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Commissario Montalbano 05 - Das Spiel des Patriarchen

Commissario Montalbano 05 - Das Spiel des Patriarchen

Titel: Commissario Montalbano 05 - Das Spiel des Patriarchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Camilleri
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sein bester Journalist nicht in eine andere Stadt zog, der Liebe wegen. Es war eine Komödie mit Matthau und Lemmon, und er erinnerte sich, dass er sich halb totgelacht hatte. Wie kam es, dass er jetzt, als er daran dachte, nicht mal lächeln musste?
     
    »Livia? Ciao, wie geht's? Ich wollte dir zwei Fragen stellen und dir dann etwas sagen.«
    »Unter welchem Tagesordnungspunkt stehen die Fragen?«
    »Wie?«
    »Die Fragen. Unter welchem Tagesordnungspunkt stehen sie im Protokoll?«
    »Ach komm -«
    »Merkst du denn nicht, dass du mit mir redest, als wäre ich e ine Behörde?«
    »Entschuldige, ich hatte nicht die geringste Absicht -«
    »Los, stell die erste Frage.«
    »Livia, nimm an, wir haben miteinander geschlafen -«
    »Das geht nicht. Es ist zu lang her.«
    »Bitte, das ist eine ernsthafte Frage.«
    »Also gut, warte, ich muss meine Erinnerungen zusammensuchen. Ich hab's. Weiter.«
    »Würdest du mir am nächsten Tag einen Brief schreiben, in dem du all das schilderst, was du empfunden hast?« Es folgte eine so lange Pause, dass Montalbano dachte, Livia sei weg und habe ihn einfach sitzen lassen. »Livia? Bist du noch dran?«
    »Ich habe nachgedacht. Nein, ich persönlich würde das nicht tun. Aber andere Frauen in einem Anfall heftiger Leidenschaft vielleicht schon.«
    »Die zweite Frage ist folgende: Als Mimi Augello dir anvertraute, dass er die Absicht habe zu heiraten -«
    »Mein Gott, Salvo, du nervst vielleicht, wenn du's darauf anlegst!«
    »Lass mich ausreden. Hat er dir auch gesagt, dass er einen Antrag auf Versetzung würde stellen müssen? Hat er dir das gesagt?«
    Diesmal war die Pause noch länger als die erste. Aber Montalbano wusste, dass Livia noch am anderen Ende der Leitung war, ihr Atem war schwer geworden. Dann fragte sie kaum hörbar:
    »Hat er den Antrag gestellt?«
    »Ja, Livia, er hat ihn gestellt. Dann hat er ihn, auf eine blöde Bemerkung des Questore hin, wieder zurückgezogen. Aber nur vorübergehend, denke ich.«
    »Salvo, glaub mir, er hat mit keinem Wort erwähnt, dass er Vigàta eventuell verlässt. Und ich glaube nicht, dass er das im Sinn hatte, als er mir von seinen Heiratsplänen erzählte. Das tut mir leid. Sehr. Und ich verstehe, wie sehr du das bedauern musst. Was wolltest du mir denn sagen?«
    »Dass du mir fehlst.«
    »Wirklich?«
    »Ja, sehr.«
    »Wie sehr?«
    »Sehr sehr.«
    Das war es. Sich dem ganz und gar Selbstverständlichen hingeben. Dem, was wirklich echt war.
     
    Er hatte sich gerade mit dem Buch von Vazquez Montalbän ins Bett gelegt. Er fing noch mal von vorn zu lesen an. Am Ende der dritten Seite klingelte das Telefon. Er überlegte einen Augenblick, er war sehr versucht, nicht abzunehmen, doch möglicherweise klingelte es so lange, bis er sauer wurde.
    »Pronto? Spreche ich mit Commissario Montalbano?« Er erkannte die Stimme nicht. »Ja.«
    »Commissario, ich bitte um Verzeihung, dass ich Sie so spät noch stören muss, wenn Sie die ersehnte Ruhe in der Familie genießen …«
    Welche Familie nur? Waren denn alle, von Lattes bis zu dem Unbekannten, auf diese Familie fixiert, die er nicht hatte? »Wer spricht denn da?«
    »… aber ich musste sichergehen, Sie zu erreichen. Ich bin Avvocato Guttadauro. Ich weiß nicht, ob Sie sich an mich erinnern -«
    Wie sollte er sich an Guttadauro nicht erinnern können, den Lieblingsanwalt der Mafiosi, der anlässlich des Mordes an der bildschönen Michela Licalzi versucht hatte, den damaligen Chef der Mordkommission in die Zwickmühle zu bringen? Jeder Wurm hatte mehr Ehrgefühl als Orazio Guttadauro.
    »Entschuldigen Sie mich einen Augenblick, Avvocato?«
    »Aber ich bitte Sie! Ich bin es doch, der -«
    Er ließ ihn reden und ging ins Bad. Er entleerte seine Blase und wusch sich ausgiebig das Gesicht. Wenn man mit Guttadauro sprach, musste man wach und wachsam sein, auch die flüchtigste Nuance der Worte, die er wählte, heraushören.
    »Jetzt bin ich wieder da, Avvocato.«
    »Heute Morgen, lieber Commissario, habe ich meinen alten Freund und Mandanten Don Balduccio Sinagra besucht, den Sie sicherlich, wenn nicht persönlich, so doch vom Namen her kennen.«
    Nicht nur vom Namen, sondern von seinem Leumund her: Capo einer der beiden Mafiafamilien - die andere war die Familie Cuffaro -, die sich um das Territorium der Provinz Montelusa stritten. Das Minimum war ein Toter pro Monat, immer abwechselnd. »Ja, ich habe von ihm gehört.«
    »Gut. Don Balduccio ist sehr alt, er ist kürzlich neunzig geworden. Er ist ein

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