Conan-Saga 01 - Conan
weiteten sich seine Augen, er schrie grauenvoll und riß die Hand zurück. Eine lebende, jadefarbene Schlange hatte sich um sein Handgelenk gewickelt und ihm die Giftzähne in die Hand gestoßen.
Alle schrien vor Schrecken und Grauen durcheinander. Ein Nachtwächter sprang zurück und fiel über einen Tisch. Krüge zerbrachen und Bier und Wein ergoß sich über die Platte. Ein anderer versuchte, den Fetten aufzufangen, als er schwankte und fiel. Ein dritter ließ seine Hellebarde fallen und rannte schrill schreiend zur Tür.
Die Panik griff um sich. Ein Teil der Gäste versuchte, sich gleichzeitig durch die Tür zu drängen. Zwei Männer gingen mit Dolchen aufeinander los, während ein Dieb im Kampf mit einem Wächter über den Boden rollte. Eine der Kerzen wurde umgeworfen, dann eine zweite, bis die Stube nur noch schwach von einer kleinen irdenen Öllampe erhellt war.
In der Düsternis zog Conan Semiramis auf die Füße. Mit der flachen Klinge bahnte er sich einen Weg zur Tür. In der Dunkelheit der Gasse rannten sie um mehrere Ecken, um mögliche Verfolger abzuschütteln, ehe sie sich endlich Zeit zum Verschnaufen gönnten.
»Die Stadt ist jetzt zu verdammt heiß für mich. Ich muß von hier verschwinden«, brummte der Barbar. »Leb wohl, Semiramis!«
»Möchtest du nicht noch eine letzte Nacht mit mir verbringen?«
»Kann ich mir leider nicht leisten. Ich muß diesen Dummkopf Nestor finden. Wenn der Narr in seinem Suff nicht geprahlt hätte, wäre mir das Gesetz nicht so schnell auf den Fersen gewesen. Er hat so viel von dem Schatz eingesteckt, daß er kaum alles tragen kann, während mir nichts geblieben ist. Vielleicht kann ich ihn überreden, mir die Hälfte abzutreten, wenn nicht ...« Er strich bedeutungsvoll über die Schneide seiner Schwertklinge.
Semiramis seufzte. »Solange ich lebe, wirst du immer einen Unterschlupf in Shadizar finden. Gib mir einen letzten Kuß!«
Sie umarmten sich kurz. Dann verschwand Conan wie ein Schatten in der Nacht.
Auf der Straße nach Corinthien, die westwärts aus Shadizar führt, befand sich, drei Pfeilschußlängen von der Stadtmauer entfernt, der Ninusbrunnen. Man erzählte sich, daß Ninus ein reicher Kaufmann gewesen war, der an einer verzehrenden Krankheit litt. Ein Gott erschien ihm im Traum und versprach ihm Heilung, wenn er auf der Straße, die aus dem Westen nach Shadizar führt, einen Brunnen erbaute, damit die Reisenden ihren Durst stillen und sich waschen konnten, ehe sie zur Stadt kamen. Ninus errichtete den Brunnen, aber niemand weiß, ob er je von dieser Krankheit gesundete oder nicht.
Eine halbe Stunde nach seiner Flucht aus Abuletes' Schänke fand Conan Nestor auf dem Rand der berühmten Brunnens sitzend.
»Wie ist es dir mit deinen sieben unvergleichlichen Juwelen ergangen?« fragte Nestor.
Conan erzählte ihm, was mit seinem Teil der Beute passiert war. »Jetzt«, sagte er, »da ich dank deiner losen Zunge Shadizar verlassen muß, und da mir nichts von dem Schatz geblieben ist, wäre es nur recht und billig, daß du mir von deinem Teil abgibst.«
Nestor lachte freudlos. »Von meinem Teil? Junge, hier ist die Hälfte von dem, was mir geblieben ist.« Er holte zwei Goldstücke aus seinem Gürtel und warf Conan eines zu. »Ich schulde es dir, weil du mich vor der einstürzenden Mauer gerettet hast.«
»Wieso? Wie ist es dir mit dem Schatz ergangen?«
»Als die Wache mich in der Schänke stellte, gelang es mir, den Tisch umzukippen. Ich nagelte damit ein paar der Burschen fest. Dann nahm ich mir das Glitzerzeug im Umhang, warf es mir über die Schulter und rannte zur Tür. Einen, der mich aufhalten wollte, hieb ich nieder, aber ein anderer schlitzte mir den Umhang auf und der ganze Kram ergoß sich auf den Boden. Da stürzten sich alle – die Wachen, ihr Anführer, die Gäste – über das Gold und die Edelsteine.« Er hielt den Umhang hoch und deutete auf den zwei Fuß langen Schnitt im Tuch. »Da ich mir dachte, daß der ganze Reichtum mir nichts nutzen würde, wenn mein Kopf einen Pfahl über dem Westtor zierte, zog ich es vor, mich aus dem Staub zu machen, solange niemand auf mich achtete. Als ich aus der Stadt war, schüttelte ich den Umhang aus, doch alles, was sich noch darin fand, waren diese zwei Goldmünzen, die sich im Saum verfangen hatten.«
Conan machte einen Augenblick lang ein finsteres Gesicht, dann zuckten seine Lippen, und sein Mund verzog sich zu einem Grinsen. Ein mächtiges Lachen löste sich aus seiner Kehle. Als er
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