Commonwealth-Saga 2 - Die Boten des Unheils
dem Mund und betrachtete sie ernst. »Eine großartige Idee, Junge; aber diese großen Schlitten schaffen es nicht durch den dichten Wald auf der anderen Seite der Jagdgebiete.«
»Okay, dann schlachten wir sie eben aus und bauen eine Flotte aus kleineren Schlitten. Sie sind leichter, einfacher zu ziehen und schneller. Das vergrößert unsere Chancen.«
»Sicher, Junge, wahrscheinlich hast du Recht. Aber wie löst das unser Problem, warum wir hier sind?«
»Was meinst du mit ›Warum wir hier sind?‹ Wir sind hier, weil wir den falschen Pfad entlang gewandert sind; das ist alles.«
»Meinst du? Glaubst du immer noch, dass sich alles im Leben auf einer physischen Ebene abspielt? Was ist mit deiner Spiritualität?«
»Meine Spiritualität ist in Ordnung und will nichts weiter wie schnellstmöglich weg von hier.«
»Das freut mich für dich, mein Junge. Aber ich bin nicht bereit, von hier wegzugehen. Ich glaube, dass wir aus einem bestimmten Grund hier sind, jeder einzelne von uns. Die Eiszitadelle lehrt uns etwas über uns selbst, Dinge, die wir wissen müssen genauso wie Dinge, die wir nicht so gerne erfahren möchten. Ich glaube, wir sind aus einem ganz bestimmten Grund hier. Ich weiß, dass du Zu Hause im Commonwealth ein reicher Mann bist; eine Menge Leute, die über die Pfade wandern, sind reich. Ich war es auch. Ein armer reicher Einfaltspinsel war ich damals in jenen Tagen. Der übliche Mist, in eine Familie hineingeboren mit mehr Geld als Verstand. Ich bin aus Yorkshire, Mann, dort geboren und aufgewachsen und richtig traditionell obendrein. Unsere Familie hat ein Vermögen mit Abfall gemacht, mit dem Einsammeln und dem Verkauf von Müll, Gold aus Scheiße sozusagen. Das haben wir schon vor Jahrhunderten gemacht, noch bevor irgendjemand auch nur ein Wort von Recycling gehört hatte. Dann wurden die Europäer auf einmal ganz besessen von der Idee; was giftig war, durfte nicht mehr benutzt werden, und was benutzt werden durfte, musste recycelbar sein. Wir endeten auf Bergen von Kühlschränken, weil man die Chemikalien nicht einfach aus dem Kühlsystem ablassen durfte, dann auf Bergen von Computern, schließlich auf Bergen von Altfahrzeugen. Damals hatten wir richtige Alpen von Konsumgütern, die nur darauf warteten, auseinandergebaut und sauber recycelt zu werden. Damals hat unsere Familie zum zweiten Mal ihr Glück gemacht. Dann kamen du und dein Kumpel mit ihren Wurmlöchern daher, und plötzlich wollten alle ihren Abfall und ihr Gift nur noch in den Weltraum laden. Wir haben all die schicken Recyclinganlagen abgestoßen; aber wir haben weiter Abfall eingesammelt und ihn durch unsere Open-Ender geschickt. Unser drittes Vermögen.«
»Die Moom Corporation«, sinnierte Ozzie. »Die größten Abfallentsorger Europas. Ist das deine Firma?«
George nickte, sichtlich erfreut, dass Ozzie den Namen kannte. »Jepp, genau die. Weißt du, wofür Moom steht? ›Mäuse aus Mist‹ hihi.«
»So etwas Ähnliches habe ich mir schon gedacht.«
»Und genau dorthinein wurde ich geboren. Ich habe nie in meinem Leben irgendetwas mit meinen eigenen Händen gemacht. Ich war ein völliger Nichtsnutz, ohne Ziel, ohne Sinn im Leben und die meiste Zeit völlig von der Rolle. Um alles hat sich das Geld gekümmert: Partys, Frauen, Reisen, Drogen, Rejuvenationen … Ich hatte das Beste von allem. Und weißt du was? Nach dem dritten Mal war alles so langweilig wie nur irgendwas. Also bin ich aufgebrochen, um den Pfaden zu folgen und das Feenvolk zu suchen. Weil das die eine Sache ist, die man mit Geld nicht kaufen kann.«
»Und dann bist du hier gelandet.«
»Jepp. Sie haben mich hierher geführt. Und hier erfahre ich, wer ich bin und was ich bin, Mr. Isaacs. Ich erfahre, wie es ist, als richtiger Mensch zu leben. Hier bin ich jemand, hier bin ich wichtig. Die Leute kommen zu mir und fragen mich, was sie mit den Icewhale-Knochen alles machen können, wie man sie in Form bringt, wie man sie verbindet, wie man sie klebt und wie man sie sägt. Ich werde respektiert. Das mag dir nicht viel erscheinen – schließlich bist du jemand, der in seinem Leben eine ganze Menge erreicht hat –, aber dieser Respekt, den ich heute genieße, den habe ich mir selbst verdient, und zwar auf die harte Tour. Das ist der Grund, warum ich hier bin. Ich werde irgendwann von hier weggehen, das tun wir alle, auf die eine oder andere Weise, entweder indem wir einen Pfad finden oder indem wir in den Wäldern sterben. Doch bis zu diesem Tag werde ich tun,
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