Commissario Montalbano 13 - Das Ritual der Rache
unvorstellbarer Grausamkeit in Stücke zerteilt worden. Alfano, der vor zwei Jahren von Sizilien nach Kolumbien übergesiedelt war, hinterlässt eine Frau und einen Sohn.
»Wollen wir wetten, dass es dreißig Stücke waren?«, fragte Montalbano.
»Das bedeutet zweifellos, dass Don Balduccio auch den zweiten begangen hat«, sagte Fazio.
Montalbano dachte daran, dass Balduccio ihm zwar den Mord an Filippo Alfano gebeichtet, dabei jedoch die kleine Besonderheit unerwähnt gelassen hatte, dass die Leiche in dreißig Stücke zerteilt worden war, wie die Anzahl der Silberlinge des Judas. Das also war der Grund, weshalb er den Mord gebeichtet hatte, weil er sich sicher war, dass Montalbano das überprüfen würde. Er hatte diese Einzelheit absichtlich ausgelassen. Wenn der Commissario erst einmal dieses entsetzliche Detail über Filippo Alfanos Leiche herausgefunden hätte, wäre er überzeugt davon, dass die Wiederholung einer solchen Entsetzlichkeit der Fälschung einer Unterschrift gleichkam.
»Nimm diesen Artikel und heb ihn auf.«
»Soll ich ihn nicht Dottor Augello geben?«
»Erst, wenn ich es dir sage.«
»Entschuldigen Sie, Dottore, aber mir scheint, dass dieser Artikel bestätigt, dass es wirklich Don Balduccio war, der …«
»Erst, wenn ich es dir sage«, wiederholte Montalbano kühl.
Fazio steckte das Blatt in die Tasche, doch ihm kamen zunehmend Zweifel.
»Und wie soll ich mich nun Dottor Augello gegenüber verhalten?«
»Wie sollst du dich schon verhalten? So wie immer.«
»Dottore, ich hätte Ihnen noch hunderte Fragen zu stellen.«
»Sind das nicht ein bisschen viele? Du wirst schon noch Zeit haben, sie mir zu stellen.«
»Kommen Sie am Nachmittag zurück?«
»Ja, allerdings erst spät. Nach dem Essen fahre ich nach Marinella. Falls du mich brauchst, ich bin zu Hause.«
In Gedanken war Montalbano bei den möglichen Komplikationen bezüglich der Vorgehensweise, für die er sich entschieden hatte. Daher aß er mit einer solchen Lustlosigkeit, dass es Enzo auffiel.
»Was ist denn los, Dottore? Haben Sie keinen Appetit?«
»Ich mache mir Sorgen.«
»Das ist schlimm, Dottore. Das Essen und der Schwanz mögen keinen Kummer.«
Er machte den üblichen Spaziergang, doch als er unter dem Leuchtturm angekommen war, setzte er sich nicht auf die Klippe, sondern kehrte um und fuhr nach Marinella.
Mit Macannuco hatte er verabredet, dass dieser sich um vier Uhr melden sollte. Er wollte nicht im Büro angerufen werden, weil dauernd irgendwelche Leute in seinem Büro ein und aus gingen. Und Punkt vier klingelte das Telefon.
»Montalbano? Hier ist Macannuco.«
»Was kannst du mir berichten?«
»Dass du ins Schwarze getroffen hast. Das sind ganz sicher Blutflecken auf dem Boden des Mülleimers. Den hat jetzt die Spurensicherung, um herauszufinden, ob es dasselbe Blut ist wie im Waschbecken.«
»Wie lange brauchen die dafür?«
»Ich habe sie gebeten, sich so schnell wie möglich damit zu befassen. Sie haben mir zugesichert, dass ich bis morgen Vormittag ein Ergebnis habe. Und was hast du gemacht?«
»Ich hab dir den Brief geschickt, den du hierher zurückschicken sollst. Ich bitte dich inständig, mach es gleich, sobald er ankommt. Hast du mit deinem Ermittlungsrichter gesprochen?«
»Ja, er hat mir die Vollmacht zum Abhören gegeben. Daran wird jetzt gearbeitet.«
»Hast du ihn gebeten, Tommaseo nichts zu sagen?«
Wenn der Ermittlungsrichter von Reggio Calabria davon auch nur ein Wort gegenüber seinem Kollegen in Montelusa erwähnen würde, würde der mit Sicherheit mit Mimì sprechen. Und dann wäre der Teufel los.
»Ja. Er hatte zwar ein paar Einwände, aber am Ende hat er es akzeptiert.«
»Hör zu, auf keinen Fall darf man mich mit der Sache in Zusammenhang bringen, weder jetzt noch hinterher.«
»Du kannst ganz beruhigt sein. Ich habe deinen Namen nicht erwähnt.«
»Und wie ist es mit Esterina Trippodo gelaufen?«
»Sie hat versprochen mitzuarbeiten. Sie sagt, das tut sie für dich.«
»Hast du auch gesagt: Es lebe der König?«
»Also wirklich! Steckt ihr beide euch doch euren König wohin ihr wollt, du und deine Signora Trippodo!«
Achtzehn
Als er gegen fünf Uhr ins Kommissariat kam, traf er einen vor Wut schäumenden Mimì an.
»Kein Wunder, dass die Mafia bei uns blüht und gedeiht, wenn Typen wie Musante sie bekämpfen sollen! Völlig unfähig, dieses Arschloch!«
»Kannst du mir denn mal erzählen, wie es war?«
»Ich hatte um neun Uhr eine Verabredung mit ihm. Er
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