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Commissario Montalbano 08 - Die Passion des stillen Rächers

Commissario Montalbano 08 - Die Passion des stillen Rächers

Titel: Commissario Montalbano 08 - Die Passion des stillen Rächers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Camilleri
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Blockbuchstaben der scheinbar rätselhafte Satz: für die zuständige Person.«
    Er machte eine Pause, die Kamera blieb auf sein Gesicht gerichtet. Bildschirmfüllende Großaufnahme. Montalbano hätte sich nicht gewundert, wenn gleich ein hühnerwarmes Ei aus Ragoneses Mund gekullert wäre.
    »Als unsere Redaktion von der Entführung der jungen Frau erfuhr, nahm sie die Sache augenblicklich in die Hand. Was hat es für einen Sinn – fragten wir uns –, ein Mädchen zu kidnappen, dessen Familie nicht in der Lage ist, Lösegeld zu zahlen? Unsere Nachforschungen gingen von Anfang an in die richtige Richtung.«
    So ein Quatsch, du Arsch!, dachte Montalbano. Du hast sofort an die Immigranten gedacht!
    »Und schon heute kennen wir einen Namen«, fuhr Ragonese mit einer Stimme wie aus einem Horrorfilm fort.
    »Den Namen einer Person, die die geforderte Summe zahlen könnte. Es ist nicht der Vater, vielleicht aber der Pate. Ihm gelten die Worte auf der Rückseite des Fotos: für die zuständige Person. Wir haben die Privatsphäre der Menschen immer respektiert und werden seinen Namen nicht nennen. Doch wir bitten ihn dringend, sich unverzüglich einzuschalten, was nur recht und billig wäre!«
    Ragoneses Gesicht verschwand, es wurde still in der Bar, und Montalbano kehrte ins Kommissariat zurück. Die Entführer hatten erreicht, was sie wollten. Kaum war er im Büro, rief Minutolo wieder an.
    »Montalbano? Der Staatsanwalt hat mir gerade das Foto geschickt, von dem dieser Wichser geredet hat. Willst du es sehen?«
    Minutolo saß allein im Wohnzimmer.
    »Und Fazio?«
    »Er ist in die Stadt gefahren, er muss irgendwas wegen seines Kontos unterschreiben«, antwortete Minutolo und reichte ihm das Foto.
    »Und der Umschlag?«
    »Den hat die Spurensicherung behalten.«
    Das Foto unterschied sich in einigem von Ragoneses Beschreibung. Vor allem handelte es sich eindeutig nicht um einen Brunnen, sondern um ein mindestens drei Meter tiefes Betonbecken, das sicher schon ewig nicht mehr benutzt wurde, denn am linken Rand war ein etwa vierzig Zentimeter langer, nach unten breiter werdender Riss zu erkennen.
    Susanna saß da wie geschildert, aber sie weinte nicht. Ganz im Gegenteil. Montalbano bemerkte in ihrem Gesicht eine noch größere Entschlossenheit als auf dem anderen Foto. Sie saß auch nicht auf Lumpen, sondern auf einer alten Matratze.
    Und ihre Füße lagen nicht in Ketten. Die Ketten hatte Ragonese als Farbtupfer hinzugedichtet. Allein wäre das Mädchen da nie und nimmer rausgekommen. Neben ihr, knapp am Bildrand, standen ein Teller und ein Plastikbecher. Sie trug dieselben Kleider wie zum Zeitpunkt der Entführung.
    »Hat der Vater das gesehen?«
    »Sehr witzig. Er hat das Foto genauso wenig gesehen wie die Nachrichten. Ich habe der Krankenschwester gesagt, sie soll ihn nicht aus dem Zimmer lassen.«
    »Hast du den Onkel informiert?«
    »Ja, aber er kann frühestens in zwei Stunden kommen.«
    Während er seine Fragen stellte, sah der Commissario sich das Foto weiter an.
    »Möglicherweise halten sie sie in einer aufgelassenen Zisterne gefangen«, sagte Minutolo.
    »Auf dem Land?«, fragte der Commissario.
    »Ja klar. In Vigàta hat es vielleicht früher mal solche Becken gegeben, aber jetzt bestimmt nicht mehr. Sie ist ja auch nicht geknebelt. Sie könnte um Hilfe schreien. In einer Wohngegend würde man ihre Schreie hören.«
    »Na ja, aber die Augen haben sie ihr doch auch nicht verbunden.«
    »Das hat nichts zu bedeuten, Salvo. Vielleicht ziehen sie sich Mützen über den Kopf, wenn sie zu ihr gehen.«
    »Sie muss über eine Leiter da runtergeklettert sein«, sagte Montalbano. »Wenn sie rausmuss, stellen sie ihr die wieder hin. Und das Essen lassen sie wahrscheinlich mit einem Korb an einem Seil runter.«
    »Wenn du einverstanden bist«, sagte Minutolo, »bitte ich den Questore, verstärkt auf dem Land nach ihr zu suchen. Vor allem auf Bauernhöfen. Durch das Foto wissen wir wenigstens, dass sie nicht in einer Höhle gefangen gehalten wird.«
    Montalbano wollte ihm das Bild zurückgeben, doch dann besann er sich und sah es sich noch mal sorgfältig an.
    »Was ist?«
    »Mit dem Licht stimmt was nicht«, antwortete Montalbano.
    »Die werden irgendeine Lampe runtergelassen haben!«
    »Schon, aber nicht irgendeine.«
    »Du glaubst doch nicht etwa, dass sie einen Scheinwerfer benutzt haben!«
    »Nein, eine Lampe, wie Mechaniker sie verwenden … Du weißt schon, wenn sie in der Werkstatt einen Motor untersuchen … mit so

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