Commonwealth-Saga 4 - Die dunkle Festung
arterielles Labyrinth aus Straßen- und Schie-nenverbindungen aus, das die Station mit der umgebenden Megacity verband. Nigel blickte aus dem Büro des Managers im obersten Stock des Verwaltungshochhauses der Station und sah den New Jer-sey Turnpike, der sich um die Station herum wand. Die uralte Straße brachte noch immer eine gigantische Menge an Passagieren und Fracht zur Station, auch wenn sie inzwischen durch neue Tunnels ergänzt wurde, die CST gebohrt hatte, um seine Züge direkt nach Manhattan und entlang der Ostküste fahren zu lassen. Hinter der Straße brandeten die kalten grauen Gewässer der Newark Bay gegen die Ufer von Staten Island, und über allem spannte sich die schimmernde Energiekuppel des Schutzschirms, die der Luft einen Schleier verlieh, als hätte sich ein schwacher Seenebel über das Land gelegt.
Nigels E-Butler projizierte Bilder der Sicherheitssensoren in seine virtuelle Sicht, auf denen Campbell zu sehen war, wie er seine Besucher unten in der Lobby begrüßte. Justine Burnelli knöpfte einen pelzbesetzten schneeweißen Mantel auf und schenkte Campbell den züchtigen Kuss eines alten, vertrauten Freundes. Nigel hatte erst gesehen, dass Justine schwanger war, als sie zur Notfallsitzung des Kriegskabinetts gekommen war; doch inzwischen war die kleine Wölbung unter ihrem schicken grauen Kaschmirkostüm deutlich zu sehen. Die Tatsache überraschte ihn – Frauen in ihrem Alter und mit ihrem Status benutzten nahezu ausschließlich Bruttanks. Als Nigel bei Perdita nachfragte, wusste die ebenfalls nichts darüber, geschweige denn, wer der Vater war – das war ebenfalls ungewöhnlich. Die Großen Familien trafen stets detaillierte finanzielle Vereinbarungen bezüglich ihrer Kinder, und doch war nichts in den Unterlagen der New Yorker Kanzleien festgehalten. Die Sicherheitssensoren zeigten Nigel, dass Justines Inserts eine stark verschlüsselte Verbindung zur Unisphäre aufrechterhielten, von der er vermutete, dass sie direkt zu Gore führte.
Investigator Myo war genauso, wie Nigel sie in Erinnerung hatte, das hübsche Gesicht durch den leicht melancholischen Ausdruck darauf in alle Ewigkeit verunstaltet. Sie trug einen gut geschnittenen dunkelblau-schwarzen Anzug mit einer lachsfarbenen Bluse, und ihr gepflegtes Haar glänzte. Nichts deutete darauf hin, dass sie weniger als dreißig Stunden zuvor in einer Kampfmontur mitten in einem schweren Feuergefecht auf Illuminatus gewesen war.
Nigels größte Aufmerksamkeit galt jedoch Mellanie Rescorai. Ihr lockiges goldblondes Haar war flüchtig gebürstet und erweckte einen leicht ungezähmten Eindruck. Das und die Art und Weise, wie sie ablehnend die Zähne zusammenbiss, verlieh ihr ein aggressives Erscheinungsbild. Ein dramatisch kurzer weißer Rock, lange Wildlederstiefel und eine einfache blaue Baumwollbluse wirkten modisch und billig zugleich. Dudley Bose klebte an ihr, als wäre er durch eine unsichtbare Membran mit ihr verbunden. Der aufsässige Ärger in seinem jugendlichen Gesicht war genau der gleiche, an den Nigel sich von der berüchtigten Willkommenszeremonie anlässlich von Dudleys Wiederbelebung erinnerte.
Nigel wandte sich der Bürotür zu, als der Lift in der obersten Etage eintraf. Ihm fiel auf, dass Campbell es in der beengten Kabine irgendwie fertiggebracht hatte, sich auf der Fahrt nach oben so weit wie möglich von Mellanie fernzuhalten. Also hatte Perdita Recht , dachte er.
»Fertig?«, fragte Nelson. Der Sicherheitschef hatte sich ebenfalls seine Gedanken ob dieses Treffens gemacht, doch er hatte andererseits die Ereignisse auf Illuminatus auch wesentlich genauer verfolgt als Nigel.
»Wäre schön, endlich ein paar Antworten zu erhalten«, sagte Nigel. Er zog sein Anzugjackett gerade. Dämliche Eitelkeit.
Förmlich begrüßte er Justine und Paula, bevor er sich Mellanie zuwandte. »Endlich.«
Sie sah ihn verblüfft an. »Verzeihung?«
»Ich habe Ihre letzten Aktivitäten mit größtem Interesse verfolgt.
Es ist eine sehr aufregende Erfahrung für mich, Sie endlich persönlich kennen zu lernen.« Was eine glatte Untertreibung war. Mellanie war phänomenal attraktiv, besaß eine atemberaubende Figur und ein leicht ungebändigtes Erscheinungsbild, als hätte sie eben erst Sex gehabt und wollte noch mehr. Nigel hielt ihre Hand fest. Sie versuchte nicht, sie zurückzuziehen, sondern verzog lediglich spitzbübisch die Lippen, während sie ihn von oben bis unten musterte.
»Für mich ebenfalls«, antwortete sie. Ihre
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