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Commonwealth-Saga 3 - Der entfesselte Judas

Commonwealth-Saga 3 - Der entfesselte Judas

Titel: Commonwealth-Saga 3 - Der entfesselte Judas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter F. Hamilton
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Das Floß bockte wie ein durchgehendes Wildpferd, während es immer tiefer ins Blätterdach einbrach.
    Tochees Manipulatorfleisch schlang sich um Ozzies Knöchel. Er wurde wild nach oben gezerrt, während das Floß unter ihm wegsank. Das Universum drehte sich wild, und seine Sicht verschwamm. Dann kam seine Bewegung zu einem abrupten Halt. Das Universum kehrte seine Richtung um, und die Pathfinder beendete ihre wenig graziöse Landung mit einem knochenbrechenden Krachen.
    »Urgh. Scheiße!« Ozzie blinzelte in den Versuch, seine Sicht zu klären, doch alles blieb verschwommen. Heißer Schmerz brannte in seinem rechten Knie. Seine Wangen brannten, und er spürte etwas Nasses zwischen den Bartstoppeln. Als er mit der Hand danach tastete und sie betrachtete, sah er, dass sie vor Blut glitzerte.
    Er neigte den Kopf und schaute nach vorn – nein, nach oben – zu dem Fleischtentakel, das um seinen Knöchel geschlungen war. Darüber war Tochee ins V eines dicken Astes eingekeilt, der aus dem Baumstamm wuchs. Sein Manipulatorfleisch war so lang ausgestreckt, wie Ozzie es noch nie zuvor gesehen hatte. Das große Alien rührte sich kaum, doch Ozzie sah, wie es in tiefen Zügen atmete. In seinem vielfarbenen Fell steckten mehrere große Splitter, und aus den Wunden floss eine schleimige gelbe Flüssigkeit. Als Ozzie den Kopf wieder sinken ließ, stellte er fest, dass der Boden noch immer fünfzehn Meter unter ihm war. Die Pathfinder lag dort in mehrere Teile zerbrochen, und all ihre Siebensachen waren rings um das Wrack zerstreut.
    Ozzies Retinaimplantate zeigten, dass Tochees Auge in schneller Folge Signale gab. Das große Alien wollte wissen, ob alles in Ordnung war. Ozzie brachte ein schwaches Lächeln zustande und zeigte seinem großen Freund den erhobenen Daumen. Tochee kontrahierte das Tentakel ein wenig und begann, Ozzie sanft wie ein Pendel von einer Seite zur anderen zu schwingen. Jedes Mal kam der Baumstamm ein wenig näher, bis es Ozzie schließlich gelang, unmittelbar über einem dicken Ast Halt zu finden. Tochee gab seinen Knöchel frei, und Ozzie sank auf dem Ast zusammen. Das Erste, was ihm bewusst wurde, war, wie hart die Rinde des Baumes war, fast wie Stein. »Danke, Mann, ich bin dir was schuldig«, schnaufte Ozzie, auch wenn Tochee es nicht hören konnte. »Orion? Hey, Junge, wo steckst du?« Er starrte erneut nach unten zu dem geborstenen Floß. »Orion?«
    »Hier bin ich.«
    Ozzie blickte über die Schulter nach hinten und dann nach oben. Der Junge hing in den oberen Zweigen des nächsten Baumes, einem blattlosen eiförmigen Geflecht aus dünnen, messingfarbenen Stängeln. Er begann, sich durch das Innere nach unten zu winden, und dabei verbogen sich die Stängel elastisch, um ihm Platz zu machen. »Ich bin gesprungen. Sorry«, sagte Orion. »Ich weiß, du hast gesagt, dass ich es nicht tun soll, aber ich hatte Angst. Dieser Baum hier ist aus Gummi oder sowas.«
    »Ja, ja, schön für dich«, erwiderte Ozzie.
    »Die Gravitation ist nicht besonders stark hier, weißt du«, sagte der Knabe begeistert. »Nicht so stark wie auf einem Planeten oder der Wasserwelt.«
    »Fantastisch.« Jetzt fiel es Ozzie ebenfalls auf: Er fühlte sich nicht sehr schwer an. Er löste seinen Klammergriff um den Ast und bewegte sich vorsichtig. Die Gravitation betrug etwa ein Drittel Erdstandard.
    Tochee glitt flüssig am Stamm entlang nach unten und hielt auf Ozzies Höhe kurz inne. »Ich falle nicht mehr«, sagte das große Alien mit seinem Auge. »Es gefällt mir sehr hier.«
    Ozzie zeigte Tochee ein weiteres Mal verzagt den erhobenen Daumen; dann kletterte auch er am Stamm nach unten.
    Am Fuß warteten Tochee und Orion bereits auf ihn. Er richtete sich probehalber auf, froh, dass er sich nicht in einem vollen Gravitationsfeld befand. Sein Knie brannte wie Feuer.
    »Gib mir bitte das Erste-Hilfe-Kit«, sagte er zu dem Knaben.
    Orion hüpfte über den zerklüfteten Untergrund und suchte nach ihren verstreut herumliegenden Sachen. Als er zurückkam, brachte er sowohl das Erste-Hilfe-Kit als auch Ozzies tragbares Array mit. Ozzie sank zu Boden und presste eine Diagnosesonde auf die brennende Haut über seinem Knie. Blut tropfte von seinem Kinn auf sein bereits schmutziges T-Shirt. Sein E-Butler meldete, dass einige OCTattoos auf seiner Wange beschädigt waren und nur noch mit eingeschränkter Kapazität funktionierten.
    Tochee ruhte auf der anderen Seite am Boden und zog sich mit seinem Manipulator große Splitter aus dem Fell.

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