Conan-Saga 01 - Conan
der Lehrling zum Meister. Wachablösung ist erst um Mitternacht. Würde jetzt einer nach ihm suchen und die Leiche finden, liefe er geradewegs zu Yara, um Lärm zu schlagen. Dadurch hätten wir genügend Zeit, uns aus dem Staub zu machen. Fänden sie sie jedoch nicht, würden sie jeden Busch durchsuchen und uns wie Ratten in der Falle erwischen.«
»Du hast recht.« Conan sah es ein.
»Also, jetzt paß auf! Wir vergeuden nur Zeit mit diesem verdammten Gerede. Es gibt keine Wächter im inneren Garten – keine menschlichen Wächter, meine ich. Allerdings treiben sich dort Kreaturen herum, die bei weitem tödlicher sind. Ihre Anwesenheit gab mir lange Zeit zu denken, doch schließlich fand ich einen Weg, sie auszuschalten.«
»Was ist mit den Soldaten im unteren Turm?«
»Der alte Yara hat seine Gemächer oben. Dorthin werden wir gelangen, und zurückkommen, hoffe ich. Frag mich jetzt nicht wie, ich habe für eine Möglichkeit gesorgt. Wir schleichen uns von oben her an den Hexer heran und erdrosseln ihn, ehe er uns mit einem seiner verfluchten Zauber belegen kann. Das heißt, wir versuchen es zumindest. Entweder enden wir als Spinnen oder Kröten, die er zermalmt, oder ungeheuere Macht und Reichtum werden unser sein. Alle guten Diebe müssen Wagnisse eingehen.«
»Ich bin dazu bereit«, erklärte Conan und schlüpfte aus seinen Sandalen.
»Dann folge mir!« Taurus drehte sich um, sprang, faßte nach dem Mauerrand und zog sich hoch. Die Gewandtheit des Mannes war unglaublich, wenn man seine Statur bedachte. Es sah beinahe so aus, als schwebe er auf die Mauerkrone. Conan folgte ihm und streckte sich flach neben ihm aus. Sie verständigten sich nur mit leisem Flüstern.
»Ich sehe keine Lichter«, murmelte Conan. Der untere Teil des Turms schaute nicht anders aus als die von außerhalb der Mauer sichtbare obere Hälfte – ein glatter glänzender Zylinder, anscheinend ohne Öffnungen.
»Es gibt sehr geschickt verborgene Fenster und Türen«, erklärte ihm Taurus leise, »aber sie sind geschlossen. Die Soldaten atmen die von oben kommende Luft.«
Der Garten war ein vages Schattenmeer, wo gefiederte Büsche und niedrige Bäume mit langen Zweigen sanft wogten. Conan spürte die lauernde Drohung dort unten, fühlte den brennenden Blick unsichtbarer Augen, und ein schwacher Geruch stieg in seine Nase, der ihm sofort die Härchen auf dem Nacken aufstellte. Unwillkürlich fletschte er die Zähne wie ein Jagdhund, der die Witterung eines unheimlichen Feindes aufnimmt.
»Folge mir!« wisperte Taurus. »Bleib unmittelbar hinter mir, wenn dir dein Leben lieb ist!« Ehe er leichtfüßig ins Gras des inneren Gartens sprang, holte Taurus etwas, das wie eine Kupferröhre aussah, aus seinem Gürtel. Conan landete dicht hinter ihm, das Schwert kampfbereit in der Hand. Taurus schob ihn dicht an die Wand und machte selbst keine Anstalten, auch nur einen weiteren Schritt zu tun. Seine Haltung verriet angespannteste Erwartung, und sein Blick, genau wie Conans, war auf das schattenhafte Buschwerk, ein paar Schritte entfernt, gerichtet. Es wogte plötzlich, obgleich sich kein Lüftchen rührte. Und dann blitzten zwei große Augen zwischen den bewegten Schatten auf, und weitere in der Dunkelheit hinter ihnen.
»Löwen!« murmelte Conan.
»Richtig. Bei Tag hält man sie in Gewölben unter dem Turm. Deshalb sind auch keine menschlichen Wächter in diesem Garten.«
Conan zählte schnell die Augen.
»Ich sehe fünf, aber vielleicht sind in den Büschen noch mehr. Sie werden jeden Augenblick angreifen.«
»Still!« zischte Taurus. Er entfernte sich vorsichtigen Schrittes von der Mauer, als ginge er auf rohen Eiern, und hob das dünne Kupferrohr hoch. Conan ahnte die gewaltigen geifernden Rachen (obgleich er sie nicht sehen konnte) und die Quastenschwänze, die unruhig gegen helle Flanken peitschten. Die Luft wirkte wie geladen. Der Cimmerier umklammerte den Schwertgriff fester. Er erwartete jeden Augenblick den Angriff der mächtigen Leiber. Da hob Taurus das Kupferröhrchen an die Lippen und blies kraftvoll hinein. Ein gelber Pulverregen sprühte aus dem unteren Rohrende und verteilte sich schnell zu dicken gelbgrünen Wolken, die sich über das Buschwerk herabsenkten und die funkelnden Augen verbargen.
Hastig rannte Taurus zu der Mauer zurück. Conan starrte verständnislos auf das Gebüsch. Die dicke Wolke hüllte es völlig ein. Nicht das geringste Geräusch drang heraus.
»Was ist das für ein Staub?« fragte der Cimmerier
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