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Commissario Montalbano 05 - Das Spiel des Patriarchen

Commissario Montalbano 05 - Das Spiel des Patriarchen

Titel: Commissario Montalbano 05 - Das Spiel des Patriarchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Camilleri
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versehentlich nicht bezahlt hatten, hatten sie ihm einen Scheck über die doppelte Summe gegeben.«
    »Nenè hat also gearbeitet.«
    »Gearbeitet? Mit dem Geld, das er von der Firma Manzo bekam, hat er mehr oder weniger die Miete gezahlt! Und den Rest, wo hatte er den her?«
     
    Mimi Augello erschien in der Tür, als es schon dunkel war. Er hatte gerötete Augen. Montalbano dachte einen Augenblick, Mimi habe in einem Anfall von Reue geweint. Was übrigens gerade in war: Alle, vom Papst bis zum letzten Mafioso, bereuten irgendwas. Aber weit gefehlt! Denn Augello sagte als Erstes: »Ich seh schon gar nichts mehr vor lauter Lesen! Jetzt hab ich die Hälfte von Nenè Sanfilippos Briefen.«
    »Sind das nur Briefe von ihm?«
    »Von wegen! Das ist eine richtige Briefsammlung. Briefe von ihm und Briefe von der Frau, die aber nicht ihren Namen darunter setzt.«
    »Wie viele sind es denn?«
    »Jeweils um die fünfzig. Eine Zeit lang haben sie sich jeden zweiten Tag geschrieben - Sie machten es und beschrieben es.«
    »Ich verstehe gar nichts.«
    »Ich erklär's dir. Angenommen, am Montag waren sie zusammen im Bett. Am Dienstag schrieben sie sich gegenseitig einen Brief, in dem sie in allen Einzelheiten schilderten, was sie tags zuvor veranstaltet hatten. Aus ihrer und aus seiner Sicht. Am Mittwoch trafen sie sich wieder, und am nächsten Tag schrieben sie sich. Das sind total unanständige, schweinische Briefe, ab und zu bin ich rot geworden.«
    »Sind die Briefe datiert?«
    »Alle.«
    »Das überzeugt mich nicht. So wie unsere Post funktioniert, wie konnten die Briefe da pünktlich am nächsten Tag ankommen?« Mimi schüttelte den Kopf.
    »Ich glaube nicht, dass sie sie per Post geschickt haben.«
    »Wie denn dann?«
    »Sie haben sie sich nicht geschickt. Sie gaben sie sich persönlich, wenn sie sich trafen. Wahrscheinlich haben sie sie im Bett gelesen. Und danach haben sie gevögelt. Das ist sehr anregend.«
    »Mimi, man merkt, dass du von diesen Dingen was verstehst. Ist in den Briefen außer dem Datum auch vermerkt, woher sie kamen?«
    »Die von Nenè sind immer aus Vigàta. Die von der Frau sind aus Montelusa oder, seltener, aus Vigàta. Und das stützt meine Vermutung. Sie trafen sich sowohl hier als auch in Montelusa. Sie ist verheiratet. Beide erwähnen oft ihren Mann, nennen aber nie seinen Namen. Die Zeit ihrer häufigsten Treffen stimmt mit einer Auslandsreise des Ehemannes überein. Der, ich wiederhole, nie namentlich genannt wird.«
    »Ich hätte eine Idee, Mimi. Könnte es nicht sein, dass das alles Quatsch ist, eine Erfindung des Jungen? Könnte es nicht sein, dass diese Frau gar nicht existiert, dass sie ein Produkt seiner erotischen Fantasien ist?«
    »Ich glaube, dass die Briefe echt sind. Er hat sie in den Computer übertragen und die Originale zerstört.«
    »Was macht dich so sicher, dass die Briefe echt sind?«
    »Das, was sie schreibt. Ihre Briefe beschreiben haargenau, mit Details, die uns Männern im Traum nicht einfallen würden, was eine Frau bei der Liebe empfindet. Weißt du, sie machen es auf alle Arten, normal, oral, anal, in allen Stellungen, unter verschiedenen Umständen, und sie schreibt jedes Mal was Neues, was vollkommen Neues. Wenn der Junge sich das ausgedacht hätte, wäre er zweifellos ein großer Schriftsteller geworden.«
    »Wie weit bist du?«
    »Zwanzig Seiten noch. Dann mache ich mich an den Roman. Weißt du, Salvo, ich hätte da eine Idee, vielleicht weiß ich, wer die Frau ist.«
    »Wer denn?«
    »Es ist zu früh. Ich muss noch darüber nachdenken.«
    »Ich hätte auch eine Idee.«
    »Nämlich?«
    »Dass es sich um eine nicht mehr ganz junge Frau handelt, die sich einen zwanzigjährigen Liebhaber zugelegt hat. Und sie hat ihm einen Haufen Geld gezahlt.«
    »Einverstanden. Nur dass die Frau, wenn es die ist, die ich meine, noch nicht in die Jahre gekommen ist. Sie ist ziemlich jung. Und Geld war nicht im Spiel.«
    »Du denkst also an einen gehörnten Ehemann?«
    »Warum nicht?«
    »Vielleicht hast du ja Recht.«
    Nein, Mimi hatte nicht Recht. Montalbano roch es, spürte es, dass hinter dem Mord an Nenè Sanfilippo eine große Geschichte stecken musste. Warum stimmte er Mimis Hypothese dann zu? Um ihn bei der Stange zu halten? Wie hieß das noch mal? Ach ja: schmeicheln. Er schleimte sich auf unwürdige Art und Weise bei ihm ein. Vielleicht benahm er sich ja wie jener Zeitungsherausgeber, der in dem Film Extrablatt alle menschlichen und göttlichen Hebel in Bewegung setzte, damit

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