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Commissario Montalbano 13 - Das Ritual der Rache

Commissario Montalbano 13 - Das Ritual der Rache

Titel: Commissario Montalbano 13 - Das Ritual der Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Camilleri
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öffnete die Augen, beugte sich vor und griff nach den anderen beiden Fotos. Ohne sie eines weiteren Blickes zu würdigen, warf sie sie auf den Tisch.
    Sie musste einen Schock erlitten haben, denn ihre von Natur aus schon dunkle Haut hatte sich grau verfärbt.
    »Jemand ist … Jemand ist da eingedrungen, nachdem … Das ist unmöglich … Ich habe doch alles ganz ordentlich hinterlassen.«
    Da zog Montalbano das vierte Foto aus dem Umschlag, die Aufnahme von der Hose, und hielt es Signora Dolores hin.
    »Ich weiß, dass meine Frage unangenehm für Sie sein muss. Aber können Sie mir vielleicht sagen, ob diese Hose Ihrem Mann gehört?«
    Sie betrachtete es lange. Dann lehnte sie sich wieder auf dem Stuhl zurück und schloss erneut die Augen. Doch dieses Mal trat eine Träne aus ihrem linken Auge. Eine einzige, ganz rund, man hätte sie für eine Perle halten können. Doch diese einzige Träne war tragischer, verzweifelter als ein ganzer Tränenstrom. Schließlich gelang es Dolores, mit erstickter Stimme zu sagen:
    »Das ist die, die er anhatte, als er das Haus verließ, um an Bord zu gehen.«
    »Sind Sie sich da sicher?«
    Ohne zu antworten, stand Signora Dolores auf, ging zu einer Kommode im Wohnzimmer, öffnete eine Schublade und kam mit einem Vergrößerungsglas in der Hand wieder zurück. Sie nahm das Foto wieder und reichte dann Foto und Vergrößerungsglas an den Commissario weiter. Sie hatte sich wieder völlig unter Kontrolle.
    »Sehen Sie? Er hat den Gürtel in den Schlaufen gelassen. Wenn Sie genau hinschauen, ist die Schnalle eine große Messingplatte mit seinen ineinander verschlungenen Initialen G und A. Die hatte er sich in Argentinien machen lassen.«
    Der Commissario konnte die Initialen nicht genau erkennen, aber irgendetwas war auf der Schnalle eingraviert.
    »Also ist es offensichtlich, dass Ihr Mann gewartet hat, bis Sie weg waren, um wieder nach Hause zu fahren. Und dann ist er mit irgendjemandem zurückgekehrt.«
    »Aber warum?! Um was zu tun?«
    »Vielleicht musste er eine bestimmte Zeit abwarten, vielleicht hatte er eine Verabredung vereinbart, wollte sich aber nicht in der Gegend blicken lassen, weil er offiziell doch schon an Bord war. Trank Ihr Gatte Wein?«
    »Ja, aber Bier mochte er nicht.«
    »Aber sein Begleiter schon. Wissen Sie, ob die Getränke bereits in der Wohnung waren?«
    »Ja. Im Kühlschrank war auch Bier, denn ich trinke gern mal eins.«
    »Wie Sie sehen, wurde das Badezimmer verdreckt hinterlassen. Legte Ihr Mann Wert auf Reinlichkeit und Hygiene?«
    »Alle, die lange Zeit auf einem Schiff fahren, Commissario, achten streng auf Reinlichkeit. Und mein Mann war darin ein Fanatiker.«
    »Dann war also nicht er es, der das Badezimmer in diesem Zustand zurückgelassen hat.«
    »Ganz bestimmt nicht. Und er hat sicher auch nicht mitbekommen, dass derjenige, der bei ihm war, nicht die …«
    »Warum hat er wohl die Hose gewechselt?«
    »Das verstehe ich überhaupt nicht. Vielleicht war sie verdreckt oder zerrissen.«
    »Auf dem Foto kann man das nicht erkennen.«
    »Ich weiß nicht, was ich dazu sagen soll.«
    »Hatte er Kleidung zum Wechseln dabei?«
    »Natürlich. In zwei großen Seesäcken, die er an dem bewussten Morgen mitgenommen hat.«
    »Und im Kleiderschrank hatte er keine Kleider zum Wechseln?«
    »Nein, er hatte alles mitgenommen.«
    »Also hat Ihr Mann, nachdem er wieder in die Via Gerace zurückgekommen war, einen Sack geöffnet, eine Hose herausgenommen und sie anstelle der anderen, die er anhatte, angezogen.«
    »So sieht es jedenfalls aus.«

Zwölf
    Bis zu diesem Augenblick war Signora Dolores ruhig geblieben und hatte sich im Griff gehabt. Jetzt fing sie an, leicht zu zittern, und ihre Hautfarbe blieb weiterhin grau.
    »Entschuldigen Sie, aber ich muss ins Bad«, sagte sie und stand auf.
    Sie ging hinaus, ließ die Tür aber offen, sodass sie hören konnten, wie sie sich übergab.
    »Hast du das Handy dabei, Fazio?«, fragte der Commissario und stand ebenfalls auf.
    »Ja, klar.«
    »Ruf Catarella an, lass dir die Nummer des Kommissariats in Gioia Tauro geben und frag nach Commissario Macannuco. Und dann gibst du ihn mir.«
    »Und wo gehen Sie hin?«
    »Ich gehe auf den Balkon eine Zigarette rauchen.«
    Eine Müdigkeit war über ihn gekommen, die auf ihm lastete wie ein Doppelzentner Eisen. Sie war mit einem Gedanken über ihn gekommen, der plötzlich in ihm aufgedämmert war, als er das Foto mit der Hose angeschaut hatte. Was für eine sonderbare Reaktion!
    Zu

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