Minute darauf eine offizielle Erklärung ab. Und bei uns, da werden kleine Mädchen erst vergewaltigt, danach enthauptet, Kinder werden von Sprengsätzen zerfetzt, ganze Familien Nacht für Nacht mit der Axt massakriert, und man tut so, als sei alles in bester Ordnung.«
    Der Doktor zieht lange an seiner Pfeife, bläst dem Filmemacher den Rauch ins Gesicht und kehrt zu den Neureichen im Salon zurück.
    Omar Dai’f wendet sich an die alte Dame neben ihm: »Ich habe doch recht. Zum Beispiel das Fernsehen. Wann immer Sie es einschalten, stoßen Sie auf eine Sendung, die himmelweit von der Tragödie in unserem Land entfernt ist.«
    Die alte Schachtel runzelt die Stirn in Richtung ihrer Höflinge, als ob sie sich fragte, warum man ausgerechnet sie zur Zielscheibe der Anklage macht, rümpft die Nase und zieht an der Spitze einer Heerschar von Gigolos von dannen.
    »Wir sollten nicht dramatisieren!« schaltet Kader Leuf sich jetzt ein und faßt den Filmemacher herablassend am Ellenbogen. »Der Krieg in unserem Land ist Teil der Umwälzungen, die sich auf allen Kontinenten vollziehen. Ein

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