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Commissario Tron 5: Requiem am Rialto

Commissario Tron 5: Requiem am Rialto

Titel: Commissario Tron 5: Requiem am Rialto Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicolas Remin
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unwahrscheinlich.
Der Frauentyp, den der Comte bevorzugt, ist selten. Aber, wie
gesagt, ich konnte nichts sehen, weil mir diese Biertrinker den
Blick versperrt hatten.»
    «Könnte er
bemerkt haben, dass ihm jemand folgte?»
    Bossi schüttelte
den Kopf. «Das glaube ich nicht. Außerdem wäre er
nicht mit einer Blendlaterne durch die Stadt gelaufen, wenn er mit
dieser Möglichkeit gerechnet hätte.»
    «Also gibt es
keine Erklärung für sein Verschwinden.»
    «Nein.»
    «Und Sie sind
sich ganz sicher, dass es tatsächlich der Comte de Chambord
war, den Sie verfolgt haben?»
    «Ich bin mir
sicher, dass es der Mann war, der mir gestern Abend entkommen
ist», sagte Bossi.
    «Wegen seines
unauffälligen Kinns und Mundes?»
    Bossi
überhörte die Ironie in Trons Worten. «Er war auch
genauso groß wie der Mann gestern Abend», sagte
er.
    «Haben Sie ihn
sprechen hören?»
    «Nein.»
    Tron lächelte.
«Sie könnten vorgestern Abend eine Begegnung mit dem
Comte de Chambord gehabt und gestern eine andere Person verfolgt
haben.»
    Bossi gab ein wenig
Milch in seine Tasse und betrachtete ratlos die hellen Wirbel, die
auf der Oberfläche des Kaffees entstanden. Dann blickte er auf
und sagte: «Was haben Sie vor, Commissario?»
    «Vielleicht
sollte ich bald ein Wort mit dem Comte de Chambord reden. Und ihn
darüber informieren, dass wir gute Gründe hatten, den
Palazzo Cavalli zu beobachten.» Tron seufzte.
«Ansonsten können wir nur hoffen, dass nicht
irgendjemand heute Vormittag über eine tote Signorina
stolpert.»
    «Wollen Sie noch
auf den Polizeipräsidenten warten, bevor Sie mit dem Comte
sprechen?»
    Tron zog seine Breguet
aus der Westentasche — ein Geschenk der Principessa —
und hielt sie kurz an sein Ohr, um sich an dem zarten Ticken zu
erfreuen. «Es ist kurz vor zehn», sagte er.
«Spaur wird nicht vor zwölf Uhr auf der Questura
erscheinen. Ich sollte mich vielleicht sofort zum Palazzo Cavalli
begeben.»
    «Um den Comte
was zu fragen?»
    «Ob er sich
für jedes bartlose Mitglied seines Haushaltes verbürgen
kann. Ich werde ihn um Unterstützung bitten. Er kann kein
Interesse daran haben, dass sein Haus mit dieser Geschichte in
Verbindung gebracht wird.»
    «Werden Sie den
Comte auch fragen, wo er sich gestern Abend aufgehalten
hat?»
    «Das wird sich
vermutlich aus dem Gespräch ergeben. Ich könnte
behaupten, dass ihn jemand auf der Piazza gesehen hat. Wenn der
Comte abstreitet, den Markusplatz überquert zu haben,
wäre das höchst aufschlussreich.» Tron dachte kurz
nach. «Spaur höchstpersönlich könnte dem Comte
gestern begegnet sein. Der Baron könnte ihn gegrüßt
und sich darüber gewundert haben, dass sein Gruß nicht
erwidert wurde.»
    Bossi grinste.
«Das dürfte den Comte de Chambord aus dem Konzept
bringen.»
    «Vielleicht.
Aber es wäre unklug, sich in diesem Gespräch zu
exponieren.»
    «Weil der Comte
gewarnt wäre?»   
    «Nicht nur
deshalb, Bossi. Wenn wir uns getäuscht haben, reißt uns
Spaur den Kopf ab.»
    «Aber es war
doch seine Idee, den Comte de Chambord überwachen zu
lassen.»
    Tron zuckte die
Achseln. «Ich bezweifle, dass er sich daran erinnern
wird.»
    *
    Der Palazzo Cavalli,
mit seiner eleganten Spitzbogenfassade dem Dogenpalast
nachempfunden, lag an der Brücke, die San Marco mit dem
Sestiere Dorsoduro verband. Als Henri de Bourbon, der Comte de
Chambord, das Anwesen erworben hatte, hatte er auch die benachbarte
Schiffswerft abreißen lassen und den Garten angelegt, der
jetzt von einer Mauer umgeben war.
    Von Santo Stefano
schlug es zehn, als Tron den Garten durchquert hatte und das
Klingelgestänge am Eingang nach unten zog. Der Nebel der
letzten Nacht war weitgehend verschwunden. Stattdessen fiel ein
dünner Nieselregen vom Himmel, und Tron ärgerte sich,
dass er keinen Schirm aus dem Florian mitgenommen hatte.
    Der direkt neben
der sala gelegene Empfangsraum, in den der
Lakai Tron geführt hatte, war groß, aber spärlich
möbliert. Ein aufgeklapptes Spinett, der Deckel mit
einer Schäferszene bemalt, stand
vor einem der beiden Spitzbogenfenster. An der Gartenwand sah Tron
einen wuchtigen Konsoltisch, dessen vordere Beine als vergoldete
Delphine gearbeitet waren. Zwei Kerzenleuchter standen auf der
rötlichen Marmorplatte. Darüber hing, wie das Bildnis
eines Heiligen über einem Altar, ein Porträt des
Sonnenkönigs.
    Nachdem Tron einige
Minuten gewartet hatte, öffneten unsichtbare Hände die
Flügeltür zur sala, und der Comte de Chambord betrat
den Salon. Er trug

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