Commissaire Mazan und die Erben des Marquis: Kriminalroman (Knaur HC) (German Edition)
ganz.
Danach trat der Mann ins Freie. Er ließ seinen Blick aufmerksam durch den Garten gleiten. Commissaire Mazan duckte sich noch tiefer. Spähte zwischen den Gräsern hindurch. Der Mann konnte ihn unmöglich entdecken. Es sei denn … er suchte nach Katzen! Bei diesem Gedanken zuckte Commissaire Mazans Schwanz. Bewegte leicht das Gras. Sofort ruckte der Kopf des Mannes in seine Richtung. Sein Blick traf den Kater.
Im gleichen Moment, da der Mann sich wütend in Bewegung setzte, sprang Commissaire Mazan unter dem Baum hervor und sprintete Richtung Tor. Er wusste, dass er schneller sein würde. Selbst die Sekunde, die er verlor, um seinen Körper durch den engen Spalt zwischen Tor und Boden zu quetschen, würde dem Mann nicht reichen, ihn zu packen.
Schon war er nur noch einen Sprung von dem Holztor entfernt, als sich mit einem Mal etwas Großes, Gewaltiges, Schwarzes unter dem Tor hindurchschob. Commissaire Mazan starrte entsetzt auf die geblähten, aufgeregt schnüffelnden Riesennüstern einer Hundeschnauze.
Ein Hund!?
Eingezwängt zwischen dem todbringenden Mann und der Gefahr, von einem riesengroßen Köter gefressen zu werden, zuckte Mazans Kopf hin und her. Da rief jenseits der Holzpforte eine Stimme: »Atos! Kommst du wohl her!«
Die Schnauze verschwand. Der böse Mann war jetzt aber nur noch einen Schritt entfernt. Mazan zögerte nicht. Blitzschnell kroch er unter das Tor und spürte schmerzhaft, wie sich der scharfe Holzsplitter, dem er sonst immer ausgewichen war, in seinen Rücken bohrte. Sah einen Mann mit einem großen braun-weiß gefleckten Hund an der Leine. Spürte die Hand hinter sich, die versuchte, ihn zu packen. Und riss sich an dem Splitter den halben Rücken auf, als er sich mit einer wilden Anstrengung befreite.
Mazan beachtete weder den Hund noch seinen Besitzer, sondern raste die Gasse hinunter. Fort von dem Garten, dem Mann, dem Haus.
Irgendwann versteckte er sich hinter einer Hecke und lauschte mit hart klopfendem Herzen den Weg zurück.
Das ist ein verdammt hoher Preis für einen Namen.
So langsam hatte Commissaire Mazan die Nase voll von dieser Stadt.
Vielleicht wäre er misstrauischer gewesen, wenn er es nicht schon gewohnt wäre, in dieser Stadt von unsichtbaren Augen beobachtet zu werden. Nun entdeckte er das Gesicht einer sehr, sehr alten Katze, die auf einem hoch gelegenen Fensterbrett lag und zu ihm herunterschaute. In ihren Augen erkannte er das ruhige Wissen eines langen Lebens. Von ihr ging keine Bedrohung aus. Aber er spürte eine lustvolle Erwartung in ihrem Blick.
»Viel Glück!«, rief sie ihm zu.
Viel Glück?
Mit alarmierten Sensoren näherte er sich nun der Kirche und dem hoch gelegenen Platz, auf dessen anderer Seite das Haus der Thunfischpasteten-Frau lag. Da entdeckte Commissaire Mazan die arrogante Schattenweiße auf der Mauer, die den Weg begrenzte. Und neben ihr hockte …
Die Sternenjägerin!
Er blieb stehen und schaute zu den beiden Katzen hoch, die wiederum ihn mit kühlem Interesse beobachteten. Dann nahm er die anderen wahr. Sie sammelten sich oben auf dem Platz, hockten unter den Büschen, den Autos. Und erst da, kurz bevor der große Kerl am oberen Ende des Weges auftauchte, begriff Commissaire Mazan, dass er in der Falle saß.
Natürlich hatte er die ganze Zeit gewusst, dass es zu einem Revierkampf kommen musste. Aber warum gerade jetzt! Und er hätte nicht gedacht, dass der große Kerl ein so großer Kerl war. Dieser Brocken mit dem rotbraunen Fell und den hellen langen Haarbüscheln an den Ohren wog gut doppelt so viel wie er. Und seine Haltung verriet, dass er noch keinen Kampf verloren hatte.
Das hier würde sehr, sehr schwierig werden.
Commissaire Mazan ging in die Hocke, so dass sein Bauch das warme Pflaster berührte. Dabei ließ er den anderen nicht einen Moment aus den Augen.
Der große, rote Kerl stolzierte die Gasse hinunter. Dabei plusterte er sein Fell auf und signalisierte Kampfbereitschaft.
Er kommt bergab. Ist darum schneller. Und das bei dem Gewicht! Commissaire Mazan überlegte, ob es nicht das Beste wäre, nach einer gewissen Zeit ehrenvollen Standhaltens die Dominanz des Roten anzuerkennen. Unterwerfung wäre die einfachste Lösung. Der Dicke würde seine Stellung wahren und ihn in Ruhe lassen. Und er hätte ein Zuhause, das er sich zwar mit einem Katzenmörder teilen musste, aber da wusste er wenigstens, woran er war. Dann war der Dicke nah genug, dass er mit dem Schreien anfangen konnte: »Aus welchem Dreckloch bist
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