Commissario Montalbano 01 - Die Form des Wassers
die gleichen, die mir als Mann der Unterwelt gekommen sind. Und du wolltest nur wissen, ob sie übereinstimmen, richtig, Salvo?«
»Ja, du hast den Nagel auf den Kopf getroffen.«
»Selten, daß ich mich täusche, bei dir. Leb wohl denn.«
»Danke«, sagte Montalbano.
Der Commissario fuhr als erster los, doch kurz darauf überholte ihn sein Freund und gab ihm Zeichen, langsamer zu fahren. »Was willst du denn?«
»Ich weiß wirklich nicht, wo mir manchmal der Kopf steht. Ich wollte es dir eben schon sagen. Weißt du, daß du wirklich nett ausgesehen hast, heute nachmittag an der Mànnara, Hand in Hand mit der Inspektorin Ferrara?« Er beschleunigte, legte einen Sicherheitsabstand zwischen sich und den Commissario, dann hob er einen Arm, um ihm zum Abschied zu winken.
Als Montalbano zu Hause ankam, machte er sich ein paar Notizen über das, was Gegè ihm berichtet hatte. Bald aber konnte er vor Müdigkeit kaum noch die Augen offenhalten. Er blickte auf die Uhr, sah, daß es kurz nach eins war, und ging schlafen. Das energische Läuten der Türklingel weckte ihn, er sah wieder auf die Uhr, es war Viertel nach zwei. Er stand mühsam auf. Kurz nach dem Einschlafen geweckt, hatte er immer langsame Reflexe.
»Wer zum Teufel ist das denn, um diese Uhrzeit?«
So wie er war, nur mit einer Unterhose bekleidet, ging er die Tür öffnen.
»Ciao«, begrüßte Anna ihn.
Das hatte er völlig vergessen, das Mädchen hatte ihm gesagt, es würde um diese Zeit zu ihm kommen. Anna musterte ihn mit neugierigen Blicken.
»Ich sehe, du bist in der richtigen Aufmachung«, sagte sie und trat ein.
»Sag mir, was du mir sagen mußt, und dann schleich dich heim, ich bin todmüde.«
Montalbano war wirklich verärgert über die Ruhestörung.
Er ging ins Schlafzimmer, zog Hose und Hemd über und kehrte ins Eßzimmer zurück. Anna stand jedoch bereits in der Küche vor dem offenen Kühlschrank und biß in ein Brötchen mit Schinken.
»Ich sterbe fast vor Hunger.«
»Sprich, während du ißt.«
Montalbano stellte die neapolitanische Kaffeemaschine aufs Gas.
»Machst du dir einen Kaffee? Um diese Uhrzeit? Kannst du denn dann noch einschlafen?«
»Anna, ich bitte dich!«
Er schaffte es einfach nicht, nett und freundlich zu sein.
»Ist ja schon gut! Heute nachmittag habe ich von einem Kollegen, der seinerseits von einem Vertrauensmann informiert wurde, erfahren, daß seit gestern morgen, also Dienstag, ein Typ sämtliche Juweliere, Hehler, alle illegalen und offiziellen Pfandleihhäuser abklappert und jeden auffordert, ihn sofort zu verständigen, wenn jemand käme, um ein bestimmtes Schmuckstück zu verkaufen oder zu verpfänden. Es handelt sich um eine Art Collier. Die Kette ist aus Massivgold, der Anhänger in Herzform ist mit Brillanten besetzt. Diese Dinger gibt's im Kaufhaus für zehntausend Lire. In unserem Fall aber handelt es sich um ein echtes Stück.«
»Und wie sollen sie ihn verständigen, mit einem Anruf?«
»Red keinen Unsinn. Mit einem bestimmten Zeichen, was weiß ich, der eine hängt ein grünes Tuch ins Fenster, ein anderer klemmt eine Zeitung an die Haustür oder ähnliches. Ganz schön schlau, so sieht er alles, ohne selbst gesehen zu werden.«
»Einverstanden, aber mir…«
»Laß mich ausreden. So wie der sich ausdrückte und auftrat, hielten die angesprochenen Leute es für ratsam, zu tun, was er sagte. Dann haben wir erfahren, daß gleichzeitig noch andere Personen in allen Ortschaften der Provinz, Vigàta eingeschlossen, sämtliche in Frage kommenden Läden und Geschäfte abgeklappert haben. Woraus zu schließen ist, daß derjenige, der die Kette verloren hat, sie unbedingt zurückhaben möchte.«
»Ich kann daran nichts Ungewöhnliches finden. Warum sollte mich das Ganze deiner Meinung nach interessieren?«
»Weil der Mann einem Hehler aus Montelusa gesagt hat, daß die Kette wahrscheinlich in der Nacht von Sonntag auf Montag an der Mànnara verloren wurde. Interessiert dich das Ganze jetzt?«
»Bis zu einem gewissen Punkt.«
»Ich weiß, es kann reiner Zufall sein und mit dem Tod Luparellos überhaupt nichts zu tun haben.«
»Danke jedenfalls. Jetzt geh aber heim, es ist spät.«
Der Kaffee war fertig, Montalbano goß sich eine Tasse ein, und natürlich nutzte Anna die Situation aus. »Und ich bekomme nichts?«
Mit Engelsgeduld füllte der Commissario eine weitere Tasse und reichte sie ihr. Anna gefiel ihm, aber warum wollte sie nicht endlich begreifen, daß er in eine andere Frau verliebt
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