Commissario Montalbano 14 - Die Tage des Zweifels
herausbekommen. Ein Glück, dass wir versichert waren!«
»Und was ist vorgestern Nacht passiert?«
»Nach dem Diebstahl haben wir einen Nachtwächter engagiert, der alle halbe Stunde eine Runde um das Hotel dreht. In der Nacht, die Sie meinen, sah der Nachtwächter ein Auto mit ausgeschalteten Scheinwerfern vor dem Hinterausgang des Hotels stehen. Und als er auf den Wagen zuging, sind die abgehauen. Aber es war ja diesmal nichts passiert, und deshalb hielten wir es nicht für nötig … Glauben Sie, dass das etwas mit dem Mord zu tun hat?«
Montalbano hatte nicht die Absicht, ihn wissen zu lassen, dass es einen Zusammenhang gab, und zwar einen sehr engen.
»Überhaupt nicht. Aber alles hängt irgendwie mit allem zusammen.«
Verdammt! Pasquano hatte recht! Je älter er wurde, desto öfter sprach er in Gemeinplätzen!
Dann hatte also jemand von der Asso di cuori versucht, Lannecs Pass in seinen Besitz zu bringen, aber es war ihm nicht gelungen. Kaum hatten sie den Nachtwächter gesehen, hatten sie Leine gezogen. Es wäre zu gefährlich gewesen, sich erwischen zu lassen.
Denn hätte man sie erst einmal als Crewmitglieder der Motoryacht identifiziert, hätten die Ermittlungen zu dem Mordfall schnurstracks auf ihre Spur geführt. Dieses Risiko konnten sie nicht eingehen.
Ihre Überlegung war aber nicht falsch gewesen: Der Pass war das Einzige, was eine Identifizierung des Toten erlaubte. Ihn verschwinden zu lassen bot die Chance, dass der Tote auf immer namenlos blieb. Da es ihnen aber nicht gelungen war, seinen Pass zu stehlen, hatten sie sich damit zufriedengeben müssen, sein Gesicht unkenntlich zu machen.
Wetten, dass sein künstliches Gesicht bekannter war als sein echtes?
Er beschloss, Geremicca zu informieren.
Gerade wollte er zum Hörer greifen, da trat Fazio ein.
»Ich hab mit dem Leutnant gesprochen.«
Montalbano spürte plötzlich so etwas wie Neid.
Fazio hatte die Möglichkeit gehabt, Laura zu sehen, er war in ihrer Nähe gewesen, hatte ihren Atem gespürt, mit ihr gesprochen …
»Was hast du rausgekriegt?«
Seine Stimme klang wie erstickt.
»Sind Sie erkältet?«, fragte Fazio.
»Nein, nein, ich hab nur einen trockenen Hals. Sprich ruhig.«
»Zuerst einmal hab ich erfahren, dass die Asso di cuori einer italienisch-französischen Gesellschaft gehört und …«
»Das ist ja nicht weiter spektakulär, solche Yachten sind selten auf eine Einzelperson zugelassen. Damit sparen sie Steuern. Was ist das für eine Gesellschaft?«
»Import-Export.«
»Von was?«
»Alles Mögliche.«
»Und wozu brauchen die so eine Riesenyacht?«
»Der Leutnant hat mir erklärt, diese Gesellschaft ist im gesamten Mittelmeerraum tätig, von Marokko über Algerien bis nach Syrien und auch in der Türkei und in Griechenland …«
Dieselben Länder, die im Pass des Franzosen verzeichnet waren.
»Und sie hat mir auch gesagt, dass die Yacht nicht zum ersten Mal in Vigàta anlegt. Sie bleibt immer nur einen, höchstens zwei Tage. Aber diesmal hat es länger gedauert, weil sie auf jemanden aus dem Ausland warten mussten, der die Motoren überprüft.«
»Hätten sie sich nicht besser einen Flieger zugelegt?«
»Dottore, was weiß ich? Das ist doch deren Bier.«
»Vorgestern hab ich an Bord der Yacht einen Riesenkerl gesehen, der die Besitzerin der Vanna und den Kapitän gegrüßt hat.«
»Das ist der Generaldirektor der Gesellschaft, er heißt Matteo Zigami und ist eins einundneunzig groß.«
»Wie viele Leute sind an Bord?«
»Fünf. Zigami, sein Assistent François Petit und drei Mann Besatzung. Die Gesellschaft trägt den Namen SMIE.«
»Und was heißt das?«
»Société méditerranéenne pour import export. Leutnant Garrufo zufolge …«
»Hast du denn nicht mit Leutnant Belladonna gesprochen?«
»Nein.«
»War sie nicht da?«
»Nein. Der Maresciallo am Eingang der Hafenmeisterei hat mir gesagt, Leutnant Belladonna hat sich die Nacht um die Ohren geschlagen …«
War das die Möglichkeit! Dann wusste man also sogar in der Hafenmeisterei, dass sie und Mimì … Was für eine Schande!
»An die hundert Illegale waren angelandet, und Leutnant Belladonna musste bis in die frühen Morgenstunden Dienst tun.«
Dann hatte sie die Nacht also gar nicht mit Mimì verbracht! Sie war überhaupt nicht bei ihm gewesen!
Er hörte Musik – ein gigantisches Glockengeläut –, und ein Geigenorchester war auch dabei. Er sah, wie Fazios Mund auf- und zuging, verstand aber nicht, was er sagte, so laut war das
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