Commissario Montalbano 01 - Die Form des Wassers
nicht an einem Strand wie diesem hier, und mußt Gas geben, um aufzuholen. Ich weiß nicht, ob ich mich klar ausdrücke.«
»Du drückst dich bestens aus. Wer zum Beispiel nach der Abfahrt mit kaputten Stoßdämpfern unten am Strand ankommt, der ist schlicht unfähig.«
Als sie an der Mànnara angelangt waren, bog Montalbano rechts ab.
»Siehst du den großen Strauch dort hinten? Da haben sie Luparello gefunden.«
Ingrid sagte nichts, sie zeigte nicht einmal Neugier. Es war wenig los an diesem Abend. Sie fuhren den Feldweg unterhalb der Fabrikmauer entlang. »Hier hat die Frau, die mit Luparello zusammen war, die Kette verloren und die Umhängetasche über die Mauer geworfen.«
»Meine Tasche.«
»Ja.«
»Ich war es nicht«, murmelte Ingrid, »und ich schwöre dir, daß ich von dieser ganzen Geschichte nicht das geringste kapiere.«
Als sie schließlich Montalbanos Haus erreichten, hatte Ingrid Mühe, aus dem Wagen zu steigen. Der Commissario mußte sie mit einem Arm um die Taille fassen, während sie sich auf seine Schulter stützte. Kaum waren sie drinnen, ließ die Frau sich in den erstbesten Sessel fallen.
»O Gott! Jetzt tut es aber wirklich weh.«
»Geh nach nebenan und zieh dir die Hose aus, dann kann ich dir einen Verband anlegen.«
Ingrid stand jammernd auf, bewegte sich humpelnd vorwärts und stützte sich dabei auf Möbeln und an den Wänden ab.
Montalbano rief im Kommissariat an. Fazio berichtete ihm, daß der Tankwart sich an alles erinnert habe. Er hatte den Mann am Steuer, den sie hatten umbringen wollen, einwandfrei identifiziert. Es handelte sich um Turi Gambarella, einen der Cuffaros, wie sich herausstellte.
»Galluzzo«, fuhr Fazio fort, »ist zu Gambardella nach Hause gegangen. Seine Frau sagt, daß sie ihn seit zwei Tagen nicht gesehen hat.«
»Ich hätte die Wette mit dir gewonnen«, entgegnete der Commissario.
»Warum? Glauben Sie ernsthaft, ich wäre so dämlich gewesen und hätte angebissen?«
Er hörte im Bad das Wasser rauschen. Ingrid schien zu der Sorte Frau zu gehören, die einfach nicht widerstehen können, wenn sie eine Dusche sehen. Er wählte Gegès Nummer, die vom Handy. »Bist du allein? Kannst du reden?«
»Was das Alleinsein betrifft, ja. Was das Reden anbelangt, kommt darauf an.«
»Ich muß dich nur nach einem Namen fragen. Es ist eine Information, die dich nicht kompromittieren wird, klar? Aber ich will eine genaue Antwort.«
»Welchen Namen?«
Montalbano erklärte es ihm, und Gegè hatte keinerlei Schwierigkeiten, ihm den Namen zu nennen. Zur Krönung fügte er sogar einen Spitznamen hinzu.
Ingrid hatte sich auf dem Bett ausgestreckt. Sie hatte sich in ein großes Handtuch gehüllt, das allerdings herzlich wenig bedeckte.
»Entschuldige, aber ich schaffe es nicht, mich hinzustellen.«
Montalbano holte eine Salbe und eine Mullbinde aus dem Badezimmerschränkchen hervor. »Her mit dem Fuß!«
Bei der Bewegung verrutschte das Handtuch und gab den Blick auf ihren winzigen Slip und eine Brust frei. Sie sah aus wie von einem Künstler gemalt, der etwas von Frauen verstand. Die Brustwarze guckte sich wie neugierig in der fremden Umgebung um. Auch dieses Mal war dem Commissario sehr wohl bewußt, daß Ingrid mit ihrem Verhalten nicht die geringste Absicht hegte, ihn zu verführen, und er war ihr dankbar dafür. »Glaub mir, gleich wirst du dich besser fühlen«, sagte er zu ihr, nachdem er ihr den Knöchel mit der Salbe eingerieben und ihn straff verbunden hatte. Die ganze Zeit über hatte Ingrid den Commissario nicht aus den Augen gelassen.
»Hast du einen Whiskey da? Dann bring mir bitte ein halbes Glas ohne Eis.«
Es war, als würden sie sich schon ein ganzes Leben lang kennen. Nachdem er ihr das Glas gereicht hatte, holte Montalbano einen Stuhl und setzte sich zu ihr ans Bett.
»Weißt du was, Commissario?« sagte Ingrid, während sie ihn mit ihren strahlenden grünen Augen anschaute. »Du bist der erste echte Mann, den ich hier seit fünf Jahren treffe.«
»Besser als Luparello?«
»Ja.«
»Danke. Und jetzt beantworte mir meine Fragen.«
»Schieß los.«
Montalbano wollte gerade den Mund öffnen, als es an der Tür klingelte. Er erwartete niemanden und ging erstaunt aus dem Zimmer, um zu öffnen. Vor der Tür stand Anna, in Zivil, und lächelte ihn an. »Überraschung!«
Sie schob ihn beiseite und trat ein. »Danke für deine überschwengliche Begeisterung. Wo warst du denn den ganzen Abend? Im Kommissariat haben sie mir gesagt, du seist hier.
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