Commonwealth-Saga 2 - Die Boten des Unheils
würde. Lediglich die Tetrajacks, die aussahen wie pferdegroße Rentiere mit blauem Fell, erhielten eine andere Kost. Sie bekamen die Küchenabfälle zu fressen.
Ozzie ging zur Werkstatt im Erdgeschoss hinauf. Der große kreisrunde Raum war vermutlich früher einmal ebenfalls ein Stall gewesen – er besaß eine rotierende Tür, die groß genug war, um einen Elefanten passieren zu lassen -; doch die neuen, abgerissenen Bewohner der Zitadelle benutzten ihn als Garage für die großen Schlitten, die von den dummen riesigen Ybnan gezogen wurden. Die Werkstatt diente auch als Schreinerei, doch hier wurde kein Holz verarbeitet, sondern Icewhale-Knochen, die bemerkenswert ähnliche Eigenschaften aufwiesen. Auch Leder wurde hier gegerbt und Fett in verschiedene Öle destilliert sowie Reparaturen an den wenigen kostbaren Artefakten aus Metall durchgeführt, die es in der Zitadelle gab, wie beispielsweise das Kochgeschirr und die großen Kessel. Die Werkzeuge bestanden hauptsächlich aus Stein oder Kristall, Klingen zum Schnitzen und Schneiden von Knochen. Wer neu ankam und ein kleines Messer, eine Zange oder sonst irgendein Vielzweck-Werkzeug besaß, hütete es wie den kostbaren Schatz, der es auch war. Niemand hier war ein richtiger Handwerker, doch das war auch nicht erforderlich, sondern nur ein grundlegendes Verständnis von Mechanik. Die Eiszitadelle lebte auf einem Niveau, das praktisch dem Mittelalter gleich kam.
Die Arbeit, die inzwischen seit drei Tagen jedermann beschäftigte, war die Reparatur und Wartung der Kufen von zweien der drei großen Schlitten. Einen hatten sie inzwischen fertig gestellt; der zweite ruhte auf dicken Kristallstümpfen zwei Meter über dem Boden, wo er auf seine frisch geschnitzten Kufen wartete. Die Temperaturen in der Werkstatt lagen nur wenig über dem Gefrierpunkt; unter dem Fußboden verliefen Kanäle mit heißem Quellwasser, die den Raum eisfrei hielten. Wie im Rest der Zitadelle auch waren die Heizanlagen hier abgenutzt und alt. Die dicken Pflastersteine über den Wasserkanälen waren im Laufe der Jahrhunderte gesprungen und verrutscht. An Dutzenden verschiedener Stellen stieg Dampf aus den Ritzen und machte die Luft feucht und stinkend. Kondenswasser glänzte an den Wänden und auf den Arbeitsflächen und brachte jedes Metall zum Rosten, das zu lange ungeschützt liegen blieb. Rings um die rotierende Tür herum herrschte ständig eisiger Frost.
Ozzie achtete darauf, seine Wollhandschuhe zu keiner Zeit auszuziehen. Es machte die Benutzung der Werkzeuge schwieriger, und er musste langsamer arbeiten und genau überlegen, was er tat; doch ohne Handschuhe waren seine Finger bald zu kalt und verloren jegliches Gefühl, und das war der Augenblick, in dem es zu Unfällen kam.
Ozzie half den anderen Mitgliedern des Reparaturteams, drei Menschen und einem Korrok-hi, die erste schwere Kufe an ihren Platz am Ende der Ständer zu heben und unter der Anleitung von George Parkin an die richtige Stelle zu schieben. George war lange genug in der Eiszitadelle, um als inoffizieller Leiter der Werkstatt zu gelten, und ohne Zweifel war er der kompetenteste Zimmermann. Die neue Kufe passte wie angegossen, und die Schwalbenschwanz-Verbindungen glitten mit Hilfe von ein wenig Öl ohne Widerstand in die dafür vorgesehen Aussparungen. Zwei Mitglieder des Teams machten sich daran, sie mit seitlich eingeschlagenen Verriegelungsbolzen und Leim zu sichern.
Ozzie war inzwischen sechsmal mit einem der Schlitten draußen gewesen als Mitglied einer Erntetruppe, fünfundzwanzig Menschen und Aliens, bewaffnet mit Leitern und Körben. Jedes Mal waren sie bei Einbruch der Morgendämmerung aufgebrochen in Richtung des Kristallwalds, der die riesige öde Senke umgab. Die opalfarbenen Keile, die bei den ausgewachsenen Kristallbäumen am Ende jedes Astes sprossen, waren in Wirklichkeit eine essbare Frucht, ein kleiner Klumpen nahezu geschmackloser Kohlehydrate in einer harten Schale. Ohne sie hätten die Bewohner der Eiszitadelle nicht den Hauch einer Überlebenschance gehabt. Es dauerte zwei Jahre, bis eine Frucht zu Apfelgröße herangereift war; also mussten sie in einer strengen Reihenfolge ernten und zeichneten jeden Ernteausflug so genau wie möglich auf einer Karte aus gegerbter Haut auf, in der die radialen Sektionen des Waldes vermerkt waren. Sobald sie in der jeweiligen Zone angekommen waren, ging die harte körperliche Arbeit des Bergens der Früchte los, zehn Stunden am Stück mit nicht mehr als einer
Weitere Kostenlose Bücher