Commonwealth-Saga 2 - Die Boten des Unheils
Banknoten und zerrte einhundert Anacona-Dollars heraus.
Das Gesicht des Gondoliere hellte sich beim Anblick des Geldes auf. »Sicher. Wie Sie meinen. Sie sind der Captain, Sir. Ich bin nur der Maschinist.« Er änderte die Stoßrichtung der Stange und schob sie ins schlammige Wasser. Langsam schwang der Bug der Gondel herum, und sie kehrten in den Rovigo Canal zurück. Ein Schauer trockener, raschelnder, violetter Blütenblätter regnete auf Adam herab, als sie mit einer Geschwindigkeit durch den Kanal fuhren, die kaum größer war als die eines Fußgängers. Adam kämpfte gegen den Impuls an, sich umzudrehen. Das wäre eine dumme Schwäche gewesen. Er wusste ganz genau, wen er draußen vor dem Café unter dem Sonnenschirm hatte sitzen sehen. Nach all den Jahren erkannte er das Profil von Chief Investigator Myo aus nahezu jedem Blickwinkel und jeder Entfernung. Sie trug eine blonde Perücke und eine Sonnenbrille mit großen Gläsern, doch das reichte nicht, um sie vor ihm zu verbergen. Diese Haltung, diese Gesten. Und dieser Anzug! Wer sonst zur Hölle würde mitten während der Siesta in Venice Coast mit einem Geschäftsanzug herumlaufen?
Adam begann zu zittern, als ihm nach und nach bewusst wurde, wie haarscharf er dieses Mal davongekommen war … Er hatte wahrscheinlich jedes Quäntchen Glück bis zu seinem Lebensende aufgebraucht. Hätte er in die andere Richtung geblickt …? Hätte Myo nicht um diese Tageszeit selbst dort gesessen …? Er hatte selbstverständlich ein zellulares Reprofiling vorgenommen und sich ein neues Aussehen verliehen, ein ausgezehrtes Gesicht und dunkle Hautfarbe, doch er wusste, dass er damit bei Chief Investigator Myo nicht durchgekommen wäre. Sie hätte ihn mit der gleichen Leichtigkeit erkannt wie er sie. Sie konnten sich nicht voreinander verstecken.
Der Fremde betrat die Nystol Gallery durch die Vordertür in dem Wissen, dass die Agency ihn beobachtete und jede seiner Bewegungen aufzeichnete. Es störte ihn nicht.
Die Empfangshalle besaß ein hohes Gewölbedach aus weiß gekalkten Ziegeln. Der Boden war mit Kopfsteinen gepflastert. Bevor das Gebäude in eine Galerie umgewandelt worden war, hatte es als Lagerhaus gedient, weshalb es sich auch ideal zur Aufstellung elektromagnetischer Kunst eignete. Die Empfangsdame saß hinter einem Schalter vor einer Rauchglastür, die zu den Ausstellungsräumen führte. Sie war atemberaubend schön, mit einem elfengleichen Körper, nordisch weißer Haut und rotgoldenem Haar, das bis halb über den Rücken reichte. Ihr spärliches smaragdgrün-braunes Kleidchen sah aus wie vom Laufsteg eines Modedesigners. Ihr automatisches Lächeln vertiefte sich zu einem koketten Grinsen, als sie zu ihm aufblickte. »Hi, kann ich Ihnen helfen?«, fragte sie den Fremden.
»Nein.« Er schoss ihr einen Microdart aus seiner Unterarmwaffe durch die Schläfe. Der N-Puls ließ ihre Muskeln erstarren, eine Art Instant-Totenstarre, die sie aufrecht in ihrem Stuhl hielt. Jeder, der von der Straße herein blickte, würde sie wie üblich an ihrem Arbeitsplatz sehen.
Der E-Butler des Fremden öffnete einen Kanal zum Array des Schreibtischs, und eine kurze Software-Schlacht stellte sicher, dass er das elektronische Netzwerk des Gebäudes unter Kontrolle hatte. Während die Schlacht im Gange war, aktivierten sich die Verteidigungs- und Waffenimplantate in seinem Körper und brachten ihn auf volle Kampfbereitschaft. Er trennte das Netzwerk der Galerie von der planetaren Cybersphäre und deaktivierte sämtliche internen Alarme. Die Vordertür war verriegelt. Wo möglich, wurden auch die Feuertüren lautlos geschlossen und verriegelt, sodass die Galerie von allen anderen Zugängen und Räumen abgeschnitten war. Sensoren steuerten seine virtuelle Sicht an und zeigten ihm den Aufenthaltsort mehrerer Personen, auch wenn der Fremde wusste, dass es wenigstens drei Räume ohne jeglichen Sensor gab.
Der erste davon enthielt einen drei Meter hohen elektromechanischen Vogel Greif mit einem Rumpf aus dünnem, juwelenübersäten Messing, der sich mit fließender Eleganz bewegte, während er von innen durch Hunderte kleiner Servos und Mikromotoren gesteuert wurde. Es war, als hätte Leonardo da Vinci eine Skulptur mit Hilfe einer Differenzmaschine zum Leben erweckt. Ein älteres Paar umrundete das Objekt. Die beiden gaben bewundernde Laute von sich, während sie sich gegenseitig einzelne Details zeigten. Der Fremde erschoss beide mit Ionenblitzen. Der Vogel Greif gab ein lautes Gurren
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