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Commissaire-Llob 3 - Herbst der Chimären

Commissaire-Llob 3 - Herbst der Chimären

Titel: Commissaire-Llob 3 - Herbst der Chimären Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yasmina Khadra
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Igidher gekommen«, erzählt Akli. »Er hat Stunden im Zwiegespräch mit dem Berg zugebracht. Hier hat er seine ersten Texte geschrieben.«
    Ich betrachte den seligen Tahar. Mit seinen gezwirbelten Schnurrbartenden sieht er aus wie ein Jüngling aus der Blütezeit der Boheme. Es fällt mir schwer zu glauben, daß die Knarre, die seinen Tagen ein Ende gesetzt hat, angesichts von so viel Schlichtheit nicht den Dienst verweigert hat. Aber in einem Land, in dem man sogar die Säuglinge in der Wiege zerstückelt, wäre es wohl zu viel verlangt, von der Barbarei wenigstens einmal Anstand und Benimm einzufordern.
    »He! Herr Bürgermeister!« ruft ein krausköpfiger Mops beim Betreten des Saals. »Sie sollten Ihre Hunde besser anbinden!«
    »Ich habe gar keine Hunde.«
    »Woher stammt denn dann dieser Hundedreck draußen auf dem Weg?« schreit er und zeigt mit dem Finger auf einen Gecken im Drillichanzug.
    »Ich bin kein Hundedreck. Paß auf, was du redest, du aufgeblasenes Arschloch.«
    Allgemeines Gelächter begleitet den Auftritt dieses hinreißenden Gespanns. Der Dickmops macht sich daran, die Greise fromm auf ihren Turban zu küssen, nur den Imam läßt er absichtlich aus …
    »Du hast vergessen, den Scheich auf den Kopf zu küssen«, tadelt Mohand.
    »Dazu müßte er erst einmal einen haben.«
    »Was heißt, ich müßte erst einen haben?«
    »Du bist dreimal in eine vorgetäuschte Straßensperre geraten. Wenn du einen hättest, hätten die roten Khmej das längst gemerkt.«
    Eine neue Lachsalve ist die Antwort.
    Der Dickmops beendet seine Begrüßungsrunde, macht es sich auf einer mit Matratzen ausgelegten Bank bequem und beginnt erneut, den Uniformierten zu necken, der mürrisch und griesgrämig im Türrahmen steht.
    »He! Du Oberfastenrambo! Stimmt es, daß du dein Fallschirmspringerabzeichen dafür gekriegt hast, daß du einen Baumstamm heruntergerutscht bist?«
    »Eher dafür, daß ich aus dem Bett deiner Schwester gerutscht bin!«
    »Danke für deine Begleitung. Jetzt raus mit dir. Das hier ist nur was für Honoratioren!«
    Akli nutzt die allgemeine Heiterkeit, um mir ins Ohr zu flüstern: »Unsere Dick und Doof. Der Dicke, das ist Bachir. Hat sein Studium an der Universität von Tizi Ouzou aufgesteckt, um unsere Reihen zu verstärken. Ist im Untergrund eine echte Dampfwalze. Das Wort ,Angst’ hat er aus seinem Wortschatz gestrichen. Der Kleine ist Amar. Sie sind Cousins und außerdem verschwägert. Halten die Moral der Truppe hoch. Unsere Kämpfer himmeln sie an.«
    Ein junger Mann bahnt sich einen Weg durch die Tische und beugt sich zum Bürgermeister vor. Akli runzelt die Stirn, nickt und sagt: »Aber natürlich, laß sie herein.«
    Der junge Mann geht in den Hof und kommt mit einer Gruppe Dorfwachen zurück, die in ihrer blauen Tunika vor Demut ganz pathetisch wirken.
    »Die Patrouille von Sidi Lakhdar«, erfahre ich von Akli. »Sie kommen gerade von einem Erkundungsgang zurück.«
    Die Dorfwachen stellen ihre Waffen in einer Mauernische ab und mischen sich unter die Gäste.
    Ein paar Jugendliche bringen Tabletts mit Scheiben vom Hammelspießbraten, Salatblättern und Zwiebeln herein.
    Bachir klatscht Beifall und leckt sich gierig die Lippen. »Und jetzt füllt euch den Wanst!« donnert er los, und das läßt sich keiner zwei Mal sagen.
     
    Mohand fährt uns gegen halb fünf in der Früh zum Haus von Idir zurück. Unsere Köpfe flirren vor Lachen und Scherzen. Arezki hat nicht durchgehalten. Die langen Jahre des Ausgeschlossenseins haben ihren Tribut gefordert. Todmüde schwankt er, von den kaputten Stoßdämpfern durchgerüttelt, auf dem Rücksitz des alten Autos hin und her.
    Am bläulichen Himmel der Nait-Wali steht der Sichelmond wie ein abgekauter Fingernagel, den ein Gott dort vergessen hat. Ein schimmernder Kratzer tief unten am Horizont kündet von der Fehlgeburt des neuen Tages. Es ist eine schöne Nacht, die mit schnellem Flügelschlag über die flaumigen Täler und Hügel enteilt, während der Wind verspielt oder nur unentschlossen sich die Zeit vertreibt, indem er das Zirpen in den Tiefen der Büsche zum Schweigen bringt.
    Wir nehmen die Hauptstraße durchs Dorf, die von grellen Laternen mit bunten Lichtern übertupft ist.
    Slimanes Cafe hat noch offen. An den Tischen sitzen Patrioten, Zigarette im Mundwinkel und Gewehr auf den Knien. Hier und da sieht man Gruppen von Jugendlichen, die die Schwüle wachhält, schwatzend oder kartenspielend auf Treppenaufgängen hocken. In Igidher wacht man bis

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