Commissario Montalbano 04 - Die Stimme der Violine
will?«
»Sie ist für morgen Nachmittag um fünf angesetzt.«
»Gehst du hin?«
»Natürlich.«
»Du musst mir einen Gefallen tun. Frag Panzacchi, was das für eine Waffe war, mit der Maurizio Di Blasi sie bedroht hat. Und wenn er es dir gesagt hat, fragst du ihn, ob er sie dir zeigen kann.«
»Was steckt denn dahinter?«
»Das sage ich dir zu gegebener Zeit.«
»Salvo, darf ich was sagen? Wir alle hier sind überzeugt, dass Maurizio Di Blasi noch am Leben wäre, wenn du die Ermittlungen weiter geleitet hättest.« Erst Mimi, jetzt auch noch Nicolò. »Verpisst euch doch alle!«
»Danke, ich wollte gerade aufs Klo gehen. Denk dran, dass wir die Pressekonferenz live übertragen.«
Er setzte sich in die kleine Veranda, das Buch von Danevi in der Hand. Aber er konnte sich nicht konzentrieren. Ein Gedanke flirrte ihm durch den Kopf, derselbe, den er schon in der letzten Nacht gehabt hatte: Was war das Seltsame, Unstimmige nur gewesen, das er beim Lokaltermin in der Villa mit dem Dottore gesehen oder gehört hatte?
Die Pressekonferenz begann Schlag fünf, Bonetti-Alderighi war ein Pünktlichkeitsfanatiker (»sie ist die Höflichkeit der Könige«, sagte er immer wieder, sobald sich ihm die Gelegenheit dazu bot, sein Quäntchen Adel war ihm anscheinend zu Kopf gestiegen, und er sah sich mit gekröntem Haupt).
Zu dritt saßen sie hinter einem kleinen Tisch mit grünem Tischtuch, der Questore in der Mitte, zu seiner Rechten Panzacchi, zu seiner Linken Dottor Lattes. Hinter ihnen, stehend, die sechs Beamten, die an der Aktion teilgenommen hatten. Während die Beamten ernst und abgespannt aussahen, drückten die Gesichter der drei Chefs maßvolle Zufriedenheit aus, maßvoll deshalb, weil ein Töter im Spiel war.
Der Questore ergriff als Erster das Wort; er beschränkte sich darauf, Ernesto Panzacchi zu loben (»ein Mann, dem eine glänzende Zukunft bestimmt ist«), sich selbst bedachte er mit ein paar anerkennenden Worten für seine Entscheidung, die Ermittlungen dem Chef der Mordkommission übergeben zu haben, der »den Fall in vierundzwanzig Stunden lösen konnte, während andere Leute mit ihren antiquierten Methoden wer weiß wie lange dazu gebraucht hätten«.
Montalbano saß vor dem Fernseher und sah zu, ohne zu reagieren, nicht einmal im Geiste.
Dann ging das Wort an Ernesto Panzacchi, der exakt wiederholte, was der Commissario schon in dem Bericht von »Televigata« gehört hatte. Über Details ließ er sich nicht aus, anscheinend wollte er schnell weg.
»Hat noch jemand Fragen?«, fragte Dottor Lattes.
Einer hob den Finger.
»Ist es sicher, dass der Junge >bestraft mich< geschrien hat?«
»Absolut sicher. Zwei Mal. Alle haben es gehört.«
Er wandte sich um und sah die sechs Polizisten an, die zum Zeichen der Bestätigung den Kopf senkten: Sie wirkten wie Marionetten, die an Fäden bewegt wurden.
»Und in welchem Ton!«, setzte Panzacchi noch eins drauf.
»Ganz verzweifelt.«
»Was wird dem Vater vorgeworfen?«, fragte ein zweiter Journalist.
»Begünstigung«, sagte der Questore.
»Und vielleicht auch noch etwas anderes«, fügte Panzacchi mit geheimnisvoller Miene hinzu.
»Beihilfe zum Mord?«, wagte ein dritter zu fragen.
»Das habe ich nicht gesagt«, sagte Panzacchi barsch.
Schließlich meldete sich Nicolò Zito.
»Mit welcher Waffe hat Maurizio Di Blasi Sie bedroht?«
Die Journalisten, die nicht wussten, was geschehen war, merkten natürlich nichts, aber der Commissario sah deutlich, wie die sechs Beamten erstarrten und dem Chef der Mordkommission das schmale Lächeln aus dem Gesicht verschwand. Nur der Questore und der Chef des Stabes zeigten keine besondere Reaktion.
»Mit einer Handgranate«, sagte Panzacchi.
»Und wo soll er die hergehabt haben?«, hakte Zito nach.
»Nun, sie ist ein Überbleibsel aus dem Krieg, allerdings funktionstüchtig. Wir können uns vorstellen, wo er sie möglicherweise gefunden hat, das muss jedoch noch geprüft werden.«
»Können Sie sie uns zeigen?«
»Sie ist bei der Spurensicherung.«
Damit war die Pressekonferenz zu Ende.
Um halb sieben rief Montalbano Livia an. Das Telefon läutete lange, ohne dass abgenommen wurde. Er machte sich allmählich Sorgen. War sie vielleicht krank? Er rief Giovanna an, Livias Freundin und Arbeitskollegin, deren Nummer er hatte. Giovanna erzählte ihm, Livia sei wie immer zur Arbeit gekommen, aber sie, Giovanna, fand, sie sei sehr blass und nervös gewesen. Livia hatte ihr auch gesagt, sie habe den Telefonstecker
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