Commonwealth-Saga 3 - Der entfesselte Judas
hätte einen Vertrag mit einem anonymen Partner geschlossen. Ich neige dazu, ihm zu glauben.«
»Wir werden es herausfinden, wenn ich ihn erst mit nach Paris genommen habe.«
»Was haben Sie mit ihm vor? Wollen Sie seine Erinnerung lesen?«
»Ja.«
Selbst hinter der Maske war Mandias missbilligende Grimasse nicht zu übersehen.
Rennes Füße knirschten auf dem eisüberkrusteten Boden. Nirgendwo waren Pflanzen zu sehen, nicht einmal Grasbüschel oder Moose. Sie musste vorsichtig sein, wohin sie trat – der Boden war übersät mit tiefen Rissen und gefrorenen Reifenspuren. Die alten Fahrzeuge, die sie verursacht hatten, parkten vor den Gebäuden. Sie sahen mit ihrer gelben Signalfarbe aus wie eine unansehnliche Kreuzung aus Traktor und Schneepflug. Daneben standen zwei neue braune Honda 4x4, die Seiten mit dickem braunem Schlamm verkrustet.
»Sie sind in denen hier heraufgekommen?«, fragte Renne.
»Ja.« Mandia deutete in Richtung der schmalen Piste, die vor dem Observatorium endete. »Es war ein unbequemer Ritt, das kann ich Ihnen sagen.«
»Wie zur Hölle ist es Ihnen gelungen, unbemerkt zu bleiben?«
»Es war nicht einfach.«
Renne war nicht sicher, ob er witzelte oder nicht.
Sie kamen vor dem Hauptgebäude an und traten ein. Die Welt hier drin war wieder warm, doch die Luft war noch immer dünn, und Rennes Herz raste weiter. Sie ließ sich in einen Sessel fallen. Unsicher, ob sie imstande war, noch einmal aufzustehen, zog sie im Sitzen den Mantel aus, und selbst die einfache Anstrengung raubte ihr mehr den Atem. Sie wusste nicht, wie sie es wieder zum Flieger zurück schaffen sollte; möglicherweise würden die anderen sie tragen müssen.
»Macht Ihnen die Höhe denn überhaupt nichts aus?«, fragte sie Mandia.
»Es dauert tatsächlich eine Weile, bis man sich dran gewöhnt hat«, gab Mandia zu.
Allmählich dämmerte Renne, dass das einheimische Team nicht erfreut war über ihr Kommen. Irgendein hohes Tier, das man geschickt hatte, um herauszufinden, warum die Operation schief gegangen war, und das versuchen sollte, die Schuld irgendjemandem aus dem Feldteam zuzuschieben. So ist es nicht , wollte sie erklären –, aber das würde sie in seinen Augen noch schwächer aussehen lassen. Mit der Politik ihrer Behörde konnte sie auch so fertig werden.
»Okay, fangen wir mit dem Direktor an«, sagte sie.
Jennifer Seitz war erst vor fünf Jahren aus der Rejuvenation zurückgekehrt. Eine kleine, schlanke Frau mit attraktiven grünen Augen und sehr dunkler Haut. Sie trug einen weiten kastanienbraunen Pullover, der lang genug war, um als Kleid zu gelten. Die Ärmel waren hochgekrempelt, doch das hinderte sie nicht daran, an ihren dürren Armen zu schlottern. Renne schätzte, dass der Pullover von jemandem geliehen war, der wenigstens einen halben Meter größer sein musste. Director Seitz schien mehr verärgert ob der Invasion der Navy in ihr Observatorium als eingeschüchtert oder besorgt. Ihre entschlossene, abfällige Haltung wurde nach außen hin durch das bezaubernde, jugendliche Lächeln gedämpft, zu dem sie imstande war. Phil Mandia erhielt einen verärgerten Blick, als er sie in das Büro einließ; selbst diese Geste wirkte mehr wie jugendliche Bockigkeit als alles andere.
Renne deutete auf das runde Fenster des Raums und die drei großen Schüsseln dahinter. »Welche davon ist auf den Mars gerichtet?«, fragte sie.
»Keine«, antwortete Jennifer Seitz. »Die großen Schüsseln dienen ausnahmslos der Tiefenraumastronomie. Wir benutzen einen unserer Hilfsempfänger für das Signal vom Mars. Es ist keine wichtige Operation.«
»Und wir sind sicher, dass es die Marsdaten sind, die Cufflin an McFoster weitergegeben hat?« Renne warf einen fragenden Blick zu Phil Mandia.
»Es gibt keine Spur mehr von diesen Daten im Netzwerk des Observatoriums«, antwortete der Beamte der Navy. »Cufflin hat ein Tracerworm-Programm eingespeist, um jede Aufzeichnung zu löschen, nachdem McFoster die Kopie an sich genommen hat.«
»Es muss weitere Kopien geben«, sagte Renne. »Wie lange haben Sie diese Daten bereits empfangen?«
Unwillkürlich zuckte Director Seitz mit den Mundwinkeln. »Ungefähr seit zwanzig Jahren.«
»Zwanzig! Was zur Hölle haben Sie damit gemacht?«
»Wir haben sie für eine wissenschaftliche Forschungseinrichtung gesammelt. Es ist ein kleiner Kontrakt für uns, weniger als ein Prozent unseres Budgets. Wir benötigen nicht einmal jemanden, der das Sammeln beaufsichtigt; unsere RI steuert
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