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Commissario Brunettis zwanzigster Fall - Reiches Erbe

Commissario Brunettis zwanzigster Fall - Reiches Erbe

Titel: Commissario Brunettis zwanzigster Fall - Reiches Erbe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donna Leon
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raufkommen?«
    »Ja. Bitte.«
    Sie brachte Blumen mit. »Ich fürchte, ich habe heute früh etwas übertrieben, Dottore«, sagte sie. »Wenn Sie nichts dagegen haben, stelle ich Ihnen welche hierhin.« Die Blüten sahen aus wie große Gänseblümchen, weiß und gelb, und machten den Raum gleich etwas freundlicher. Sie stellte die Vase auf seinen Schreibtisch, trat mit kritischem Blick zurück und trug sie dann zum Fensterbrett. Endlich zufrieden, nahm sie auf einem Stuhl vor seinem Schreibtisch Platz.
    »Ich habe die Handynummer der Leiterin ermittelt«, sagte sie und legte ihm einen Zettel hin. »Maddalena Orsoni. Eine sehr kluge Frau.«
    »Klug genug wofür?«, fragte Brunetti.
    »Um sich zu fragen, warum die Polizei sich für Signora Altavilla interessiert. Und für ihren Tod.«
    »Und wenn ich sage, das sei nur Routine?«
    »Wird sie Ihnen nicht glauben«, meinte Signorina Elettra. »Sie schlägt sich seit Jahren mit den Behörden herum, aber auch mit sozialen Einrichtungen und mit den Männern, vor [149]  denen diese Frauen sich verstecken. Also erkennt sie einen Lügner schon von weitem und wird Ihnen vermutlich keinen Glauben schenken.«
    »Und wenn ich über ihren Tod die Wahrheit sage?«
    »Commissario, sogar ich habe den Verdacht, dass Sie um den heißen Brei herumreden.«
    Brunetti überlegte, ob er jetzt böse werden sollte, ließ den Gedanken aber fallen. Lieber wartete er ab, was sie noch zu sagen hatte.
    »Bedenken Sie, Signore, der einzige notorische Lügner, mit dem ich zu tun habe, ist Tenente Scarpa, also konnte ich meine Fähigkeiten nicht besonders entwickeln. Maddalena hingegen schon«, sagte sie. Ihr Seitenhieb gegen den Tenente machte Brunetti nicht zum ersten Mal unsicher, wie er mit ihrer Kritik an Vorgesetzten umgehen sollte.
    »Wenn Sie meinen, dass ich nicht mit ihr reden sollte, wie kann ich sie dann um Auskunft über Signora Altavilla bitten?«, fragte er, ohne weiter auf Tenente Scarpa einzugehen.
    »Ich fürchte«, antwortete sie lächelnd, »wir reden aneinander vorbei, Commissario. Ich habe nicht gesagt, Sie sollen nicht mit ihr reden. Nur, Sie sollen ihr keine Lügen auftischen. Wenn Sie ihr gegenüber aufrichtig sind, wird sie es auch sein.«
    »So gut kennen Sie sie?«, fragte er.
    »Nein. Aber ich kenne Leute, die sie so gut kennen.«
    »Verstehe«, sagte er und ließ es dabei bewenden. Er nahm den Zettel, bedeutete ihr, sitzen zu bleiben, und wählte die Nummer.
    Beim dritten Läuten meldete sich eine Frau mit einem schlichten »Si?«.
    »Signora Orsoni«, sagte er, »hier spricht Commissario [150]  Guido Brunetti.« Er wartete, ob sie, wie viele Leute, jetzt fragen würde, was denn die Polizei von ihnen wolle, aber sie blieb stumm.
    »Ich rufe wegen einer Frau an, die für Alba Libera gearbeitet hat.« Sie schwieg weiter. »Costanza Altavilla.«
    Diesmal nahm Brunetti sich vor, nichts weiter zu sagen; er wartete, und schließlich fragte sie: »Wie kann ich Ihnen behilflich sein, Commissario?« An ihrer gedämpften Stimme war weder ihr Alter noch irgendein Akzent zu erkennen. Mehr, als dass sie gepflegtes Italienisch sprach, war vorläufig nicht auszumachen.
    »Ich möchte mit Ihnen über Signora Altavilla sprechen.«
    »Zu welchem Zweck?«, fragte sie sachlich, allenfalls etwas neugierig.
    Er brach alle Brücken hinter sich ab. »Um herauszufinden, ob es Anlass gibt, sich näher mit ihrem Tod zu beschäftigen«, erklärte er.
    Erst mit einiger Verzögerung fragte sie mit immer noch vollkommen neutraler Stimme: »Heißt das, die Zeitungen haben etwas Falsches berichtet und es war kein Herzversagen, Commissario?«
    »Nein, nein, es steht zweifelsfrei fest, dass sie an einem Herzversagen gestorben ist«, sagte er. Und als das klargestellt war, fügte er hinzu: »Mich interessieren die Umstände, die das Herzversagen herbeigeführt haben könnten.«
    Er sah nach Signorina Elettra, die sich alle Mühe gab, einen gleichgültigen Eindruck zu machen.
    »Und Sie würden gern mit mir sprechen?«, fragte Signora Orsoni.
    »Ja.«
    [151]  »Ich bin zurzeit nicht in der Stadt«, sagte sie.
    »Wann kommen Sie zurück?«
    »Vielleicht morgen.«
    »Und wenn ich behaupten würde, dass ich Sie dringend sprechen muss?«, fragte Brunetti.
    »Dann würde ich behaupten, was ich zu tun habe, ist ebenfalls dringend«, erklärte sie, ohne das weiter auszuführen.
    Patt. »Dann melde ich mich wieder«, sagte Brunetti so freundlich, als wollte er sie zum Essen einladen.
    »Gut«, sagte sie und legte

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