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Commissario Montalbano 08 - Die Passion des stillen Rächers

Commissario Montalbano 08 - Die Passion des stillen Rächers

Titel: Commissario Montalbano 08 - Die Passion des stillen Rächers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Camilleri
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jetzt?«, fragte Minutolo.
    »Holen wir uns einen runter«, sagte Montalbano, der sich immer noch ärgerte.
    Da kam Fazio herein.
    »Die ganze Stadt zerreißt sich das Maul über Peruzzo, den Onkel von Susanna. Zwar wurde sein Name im Fernsehen nicht genannt, aber die Leute wissen trotzdem, wer gemeint ist. Mittlerweile gibt es zwei Parteien: Die eine sagt, Peruzzo solle das Lösegeld zahlen, und die andere, er sei seiner Nichte gegenüber zu nichts verpflichtet. Aber die ersten sind deutlich in der Überzahl. Im Café Castiglione hätten sie sich fast geprügelt.«
    »Jetzt haben sie Peruzzo am Wickel«, stellte Montalbano fest.
    »Ich lasse seine Telefone überwachen«, sagte Minutolo.
    Nicht lange, und der Nieselregen, der augenblicklich auf Peruzzo herabfiel, würde sich in eine wahre Sintflut verwandeln. Und diesmal hatte der Ingenieur es nicht geschafft, rechtzeitig eine Arche Noah zu bauen.
    Patre Stanzillà, der älteste und weiseste Pfarrer der Stadt, antwortete allen Gläubigen, die ihn in der Kirche aufsuchten und nach seiner Meinung fragten, es gebe keinen Zweifel bei Gott und den Menschen: Der Onkel müsse zahlen, schließlich sei er Susannas Taufpate. Außerdem – wenn er zahle, was die Täter verlangten, tue er nichts anderes, als Susannas Eltern jene hohe Summe zurückzugeben, die er von ihnen erschlichen habe. Er erzählte allen die Geschichte von dem Zwei-Milliarden-Darlehen, über die er bis ins Kleinste im Bilde war. Er brachte das Fass praktisch zum Überlaufen. Gut für Montalbano, dass Livia nicht mit frommen Frauen befreundet war, die ihr Patre Stanzillàs Meinung brühwarm hätten hinterbringen können.
    Nicolò Zito verkündete in »Retelibera«, Peruzzo entziehe sich seiner Pflicht und sei untergetaucht. Es sei ja auch nicht anders zu erwarten gewesen. Doch die Flucht angesichts einer Frage auf Leben und Tod entlasse ihn mitnichten aus der Verantwortung, vielmehr wiege diese jetzt noch schwerer.
    Pippo Ragonese erklärte in »Televigàta«, Peruzzo sei ein Opfer der roten Justiz gewesen und dann dank der Förderung, die die neue Regierung dem privaten Unternehmertum angedeihen lasse, zu Vermögen gekommen. Folglich sei es seine moralische Pflicht, nun zu zeigen, dass die Banken und Institutionen ihm zu Recht vertraut hätten. Vor allem da er, was gewiss kein Geheimnis sei, bei den nationalen Wahlen für die Partei der Erneuerer Italiens kandidiere. Eine Geste, die als Missachtung der öffentlichen Meinung gedeutet werden könne, habe möglicherweise fatale Folgen für seine Karriere.
    Titomanlio Giarrizzo, der ehrwürdige frühere Präsident des Gerichts von Montelusa, erklärte den Mitgliedern des Schachclubs mit fester Stimme, dass er die Täter, wären sie ihm seinerzeit vorgeführt worden, äußerst hart bestraft hätte. Er hätte sie aber auch dafür gelobt, dass sie einen notorischen Banditen wie Peruzzo dazu gebracht hatten, sein wahres Gesicht zu zeigen.
    Signora Concetta Pizzicato, an deren Stand auf dem Fischmarkt ein Schild »Frische Fische bei Handleserin und Hellseherin Cuncetta« anpries, antwortete auf die Frage der Kunden, ob Peruzzo das Lösegeld zahlen werde: »Wer schadet der eigenen Brut, der endet im eigenen Blut.«
    »Hallo? ›Progresso Italia‹? Ich bin Commissario Montalbano. Haben Sie etwas von Peruzzo gehört?«
    »Nein, nichts.«
    Es war dieselbe Stimme wie beim ersten Gespräch, nur klang sie jetzt schrill, fast hysterisch.
    »Ich rufe wieder an.«
    »Nein, das ist leider zwecklos, Ingegnere Nicotra hat mich angewiesen, die Telefone in zehn Minuten auszuschalten.«
    »Warum?«
    »Wir bekommen Dutzende Anrufe … gemeine, obszöne Beschimpfungen.«
    Sie war kurz davor, in Tränen auszubrechen.

Elf
    Um fünf Uhr nachmittags berichtete Gallo Montalbano, in der Stadt gehe ein Gerücht um, das sämtliche Gemüter gegen Peruzzo aufbringe, sofern das nicht schon längst geschehen sei. Peruzzo habe nämlich, um kein Lösegeld zahlen zu müssen, den Staatsanwalt gebeten, sein Vermögen beschlagnahmen zu lassen, und der habe sich geweigert. Eine absurde Situation. Doch der Commissario wollte sich vergewissern.
    »Minutolo? Ich bin’s, Montalbano. Weißt du zufällig, was der Staatsanwalt in Sachen Peruzzo vorhat?«
    »Er hat mich gerade angerufen, er ist stinksauer. Jemand hat ihm von einem Gerücht erzählt, das …«
    »Ich weiß Bescheid.«
    »Na ja, er sagt, er hatte gar keinen Kontakt mit Peruzzo, weder direkt noch indirekt. Und momentan könnte er niemandes

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