Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Commissaire Mazan und die Erben des Marquis: Kriminalroman (Knaur HC) (German Edition)

Commissaire Mazan und die Erben des Marquis: Kriminalroman (Knaur HC) (German Edition)

Titel: Commissaire Mazan und die Erben des Marquis: Kriminalroman (Knaur HC) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean Bagnol
Vom Netzwerk:
seidige, warme Luft.
    Atos stand am Ufer in seiner typischen Habachtstellung, ein Vorderbein erhoben. Er glotzte, wie er schon immer geglotzt hatte, seitdem er als knopfäugiges Knäuel auf die Welt gekommen war und in fünf Jahren zu einem weiß-braun-gescheckten Hundekalb mit fast schwarzem Dickkopf mutiert war. Treudoof und hingerissen.
    Natürlich hätte Jules sich bemerkbar machen müssen. Oder den hechelnden Atos zurückpfeifen. Oder sich diskret abwenden.
    Aber er wollte nicht.
    Er wollte die selbstvergessen Badende betrachten wie ein Bild. Wenn er es nur malen könnte. Aber wie sollte das gehen? Bleiben Sie so, ich hole rasch eine Leinwand?
    Die Badende hörte auf zu singen, hob die Lider und sah ihn aus hellen, grünen Augen gelassen an.
    Jules hatte schon viele Frauenblicke erlebt, die ihn taxierten, abschätzten auf Einkommen, Manieren und Vorzeigbarkeit. Aber das hier? Es fühlte sich an, als ob sie seinen Körper unter dem leichten Baldessarini-Anzug berührte. Als ob sie überlegte, wie er wohl schmeckte.
    »Verzeihen Sie, Madame, mein Hund hat keinen Anstand. Der guckt immer so.«
    »Und Sie glauben, damit kommen Sie durch«, erwiderte die Nackte spöttisch.
    Die Fremde richtete sich auf. Unruhig beobachtete Jules, wie das Wasser an dem schlanken, trainierten Körper hinabrann. Ihre Haut besaß den zartbraunen Ton eines Olivenkerns. Und in dem schwarzen Vlies zwischen ihren Beinen glitzerten Wassertropfen. Er konnte sich von ihrem Anblick kaum lösen, obwohl er sich wie ein Spanner fühlte. In seiner Verwirrung schaute er zu Atos. Der starrte noch großäugiger auf die Erscheinung. An seinen Lefzen bildeten sich immer mehr verräterische Schlieren.
    »Atos, Fuß«, befahl Jules leise. »Und hör auf zu sabbern!«
    Der riesige Hund drehte sich nicht einmal zu ihm um.
    Die Fremde sah mit belustigtem Blick auf den gescheckten Vorstehhund, der sie hingebungsvoll betrachtete.
    Jules schnappte sich Atos’ Halsband, klickte die Leine ein und zerrte daran. Atos winselte und zog in Richtung Zadira. Jetzt tropfte es heftig aus seinem Maul.
    »Ihr Hund hat ein Inkontinenzproblem«, sagte die Nackte.
    »Ach was. Er ist nur romantisch.«
    »Sie finden sabbern romantisch? Ihr Pariser Bürgertypen seid wirklich ein perverses Volk.«
    »Finden Sie das nicht ein wenig voreilig geurteilt? Sie kennen mich doch gar nicht.«
    Er sah ihr in die Augen. Fest.
    Jetzt begann die Fremde, ans Ufer zu waten. Ohne ihre Blöße zu verbergen. Ihre selbstbewusste Entschlossenheit sprengte definitiv Jules Parcevals bisherigen Erfahrungshorizont.
    Als sie aus dem Wasser stieg und auf ihn zukam, sagte sie: »Italienischer Anzug, teuer, keine Freizeitkleidung, obwohl Samstag ist. Ihre Eltern haben stets auf die Form geachtet. Bon chic bon genre, immer alles richtig machen. Sie tragen den Anzug wie eine Jeans, sind also Luxus gewohnt, Papa hat Geld nach Hause gebracht. Sie haben studiert, vermutlich auch promoviert, das macht man so, und leben allein.«
    »Sind Sie sich da so sicher?«
    » Absolument. Keine Frau würde Ihren romantischen Sabberer in ihrem Appartement zwischen all den Glas-Schwänen haben wollen.«
    Volltreffer, dachte Jules.
    »Und jetzt sind Sie, lassen Sie mich raten … nein, für eine Geliebte fahren Sie nicht so weit, die laufen Ihnen eher nach. Sie sind vielmehr … auf der Flucht.«
    Es stimmte. Alles. Jules hatte Paris mit einem Trompetenstoß verlassen. Er war dieses Leben in der besseren Gesellschaft so satt, dessen Regeln ihm vorschrieben, wie er zu sein hatte, was er anziehen, wie er sprechen, mit wem er schlafen und in welchem Stadtteil er wohnen sollte, um anerkannt zu werden.
    Und all das konnte sie sehen?
    »Bitte«, meinte er, »fangen wir noch einmal von vorn an! Bonjour, mein Name ist Jules Parceval. Könnten Sie mir sagen, ob das der Weg …« Es kostete ihn Kraft, nicht auf ihre feuchten Brüste zu starren. »… also, ob die Straße da der Weg nach Mazan ist?«
    »Jules Parceval?«
    »Ja.«
    »Parceval, seh ich aus wie ein scheiß Navi?«, fragte sie.
    »Nein. Nicht unbedingt. Jedenfalls nicht wie das in meinem Wagen. Das flucht auch nicht.«
    Mit einer Bewegung, die so schnell war, dass Jules sie kaum wahrgenommen hatte, hatte die Fremde sich gebückt und etwas aus einem Kleiderbündel hervorgezogen.
    »Schau mal. Das ist mein Navi.«
    Der Lauf der Pistole war die Verlängerung ihres grünen Blicks am anderen Ende des Arms. Er zeigte direkt auf sein Herz.
    Sie machte eine kleine, lässige Bewegung

Weitere Kostenlose Bücher