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Commissario Montalbano 04 - Die Stimme der Violine

Commissario Montalbano 04 - Die Stimme der Violine

Titel: Commissario Montalbano 04 - Die Stimme der Violine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Camilleri
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zwar zwischen halb acht am Mittwochabend, als Michela Licalzi sich von einer Freundin trennte, und kurz nach Mitternacht, als sie gesehen wurde, wie sie in Begleitung eines Mannes zu ihrem Haus ging, und dein Schwager deshalb gern wüsste, ob jemand über den Aufenthalt von Michela Licalzi in diesen Stunden Auskunft geben kann. Noch besser: ob und wo jemand sie in dieser Zeit in Begleitung von Maurizio gesehen hat. Klar?«
    »Völlig klar.«
    »Ab sofort biwakierst du bei >Televigàta<.«
    »Was heißt das?«
    »Das heißt, dass du dort bleibst, als wärst du ein Redakteur.
    Sobald jemand auftaucht und etwas melden will, sollen sie ihn gleich zu dir bringen, rede du mit ihm. Und dann berichtest du mir.«
    »Salvo? Hier ist Nicolò Zito. Ich muss dich noch mal stören.«
    »Neuigkeiten? Haben die Carabinieri dich am Wickel?«
    Nicolò hatte anscheinend überhaupt keine Lust auf einen kleinen Scherz.
    »Kannst du umgehend in die Redaktion kommen?«
    Montalbano staunte nicht schlecht, als er in Nicolòs Büro Avvocato Orazio Guttadauro antraf, einen umstrittenen Strafrechtler, Verteidiger aller Mafiosi inner- und außerhalb der Provinz.
    »Za billizza del commissario Montalbano, unser Prachtstück!«, rief der Avvocato, als er ihn eintreten sah. Nicolò schien ein bisschen verlegen.
    Der Commissario sah den Journalisten fragend an: Warum hatte er ihn im Beisein von Guttadauro angerufen? Zito sprach die Antwort laut aus:
    »Der Avvocato ist der Signore, der auf der Jagd war und gestern angerufen hat.«
    »Ah«, meinte der Commissario. Je weniger man mit Guttadauro redete, desto besser war es, er war nicht gerade der Typ, mit dem man gern sein Brot teilte.
    »Ich habe mich bei den Worten, die unser verehrter Redakteur hier«, begann der Avvocato in demselben Ton, in dem er auch vor Gericht redete, »zu meiner Definition im Fernsehen benutzt hat, wie ein Wurm gefühlt!«
    »Oddio, was habe ich denn gesagt?«, fragte Nicolò besorgt.
    »Folgende Ausdrücke haben Sie benutzt: unbekannter Jäger und anonymer Anrufer.«
    »Schon, aber was ist daran Beleidigendes? Es gibt ja auch den Unbekannten Soldaten -«
    »- und den anonymen venezianischen Meister«, sagte Montalbano, der sich zu amüsieren begann.
    »Also so was!«, fuhr der Avvocato fort, als hätte er nicht gehört. »Orazio Guttadauro stillschweigend der Feigheit bezichtigt? Das war unerträglich, und jetzt bin ich hier.«
    »Aber warum sind Sie zu uns gekommen? Es wäre doch Ihre Pflicht gewesen, nach Montelusa zu Dottor Panzacchi zu gehen und ihm zu sagen -«
    »Sie scherzen wohl, junger Mann?! Panzacchi war zwanzig Meter von mir entfernt und hat eine völlig andere Geschichte erzählt! Von uns beiden glauben die doch ihm! Wissen Sie, wie viele meiner Schützlinge, unbescholtene Bürger, durch das verlogene Geschwätz eines Polizisten oder eines carrabbinere kompromittiert und angeklagt wurden? Hunderte!«
    »Sagen Sie, Avvocato, worin unterscheidet sich Ihre Version des Tatbestands denn von der Dottor Panzacchis?«, fragte Zito, der es vor Neugierde nicht mehr aushielt.
    »In einem Detail, Verehrtester.«
    »Nämlich?«
    »Dass der junge Di Blasi unbewaffnet war.«
    »O nein! Das glaube ich nicht. Sie wollen behaupten, die Leute von der Mordkommission hätten kaltblütig geschossen, aus purem Vergnügen, einen Menschen umzubringen?«
    »Ich habe lediglich gesagt, dass Di Blasi unbewaffnet war, aber die anderen hielten ihn für bewaffnet, denn er hatte etwas in der Hand. Es war eben ein schreckliches Missverständnis.«
    »Was hatte er denn in der Hand?«
    Nicolò Zitos Stimme war scharf geworden.
    »Einen seiner Schuhe, mein Freund.«
    Während der Redakteur in seinem Stuhl zusammensank, fuhr der Avvocato fort.
    »Ich hielt es für meine Pflicht, diesen Umstand der Öffentlichkeit zur Kenntnis zu bringen. Ich denke, meine hohe Bürgerpflicht -«
    Da begriff Montalbano Guttadauros Spiel. Es war kein Mafiamord, und deshalb schädigte er mit seiner Zeugenaussage keinen seiner Schützlinge; er verschaffte sich den Ruf des mustergültigen Bürgers und brachte gleichzeitig die Polizei ins Gerede.
    »Ich hatte ihn auch am Tag vorher gesehen«, sagte der Avvocato.
    »Wen?«, fragten Zito und Montalbano wie aus einem Mund, sie waren in Gedanken versunken gewesen.
    »Di Blasi junior, wen sonst? Dort ist eine gute Gegend zum Jagen. Ich habe ihn von weitem gesehen, auch ohne Fernglas. Er humpelte. Er ging in die Höhle, dann setzte er sich in die Sonne und begann zu

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