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Commissaire Mazan und die Erben des Marquis: Kriminalroman (Knaur HC) (German Edition)

Commissaire Mazan und die Erben des Marquis: Kriminalroman (Knaur HC) (German Edition)

Titel: Commissaire Mazan und die Erben des Marquis: Kriminalroman (Knaur HC) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean Bagnol
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wusste er nicht mehr. Was sollte er jetzt mit der Kette machen! Er konnte sie ja schlecht in den Müll werfen.
    Vergraben? Nein. Wenn ihn jemand dabei beobachtete!
    Oder sollte er sie in einen Fluss werfen? In den Auzon? Oder besser noch die Nesque-Schlucht? Eine kleine Fahrt mit dem Auto. Ein Stopp, wie ihn viele Touristen machten. Ein kurzer Blick nach links und rechts, und schon wäre sie weg. Ja, so könnte es gehen.
    Nur störte ihn nach wie vor, dass er nicht wusste, warum er sie mitgenommen hatte. Was, wenn sie wichtig war?
    Der Engel könnte es ihm sagen. Aber das tat er nicht.
    Warum antwortest du mir nicht?
    Mattia fühlte sich alleingelassen. Ja, mehr noch, er fühlte sich verraten. Er hatte alles getan, was der Engel verlangte. Immer. Aber dieses Mal hatte sein dunkler Begleiter ihn etwas tun lassen, was sie in große Schwierigkeiten bringen konnte. Es war ein Fehler. Mattia war sich sicher, dass es ein Fehler war. Denn es konnte den Jäger auf ihre Spur locken.
    Den Jäger?
    Es war kein Jäger! Es war eine Jägerin. Na und? Antwortete ihm der Engel deshalb nicht? Wegen dieser Frau?
    Sie ist doch nur eine Araberhure! Was willst du, dass ich tue?
    Es war wie eine Bitte um Vergebung. Doch der Engel schwieg. Nur sein giftiger Groll wehte Mattia an.
    Ich muss ihr etwas vormachen, verstehst du das denn nicht?
    Er konnte die aufkeimende Verzweiflung kaum noch unterdrücken. Dabei wusste er doch, dass der Engel sein ständiges Taktieren nach außen hin zutiefst verachtete. Mattia beneidete den Engel um seine Eindeutigkeit, seine Klarheit, seine Kraft.
    Wie gern wäre ich wie du.
    Mattia zerbrach beinah an der Verachtung und dem Zorn seines Engels. Ohne dass irgendeiner der Menschen um ihn herum etwas davon mitbekam, kniete er innerlich vor seinem furchtbaren Gebieter nieder und flehte ihn an:
    Was soll ich tun?
    Und jetzt antwortete der Engel.
    Jetzt endlich – durch die Augen des Engels – erkannte Mattia zur Gänze, was in jenem einzigen, großen Moment geschehen war. Das Mädchen. Ihr Entsetzen. Ihr stummer Schrei. Und dann, wie der letzte Funke in ihren Augen erlosch. Die erhabene Schönheit des Aktes rührte ihn bis in die tiefsten Fasern seines Seins.
    Im nächsten Moment sah Mattia wieder die Frau vor sich, die Araberhure, unrein und verdorben wie alle ihrer Art. Er spürte, wie sie seine Spur schnüffelnd aufnahm, im Haus und …
    Das Haus? Du willst, dass ich in dem Haus …?
    Und jetzt begriff er, was der Engel ihm sagen wollte.
    Sie war der Makel, den es auszumerzen galt. Sie und …
    Die Teufelskatze!
    Wild durchloderte ihn der Zorn des Engels, als Mattia entdeckte, dass ihm nicht nur die Hure, sondern auch das tückische, lautlos schleichende Getier auf der Fährte war. Dass es ihn erspürte mit seiner Hinterlist und seiner Falschheit. Ein Jäger. Eine Jägerin.
    Zwei Teufel.
    Nun verstand er, was der Engel von ihm wollte.
    Es wäre perfekt. Es würde alles abschließen, es wäre die letzte, finale Szene seiner schon Jahre andauernden Inszenierung. Danach wäre er frei.
    »Töte sie!«, hörte Mattia noch einmal die machtvolle Stimme des Engels.
    Oder war es seine Stimme?
    Töte sie beide!

27
    A ls Minotte eine zweite improvisierte Pressekonferenz abhielt, flüchtete Zadira. Sie wollte irgendwohin, wo sie allein war. Keine Madame Blanche, kein Jean-Luc, kein Frédéric. Und auf keinen Fall einer der »vier aus Haus Nummer neun«, wie sie Alexandre, Amaury, Hersant und Lagadère insgeheim nannte.
    Sie gab Brell die Anweisung, die vier Hausbesitzer am folgenden Mittag zu einer informatorischen Befragung in die Wache zu bestellen. Auf diese Weise umging es Zadira, sie offiziell als Tatverdächtige oder als Zeugen bezeichnen zu müssen – machte ihnen damit aber auch das Aussageverweigerungsrecht unmöglich.
    Vielleicht können wir ihnen so wenigstens noch eine schlaflose Nacht bereiten, dachte Zadira grimmig. Wenn die vier erst einmal wieder nach Paris entschwunden waren, hatte sie verloren. Wenn es stimmte, was sie herausgefunden hatte, dann gehörten sie zu jener Kaste Männer, die sich die geltenden Gesetze zu ihren Gunsten zurechtbiegen konnten.
    Sie musste jetzt dringend nachdenken.
    Wohin konnte sie sich nur zurückziehen?
    Zu sich nach Hause? Trostlos.
    In die Bar? Zu früh.
    Vor dem Rathaus war Markt. Die Neuigkeit von Dédé Horloges vorläufiger Festnahme würde sich rasch verbreiten. Dort sollte sie heute besser keine Melonen essen.
    Zadira zog ihr Mobiltelefon hervor. Es war zu früh,

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