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Commissario Brunettis zwanzigster Fall - Reiches Erbe

Commissario Brunettis zwanzigster Fall - Reiches Erbe

Titel: Commissario Brunettis zwanzigster Fall - Reiches Erbe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donna Leon
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formulieren.
    Sie lächelte. »Die bekommen jedes Jahr eine Spende von mir«, sagte sie. »Aber da ich nun einmal dort arbeite, wo ich arbeite, habe ich nie einer bei mir Zuflucht geboten und bin auch sonst in keiner Weise aktiv.«
    Brunetti nickte. »Vermutlich eine kluge Entscheidung.« Dann fragte er: »Aber Sie kennen Leute, die aktiv mitmachen?«
    [145]  »Ja«, sagte sie nicht allzu begeistert.
    »Könnten Sie ...«, fing er an, ohne recht zu wissen, wie er seine Bitte formulieren sollte. »Könnten Sie mich mit denen bekannt machen?«
    »Und mich für Sie verbürgen?«, fragte sie lächelnd.
    »So etwa.«
    »Jetzt gleich?«
    »Wenn wir in der Questura sind«, sagte er und fragte: »Wissen die, wo Sie arbeiten?«
    »Nein«, sagte sie mit einer wegwerfenden Handbewegung. »Nur, dass ich für die Stadt arbeite.«
    »Besser so«, sagte Brunetti.
    »Allerdings.«

[146]  14
    A ls sie in die Questura kamen, übernahmen es Foa und sein Mitarbeiter, Signorina Elettra mit den Blumen zu helfen, und Brunetti begab sich direkt in sein Büro. Auf dem Schreibtisch erwarteten ihn einige Berichte und Vermerke, Bürokram, den er als Erstes hinter sich brachte.
    Interessant war nur eine Anfrage wegen einer Rumänin - der Name kam Brunetti bekannt vor. Sie hatten die Frau mindestens ein Dutzend Mal verhaftet, und jedes Mal hatte sie einen anderen Namen, Geburtsort und -datum angegeben. Diesmal war die Frau offenbar in Ferrara aufgetaucht, wo man sie im Bahnhof festgenommen hatte, als sie einer Polizistin, die gerade nicht im Dienst war, die Handtasche zu stehlen versuchte. Bis auf den Namen verweigerte sie jegliche Auskunft zu ihrer Person, aber in ihrer Tasche fand sich die Quittung für einen Kaffee in einer Bar in Castello, weshalb die Kollegen in Ferrara nun ein Foto und Fingerabdrücke von ihr nach Venedig geschickt hatten.
    Als er im Archiv anrief und den Namen, den sie in Ferrara benutzt hatte, sowie den Namen durchgab, unter dem sie seiner Erinnerung nach in den Akten geführt wurde, bemerkte der Archivmitarbeiter kichernd: »Und ich dachte, die wären wir los.«
    »Wir schon, aber jetzt haben die in Ferrara sie am Hals«, sagte Brunetti. »Könnten Sie eine Kopie der Akte rüberschicken?«
    »Damit sie jetzt von denen ein Schreiben mit der Aufforderung [147]  bekommt, das Land binnen achtundvierzig Stunden zu verlassen?«, fragte Tomasini. Nach kurzem Nachdenken meinte er trocken: »Ich finde, wir sollten uns zu einer Künstlergemeinschaft erklären und um Erlaubnis bitten, bei der Biennale auszustellen. Man braucht uns bloß den italienischen Pavillon zu geben.«
    »Wer ist ›uns‹?«
    »Wir hier, vor allem aber ich, weil ich über sämtliche Dokumente und die Kopien der Briefe verfüge.«
    »Was würden Sie damit machen?«, fragte Brunetti.
    »Alle Wände des Pavillons tapezieren. Aber in keiner bestimmten Reihenfolge; weder chronologisch noch alphabetisch oder nach Verbrechen geordnet. Einfach ein paar Tausend wild durcheinander an die Wände kleben, alle diese Briefe, mit denen immer wieder dieselben Leute aufgefordert werden, das Land binnen achtundvierzig Stunden zu verlassen, weil sie sich irgendeines Verbrechens schuldig gemacht haben. Und das Ganze nennen wir ›Italia Oggi‹ .«
    Und gar nicht mehr scherzhaft fügte Tomasini hinzu: »Das trifft es doch genau, oder? Italien heute.« Als Brunetti nicht antwortete, fragte der Jüngere nach: »Hab ich nicht recht?«
    »Fabio«, sagte Brunetti ruhig, »schicken Sie die Akte nach Ferrara, ja?«
    »Si, Dottore«, antwortete er und legte auf.
    Umweltforscher verkündeten unermüdlich, die Stadt werde in wenigen Jahren im Wasser versinken: Was genau unter »wenigen Jahren« zu verstehen sei, blieb offen, aber an der eigentlichen Voraussage zweifelte niemand. Wann, fragte sich Brunetti, wird das ganze Land in Papier versinken? Die Räume im hinteren Teil des Erdgeschosses waren bereits mit [148]  Metallregalen voller Akten zugestellt, die vom Boden bis zehn Zentimeter unter die Decke reichten. Dem acqua alta vor drei Jahren waren die unteren zwei Regalreihen zum Opfer gefallen, lange bevor sie ins Computersystem eingegeben werden konnten, und damit war dieser Teil der Kriminalakten für immer verloren. Vielleicht hatte Tomasini gar nicht so unrecht: Eine Ausstellung auf der Biennale war auch nicht vergänglicher als die Akten unten im Erdgeschoss.
    Sein Telefon klingelte. »Ich habe mit ihnen gesprochen, Commissario«, sagte Signorina Elettra. »Soll ich

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