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Commissario Montalbano 01 - Die Form des Wassers

Commissario Montalbano 01 - Die Form des Wassers

Titel: Commissario Montalbano 01 - Die Form des Wassers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Camilleri
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mehr hatte.«
    »Und wie kommt's, daß du sie an jenem Abend überhaupt umgelegt hast, wo du dir doch aus Schmuck gar nichts machst? Sie scheint mir nicht gerade geeignet für die Mànnara.«
    Ingrid zögerte.
    »Ich hatte sie um, weil ich am Nachmittag mit einer Freundin zusammen war, die sie sehen wollte.«
    »Paß mal auf«, sagte Montalbano, »eine Bemerkung muß ich vorausschicken. Ich spreche durchaus als Commissario mit dir, wenn auch offiziös. Habe ich mich verständlich ausgedrückt?«
    »Nein. Was heißt das, offiziös? Das Wort kenne ich nicht.«
    »Das heißt, daß das, was du mir sagst, unter uns bleiben wird. Warum hat sich dein Mann gerade Rizzo als Anwalt genommen?«
    »Sollte er das etwa nicht?«
    »Nein, zumindest leuchtet es nicht ganz ein. Rizzo war immerhin die rechte Hand des Ingegnere Luparello, das heißt, er war der größte politische Gegner deines Schwiegervaters. Übrigens, kanntest du Luparello?«
    »Vom Sehen. Rizzo war schon immer Giacomos Anwalt. Und ich habe von Politik nicht den leisesten Schimmer.«
    Sie streckte sich, die Arme nach hinten gebogen. »Ich langweile mich. Schade. Ich dachte, daß ein Treffen mit einem Polizisten aufregender sei. Dürfte ich vielleicht wissen, wohin wir fahren? Ist es noch sehr weit?«
    »Wir sind fast da«, entgegnete Montalbano.
    Kaum hatten sie die Kurve von Sanfilippo hinter sich gelassen, als die Frau nervös wurde. Zwei- oder dreimal beobachtete sie den Commissario aus den Augenwinkeln und murmelte dann: »In dieser Gegend gibt es doch gar keine Bars.«
    »Ich weiß«, sagte Montalbano, und während er die Geschwindigkeit verringerte, griff er nach der Umhängetasche, die er hinter den Beifahrersitz gelegt hatte, auf dem nun Ingrid saß. »Ich möchte dir gerne etwas zeigen.«
    Er legte ihr die Tasche auf die Knie. Die Frau betrachtete sie und schien tatsächlich überrascht. »Wo hast du die denn her?«
    »Ist das deine?«
    »Natürlich ist das meine, sie trägt meine Initialen.«
    Als sie sah, daß die beiden Buchstaben fehlten, war sie noch verblüffter.
    »Die werden abgefallen sein«, sagte sie leise, aber sie war nicht überzeugt davon. Sie verlor sich in einem Labyrinth von Fragen ohne Antworten. Sie wurde unruhig, das war offensichtlich.
    »Deine Initialen sind immer noch da, du kannst sie nur nicht erkennen, weil es dunkel ist. Sie haben sie abgerissen, aber ihr Abdruck ist auf dem Leder geblieben.«
    »Aber warum haben sie sie abgerissen? Und wer überhaupt?«
    Ein Hauch von Ängstlichkeit schwang nun in ihrer Stimme. Der Commissario gab keine Antwort, wußte aber nur zu gut, warum dies geschehen war. Nämlich um den Eindruck zu erwecken, daß Ingrid versucht hatte, die Tasche unkenntlich zu machen. Sie waren an dem Feldweg angelangt, der zum Capo Massaria führte. Montalbano, der beschleunigt hatte, als wolle er geradeaus weiterfahren, warf das Steuer herum und bog ein. Im Nu und ohne ein Wort zu sagen, riß Ingrid die Wagentür auf, ließ sich geschickt aus dem fahrenden Auto fallen und entfloh zwischen die Bäume. Laut fluchend bremste der Commissario, sprang hinaus und lief hinter ihr her. Nach wenigen Sekunden wurde ihm klar, daß er sie niemals einholen würde, und er blieb unentschlossen stehen. In dem Moment sah er sie stürzen. Als er neben ihr stand, unterbrach Ingrid, die sich nicht mehr aufrichten konnte, ihr Selbstgespräch auf schwedisch, das unzweideutig Angst und Wut ausdrückte. »Verdammter Mist, verdammter!«
    Sie massierte sich immer noch den rechten Knöchel. »Steh auf, und hör endlich auf mit dem Scheiß!«
    Sie gehorchte unter Mühen, zog sich an Montalbano hoch, der reglos stehengeblieben war, ohne ihr zu helfen.
    Das Tor öffnete sich leicht, die Haustür hingegen leistete Widerstand.
    »Laß mich das machen«, sagte Ingrid. Sie war ihm ohne weiteren Widerstand gefolgt, als hätte sie sich ergeben. Aber sie hatte sich bereits einen Plan zu ihrer Verteidigung zurechtgelegt.
    »Da drinnen wirst du sowieso nichts finden«, sagte sie an der Türschwelle. Ihre Stimme hatte einen herausfordernden Unterton.
    Sie knipste das Licht an und bewegte sich auf wackligen Beinen, aber selbstsicher. Als sie jedoch die Möbel, die Videokassetten, das vollständig eingerichtete Zimmer sah, stand ihr die Verblüffung ins Gesicht geschrieben. Eine Falte legte sich ihr quer über die Stirn. »Sie hatten mir doch gesagt…«
    Sie beherrschte sich augenblicklich und hielt inne. Sie zog die Schultern hoch und blickte Montalbano an,

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