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Commissario Montalbano 14 - Die Tage des Zweifels

Commissario Montalbano 14 - Die Tage des Zweifels

Titel: Commissario Montalbano 14 - Die Tage des Zweifels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Camilleri
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einen Scheinwerfer auf eine Barkasse gerichtet, die es im Schlepptau hatte.
    In der Barkasse waren dunkle Schatten zu erkennen. Rund dreißig Flüchtlinge hockten darin dicht zusammengedrängt, vermutlich ausgehungert und halb erfroren.
    Am westlichen Kai, wo die Flüchtlinge gewöhnlich an Land gingen, waren zwei starke Flutlichter aufgestellt worden. Das waren wohl die Kollegen von der Polizei, mit Bussen, Krankenwagen, Dienstfahrzeugen und jeder Menge Schaulustiger.
    Einmal war er zu seinem Leidwesen mitten in die Landung dieser Elenden hineingeraten, und er hatte sich geschworen, dass er so etwas nie wieder erleben wollte. Glücklicherweise blieb sein Kommissariat von solchen Einsätzen verschont. Das Polizeipräsidium von Montelusa kümmerte sich direkt darum.
    Zwar ertrug er den Anblick dieser Menschen, deren schreckgeweitete Augen so entsetzliche Dinge gesehen hatten und deren Zukunft im Ungewissen lag. Den Anblick der ausgemergelten, geschwächten Körper, der zitternden Hände, der stummen Tränen, der schlagartig gealterten Kindergesichter …
    Was er aber nicht ertrug war der Geruch. Vielleicht gab es diesen Geruch gar nicht, vielleicht existierte er nur in seiner Einbildung. Aber ob Einbildung oder nicht, er nahm ihn wahr, ihm wurde übel davon, und er spürte einen Stich ins Herz.
    Der Geruch kam nicht von mangelnder Sauberkeit, o nein, es war etwas anderes. Der Haut dieser Flüchtlinge entströmte der uralte Geruch der Verzweiflung, der Resignation, der erduldeten Katastrophen, des erlittenen Unrechts, der Gewalt, die sie mit gesenktem Kopf ertragen hatten.
    Es war das Leiden der gedemütigten Welt, wie er es in einem Buch von Elio Vittorini gelesen hatte, und dieses Leiden war es, das diesen unerträglichen Geruch verströmte.
    Dennoch lenkte er seine Schritte diesmal entgegen seiner Absicht zum westlichen Kai.
    Er erreichte ihn, als das Schnellboot gerade angelegt hatte, hielt sich aber abseits und setzte sich auf einen Poller.
    Eine Szene wie aus einem Stummfilm. Das zuständige Personal wusste mittlerweile, was zu tun war, und wartete nicht auf Befehle. Man hörte nur Geräusche: schlagende Autotüren, Schritte, Sirenen von Krankenwagen, startende Motoren.
    Und da waren die obligatorischen Fernsehleute, die die Szene überflüssigerweise filmten. Es hätte gereicht, das einen Monat zuvor gedrehte Material erneut auszustrahlen; es war identisch, kein Mensch hätte den Unterschied bemerkt.
    Er wartete, bis das Flutlicht ausging und sich schlagartig Dunkelheit herabsenkte. Dann stand er auf, kehrte den drei, vier Schatten, die noch ins Gespräch vertieft waren, den Rücken und ging zu seinem Auto.
    Auf einmal hörte er Schritte hinter sich – jemand folgte ihm.
    Er blieb stehen und wandte sich um.
    Es war Laura.
    Völlig unvermittelt fanden sie sich in einer engen Umarmung wieder. Sie presste ihr Gesicht fest an seine Schulter. Montalbano spürte ihren zitternden Körper. Keiner von beiden bekam ein Wort heraus.
    Dann löste sich Laura aus seinen Armen, drehte sich um und rannte los, bis ihre Schritte sich im Dunkel der Nacht verloren.

Zwölf
    Als er wieder in Marinella war, zog er als Erstes den Telefonstecker, denn er wollte auf keinen Fall mit Livia sprechen. Jedes Wort von ihr hätte sein schlechtes Gewissen nur noch verschlimmert, und er hätte sich geschämt, sie anlügen zu müssen.
    »Was hast du heute gemacht?«
    »Das Übliche, Livia.«
    »Klar, aber erzähl’s mir trotzdem.«
    Dann türmst du eine Lügengeschichte auf die andere, immer höher. Hinzu kommt das, was du verschweigst, die Halbwahrheiten … Nein, für einen Mann in seinem Alter war das einfach nicht angebracht.
    Jetzt galt es, in Ruhe und mit möglichst klarem Verstand darüber nachzudenken, was für ein Wunder ihm da widerfuhr, und dann eine Entscheidung zu treffen, aber eine klare und endgültige. Und wenn er beschloss, diesem Wunder nachzugeben, diesem Glück, das ihn aufleben ließ und ihn zugleich mit Angst erfüllte, war es seine Pflicht, dies Livia sofort mitzuteilen, in aller Offenheit.
    Doch im Moment war er nicht in der Lage, klar zu denken. Die Erregung sorgte immer noch für ein ziemliches Durcheinander in seinem Kopf.
    Hatte er vorher noch Glocken und Geigen gehört, war die Musik nach dem Vorfall am Kai verklungen. Jetzt vernahm er nur noch das Rauschen seines Bluts, das wie ein tosender Gebirgsbach durch seine Adern strömte, und das schnelle und heftige Pochen seines Herzens. Er musste all diese Energie

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