Commonwealth-Saga 2 - Die Boten des Unheils
»Wir können nichts weiter tun als uns zurückziehen und neu gruppieren.« Er vollführte wieder seine Tiefenatmung, aber nicht einmal der Schwall Sauerstoff konnte die Müdigkeit und Erschöpfung aus seinen Knochen vertreiben. Nie in der Geschichte der Menschheit hatte es einen Krieg gegeben, wo so viel in so kurzer Zeit verloren worden war. Und ich bin derjenige, der das Kommando hat. Dimitri hat Recht – wir wussten es. Wir wussten es von Anfang an, aber wir wollten es uns nicht eingestehen.
Captain Jean Douvoir hörte die Ventilatoren hinter den Gittern effizient surren, während sie den beißenden Rauch von der Brücke der Desperado absaugten. Das Kriegsschiff hatte Glück gehabt: Der letzte gerichtete Energiestoß hätte den Schutzschirm beinahe durchschlagen. Wie es jedoch aussah, hatte es nur ein paar vereinzelte Brüche gegeben, die den elektronischen Schaltkreisen und Leitungen übel zugesetzt hatten. Die Stabilisatoren hatten ihr Bestes gegeben, doch nicht einmal Supraleiter waren imstande, derartige Mengen an Energie aufzufangen, wie sie von nuklearen Detonationen im Megatonnenbereich freigesetzt wurden. Und nachdem die Verteidigung auf diese Weise gefährlich geschwächt war, hatte Douvoir die Desperado in den Hyperraum gejagt, wo sie sicher war vor den heraneilenden Projektilen der Primes.
»Merde!« , grunzte er, als sie außerhalb des Kometenhalos von Anshun in den Normalraum zurückstürzten. Seine virtuelle Sicht zeigte ihm, wie sich die Schiffselektronik selbst reparierte. Inzwischen war nur noch sehr wenig Redundanz übrig. Einen weiteren schweren Angriff würden sie nicht mehr überstehen. Und das würde wahrscheinlich geschehen, sobald sie zurückkehrten. Der Strom an Schiffen und Raketen hörte einfach nicht auf.
Die Kommunikationssymbole der anderen vier Schiffe blinkten rot und tot.
»Wie ist der Status der anderen?«, fragte er Don Lantra, der die Sensoren bediente.
Don bedachte ihn mit einem niedergeschlagenen Blick. »Wir haben soeben die Dauntless verloren. Damit sind nur noch wir übrig, Captain.«
Jean hätte am liebsten die Faust auf die Konsole geschmettert, eine nutzlose und in der Schwerelosigkeit sogar gefährliche Geste. Er hatte die meisten Mitglieder der anderen Besatzungen gekannt. Daheim auf dem High Angel hatten sie zusammen herumgehangen, eine große verschworene Gemeinschaft. Jetzt würde er sie erst nach der Wiederbelebung wiedersehen – nicht, dass die Niederlage dadurch erträglicher geworden wäre. Es würde Jahre dauern. Vorausgesetzt, das Commonwealth überdauerte so lange.
In seiner virtuellen Sicht blinkte das Kommunikationssymbol von Admiral Kime. »Wie ist Ihr Status, Jean?«, erkundigte sich Wilson.
»Wir kriegen die Dinge allmählich in den Griff hier draußen. Wir können bald einen weiteren Angriff gegen ihre Schiffe starten.«
»Nein. Kehren Sie zum High Angel zurück.«
»Wir haben noch sieben Raketen übrig.«
»Jean, schon jetzt sind fünfzig weitere Schiffe durch die Wurmlöcher gekommen. Sie haben ausgezeichnete Arbeit geleistet, Sie alle, aber die Evakuierung ist fast abgeschlossen.«
»Sie geben Anshun auf?«
»Uns bleibt nichts anderes übrig, Jean. Wir evakuieren alle angegriffenen Welten.«
»Nein. Alle? Aber … Wir müssen doch irgendetwas unternehmen! Wir dürfen nicht zulassen, dass diese Ungeheuer den Sieg davontragen! Heute sind es dreiundzwanzig Welten, und wenn wir sie damit durchkommen lassen, werden es morgen hundert! Wir müssen sie zurückschlagen!«
»Wir haben gekämpft, Jean. Wir hatten unsere Siege. Sie und die anderen haben Anshun wertvolle Zeit erkauft. Aber Ihr Schiff ist das Einzige, das noch übrig ist; also kehren Sie zur Basis zurück, wo die Desperado ausgerüstet und repariert werden wird, bevor Sie einen neuen Angriff starten.«
»Wir hatten unsere Siege? Das sehe ich anders. Dimitri hat verdammt Recht: Wir müssen durch die Wurmlöcher und den Zugang von der anderen Seite blockieren.«
»Sie wissen, dass wir dazu nicht in der Lage sind. Sie sind zu stark verteidigt. Wir werden das Sternensystem finden, wo sie ihren Außenposten haben, und wir werden sie dort angreifen. Sie werden die gesamte Flotte kommandieren, Jean.«
»Und wie lange wird es dauern, bis wir ausreichend Schiffe gebaut haben, Admiral?«
»So lange, wie es eben dauert, Jean. Und jetzt kehren Sie zur Basis zurück.«
»Aye, aye, Sir.«
Douvoir befahl den Plyplastik-Gurten seiner Beschleunigungsliege, sich zu lösen, und spannte seine
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