Commissario Montalbano 04 - Die Stimme der Violine
sie ihn noch nie reden hören, sie musterten ihn verwirrt und hielten den Atem an.
»Heute Nacht habe ich darüber nachgedacht und eine Entscheidung getroffen. Ich übernehme den Fall wieder.«
Applaus von allen Seiten. Montalbano verpackte seine Rührung natürlich in Spott.
»Ich hab euch doch schon gesagt, dass ihr Hornochsen seid, oder wollt ihr das noch mal hören?«
»Die Ermittlungen«, fuhr er fort, »sind inzwischen abgeschlossen. Wir müssen uns also, wenn ihr alle einverstanden seid, sozusagen unter Wasser vorwärtsbewegen, nur das Periskop darf rausschauen. Ich muss euch warnen: Wenn Montelusa das erfährt, könnte es passieren, dass jeder von uns ernsthafte Schwierigkeiten kriegt.«
»Commissario Montalbano? Hier ist Emanuele Licalzi.«
Montalbano fiel ein, dass Catarella ihm am Abend vorher gesagt hatte, der Dottore habe angerufen. Er hatte es vergessen.
»Bitte entschuldigen Sie, aber gestern Abend war …«
»Um Himmels willen, ich bitte Sie. Außerdem hat sich die Situation zwischen gestern Abend und heute geändert.«
»Inwiefern?«
»Insofern, als mir gestern am späten Nachmittag versichert wurde, ich könne Mittwochmorgen mit der armen Michela nach Bologna. Heute früh bekam ich einen Anruf von der Questura, und man hat mir gesagt, es müsse verschoben werden, die Trauerfeier könne erst am Freitag stattfinden.
Da habe ich beschlossen, abzureisen und Donnerstagabend wiederzukommen.«
»Dottore, Sie wissen bestimmt schon, dass der Fall -«
»Ja, natürlich, aber es geht nicht um den Fall. Erinnern Sie sich, dass wir von dem Wagen sprachen, dem Twingo? Kann ich wegen des Verkaufs schon mit jemandem reden?«
»Dottore, wir machen Folgendes. Ich lasse den Wagen persönlich zu einem Mechaniker unseres Vertrauens bringen, wir haben den Schaden verursacht, und wir bezahlen ihn auch. Wenn Sie möchten, kann ich unserem Mechaniker den Auftrag geben, einen Käufer zu suchen.«
»Sie sind ein netter Mensch, Commissario.«
»Eine Frage noch: Was haben Sie mit der Villa vor?«
»Die werde ich auch verkaufen.«
»Ich bin's, Nicolò. Quod erat demonstrandum.«
» Und das heißt?«
»Giudice Tommaseo hat mich für heute Nachmittag um vier vorgeladen.«
»Und was will er von dir?«
»Du bist unmöglich! Erst legst du mir diese Schlinge um den Hals, und dann mangelt's dir an Fantasie? Er wird mich beschuldigen, ich hätte der Polizei wertvolle Zeugenaussagen vorenthalten. Und wenn er dann erfährt, dass ich von einem der beiden Zeugen gar nicht weiß, wer es ist, dann sitze ich schön in der Scheiße, der ist doch fähig und locht mich ein!«
»Halt mich auf dem Laufenden.«
»Klar! Dann besuchst du mich einmal in der Woche und bringst mir Orangen und Zigaretten.«
»Hör mal, Galluzzo, ich müsste mit deinem Schwager reden, dem Journalisten von >Televigàta<.«
»Ich verständige ihn sofort, Commissario.«
Galluzzo wollte schon gehen, aber die Neugierde war stärker als er.
»Aber wenn es was ist, was ich auch wissen darf -«
»Gallu, du darfst nicht nur, du musst es sogar wissen.
Ich brauche deinen Schwager, er muss in der Licalzi-Geschichte mit uns zusammenarbeiten. Da wir nicht offen arbeiten können, brauchen wir Unterstützung durch die privaten Sender. Es muss so aussehen, als würden sie aus Eigeninitiative tätig, verstehst du, was ich meine?«
»Vollkommen.«
»Glaubst du, dein Schwager ist bereit, uns zu helfen?« Galluzzo musste lachen.
»Dottore, wenn Sie den bitten, im Fernsehen zu sagen, man hätte herausgefunden, dass der Mond aus Ricotta besteht, dann sagt er das. Wissen Sie eigentlich, dass er furchtbar neidisch ist?«
»Auf wen denn?«
»Auf Nicolò Zito, Dottore. Er sagt, dass Sie Zito so respektvoll behandeln.«
»Das stimmt. Gestern Abend hat Zito mir einen Gefallen getan, und jetzt sitzt er in der Patsche.«
»Und mit meinem Schwager wollen Sie das genauso machen?«
»Wenn er mag -«
»Sagen Sie mir, was Sie von ihm wollen, kein Problem.«
»Dann sag du ihm, was er tun muss. Ecco, nimm das hier mit. Es ist ein Foto von Michela Licalzi.«
»Mizzica, war die schön!«
»Dein Schwager müsste in der Redaktion ein Foto von Maurizio Di Blasi haben, ich glaube, ich habe es gesehen, als sie über seine Erschießung berichteten. In den Dreizehn-UhrNachrichten und auch in den Abendnachrichten muss dein Schwager die beiden Fotos nebeneinander zeigen, in ein und demselben Bildausschnitt. Er muss sagen, dass es eine zeitliche Lücke von fünf Stunden gibt, und
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