Commissario Montalbano 02 - Der Hund aus Terracotta
geliefert worden war.«
»Schon, aber warum sorgen sie dann dafür, daß alles gefunden wird?«
Das war der Haken. Montalbano zögerte, er wollte es vermeiden, Lacommares Neugierde zu befriedigen.
» Ma si può sapiri cu minchia è ?« ließ sich wieder die Frau vernehmen, die mittlerweile stinksauer war.
Sie mußte sehr gute Ohren haben, die Signora Lacommare. Montalbano nutzte die Gelegenheit, um zu gehen, was er wissen wollte, das wußte er jetzt.
»Meine Empfehlungen an die werte Gattin«, sagte er und ging die Treppe hinunter.
Kaum am Tor angekommen, sprang er wie ein Gummiball wieder hinauf und klingelte noch mal.
»Schon wieder Sie?« Lacommare hatte inzwischen die Milch getrunken, war aber immer noch in Unterhosen.
»Ich habe was vergessen, entschuldigen Sie. Sind Sie sicher, daß der Lastwagen nach dem Entladen völlig leer war?«
»Das habe ich nicht gesagt. Etwa fünfzehn große Kolli waren noch drin, der Fahrer sagte, sie seien für den Supermarkt in Trapani, der geschlossen hatte.«
» Ma chi è stamatina stu scassamento di minchia?« heulte drinnen Signora Carmilina, und Montalbano verschwand grußlos.
»Ich glaube, ich weiß jetzt ziemlich genau, auf welchem Weg die Waffen in die Grotte gekommen sind. Hören Sie zu, Signor Questore: Die Waffen kommen also von irgendwoher auf der Welt – wie, weiß ich noch nicht – zur Firma Brancato in Catania, die sie einlagert und in große Kartons verpackt, auf denen der Firmenname steht, als enthielten sie gewöhnliche Haushaltsgeräte, die für die Supermärkte bestimmt sind. Wenn die Bestellung eintrifft, laden die Leute von Brancato die Waffenkartons zusammen mit den anderen Kisten auf. Vorsichtshalber tauschen sie irgendwo auf der Strecke zwischen Catania und Caltanissetta den Firmenlaster gegen einen Lastwagen aus, den sie vorher gestohlen haben. Falls die Waffen entdeckt werden, kann die Firma Brancato behaupten, sie habe nichts damit zu tun, sie wisse nichts von diesen Schiebereien, der Lastwagen gehöre ihr nicht und sie sei vielmehr selbst Opfer eines Diebstahls. Der gestohlene Laster beginnt seine Tour, bringt die – wie soll ich sagen – sauberen Kartons in die verschiedenen Supermärkte, die er zu beliefern hat, und macht sich dann auf den Weg nach Vigàta. Doch bevor er dort ankommt, hält er mitten in der Nacht am Crasticeddru und lädt die Waffen an der Grotte ab. Am frühen Morgen – so hat es mir Direttore Lacommare erklärt – liefern sie die letzten Kolli an Ingrassias Supermarkt und fahren dann wieder ab. Auf dem Rückweg nach Catania wird der gestohlene Lastwagen gegen den echten Firmenlaster ausgetauscht, und der fährt zur Zentrale zurück, als hätte er seine Tour erledigt. Wahrscheinlich stellen sie jedesmal den Kilometerzähler entsprechend ein. Diesen kleinen Scherz treiben sie jetzt schon seit drei Jahren, denn Jacomuzzi hat uns gesagt, daß die Grotte vor etwa drei Jahren eingerichtet wurde.«
»Was Sie mir da berichten«, sagte der Questore, »ist von der üblichen Vorgehensweise her völlig einleuchtend. Aber das Theater mit dem fingierten Diebstahl verstehe ich immer noch nicht.«
»Sie waren praktisch dazu gezwungen. Erinnern Sie sich an diese Schießerei zwischen einer Carabinieristreife und drei Ganoven in der Gegend von Santa Lucia? Ein Carabiniere wurde verletzt.«
»Ich erinnere mich, aber was hat das damit zu tun?«
»Die lokalen Radiosender brachten die Nachricht gegen einundzwanzig Uhr, und da war der Laster gerade auf dem Weg zum Crasticeddru. Santa Lucia ist höchstens zwei, drei Kilometer vom Ziel der Schmuggler entfernt, die die Meldung im Radio gehört haben müssen. Es wäre nicht klug gewesen, an einer einsamen Stelle irgendeiner Streife zu begegnen, inzwischen war ja jede Menge Polizei am Schauplatz der Schießerei. Also beschlossen sie, nach Vigàta weiter zufahren. Sie rechneten zwar damit, unterwegs in eine Kontrolle zu geraten, aber das war in diesem Augenblick das kleinere Übel, und sie hatten gute Chancen, ungeschoren davonzukommen.
So war es dann auch. Sie kommen also viel zu früh an und erzählen die Geschichte mit dem geschlossenen Supermarkt in Trapani. Ingrassia, der über den Zwischenfall natürlich informiert war, läßt entladen, und die Leute behaupten, nach Catania zurückzufahren. Sie haben noch die Waffen an Bord, die Kisten, die für den Supermarkt in Trapani bestimmt seien, wie sie Direttore Lacommare erzählen. Der Laster wird schließlich unweit von Vigàta auf einem
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