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Commissario Montalbano 08 - Die Passion des stillen Rächers

Commissario Montalbano 08 - Die Passion des stillen Rächers

Titel: Commissario Montalbano 08 - Die Passion des stillen Rächers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Camilleri
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Kopf.«
    Montalbano war beruhigt. Livia war nicht wegen Mimì, sondern wegen Susanna traurig.
    »Was habe ich da gesagt?«
    »Dass sie am Tag der Entführung nachmittags noch zu ihrem Freund gegangen ist, um mit ihm zu schlafen.«
    »Ja und?«
    »Du hast doch gesagt, dass sonst immer er sie gefragt hat, aber an dem Tag hat Susanna die Initiative ergriffen.«
    »Was meinst du, was das bedeutet?«
    »Dass sie vielleicht gespürt hat, dass etwas passieren würde.«
    Montalbano antwortete nicht, er glaubte nicht an Vorahnungen, prophetische Träume und all so was.
    Nach einer Weile fragte Livia:
    »Wie weit seid ihr?«
    »Bis vor zwei Stunden hatte ich weder einen Kompass noch einen Sextanten.«
    »Und jetzt hast du beides?«
    »Ich hoffe es.«
    Er berichtete, was er erfahren hatte. Als er fertig war, sah Livia ihn fragend an.
    »Mir ist nicht klar, welche Schlüsse du aus der Geschichte ziehen willst, die dieser Dottor Mistretta erzählt hat.«
    »Gar keine, Livia. Aber es gibt viele Hinweise, viele Anhaltspunkte, die ich vorher nicht hatte.«
    »Was denn?«
    »Zum Beispiel haben sie – davon bin ich jetzt überzeugt – nicht die Tochter von Salvatore Mistretta, sondern die Nichte von Antonio Peruzzo entführt. Er hat das nötige Kleingeld. Und bei der Entführung geht es möglicherweise nicht nur um Lösegeld, sondern auch um einen Racheakt. Als Peruzzo Pleite machte, hat er sicher viele Leute in Bedrängnis gebracht. Und jetzt bringen die Entführer langsam Peruzzo ins Spiel. Langsam, denn niemand soll merken, dass sie es von Anfang an auf ihn abgesehen hatten. Derjenige, der die Entführung organisiert hat, weiß, was zwischen Antonio und seiner Schwester vorgefallen ist, er weiß, dass Antonio bei den Mistrettas in der Kreide steht, er weiß, dass Antonio als Susannas Patenonkel …«
    Er hätte sich am liebsten auf die Zunge gebissen. Livia blickte ihn sanft an, wie ein Engel sah sie aus.
    »Warum sprichst du nicht weiter? Ist dir eingefallen, dass du das Patenamt für den Sohn eines Kriminellen übernehmen willst und dies lästige Verpflichtungen mit sich bringt?«
    »Würdest du das Thema bitte lassen?«
    »Nein, das besprechen wir jetzt.«
    Sie besprachen es, sie stritten, vertrugen sich wieder und gingen schlafen.
    Um drei Uhr siebenundzwanzig und vierzig Sekunden sprang die Zeitfeder. Doch diesmal klickte es nur in der Ferne, und er wachte gar nicht richtig auf.
    Es sah ganz danach aus, als habe der Commissario mit den Elstern geplaudert. In Vigàta und Umgebung glaubt man nämlich, dass die schwatzhaften Elstern jedem, der sie versteht, von den neuesten Erlebnissen der Menschen berichten, da sie aus der Vogelperspektive einen ungetrübten Blick fürs Ganze haben. Jedenfalls platzte am folgenden Morgen um zehn, als Montalbano im Büro war, buchstäblich die Bombe. Minutolo rief an.
    »Hast du ›Televigàta‹ gesehen?«
    »Nein. Warum?«
    »Sie haben das Programm unterbrochen und kündigen eine Sonderausgabe der Nachrichten an, in zehn Minuten.«
    »Anscheinend haben sie Blut geleckt.«
    Er legte auf und rief Nicolò Zito an.
    »Was soll denn diese Geschichte mit der Sondersendung?«
    »Ich weiß von nichts.«
    »Haben die Entführer sich bei euch gemeldet?«
    »Nein. Aber nachdem wir sie letztes Mal enttäuscht haben …«
    Als er in die Bar kam, war der Fernseher eingeschaltet und die Ankündigung noch zu lesen. An die dreißig Personen warteten auf die Sondersendung, es hatte sich im Nu herumgesprochen. Der Hinweis verschwand, es folgte die Erkennungsmelodie der Nachrichten, jetzt stand »Sondersendung« auf dem Bildschirm. Nach der Musik erschien Pippo Ragoneses Hühnerarschgesicht.
    »Liebe Zuschauer, vor einer Stunde kam mit der Morgenpost ein gewöhnlicher Umschlag in die Redaktion, abgeschickt in Vigàta, ohne Absender, die Adresse in Druckschrift geschrieben. Darin steckte ein Polaroidfoto. Ein Foto der gefangenen Susanna. Wir können es nicht zeigen, denn gesetzestreu, wie wir sind, haben wir es unverzüglich an den ermittelnden Staatsanwalt weitergeleitet. Doch wir halten es für unsere journalistische Sorgfaltspflicht, Sie über diesen Vorfall zu unterrichten. Susanna ist an den Füßen mit einer schweren Kette gefesselt und befindet sich in einem trockenen Brunnen oder etwas Ähnlichem. Sie hat weder verbundene Augen noch ist sie geknebelt. Sie sitzt auf einem Haufen Lumpen am Boden, hat die Arme um die Knie geschlungen und blickt weinend nach oben. Auf der Rückseite des Fotos steht in

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