Conan-Saga 01 - Conan
erzählte er mir gar manches, unter anderem auch den Namen des jungen Edlen, der ihn bestach, ihm Einblick in Staatsgeheimnisse zu verschaffen, die dieser feine Edelmann dann an eine feindliche Macht verkaufte. Schämt Ihr Euch denn überhaupt nicht, Murilo – Dieb, der sich die Hände nicht selbst beschmutzen wollte?«
»Ich habe nicht mehr Grund, mich zu schämen, als Ihr, Ihr geierherziger Plünderer«, erwiderte Murilo prompt. »Ihr beutet ein ganzes Königreich um Eurer Habgier willen aus. Und unter der Maskerade eines uneigennützigen Staatsmannes betrügt Ihr den König, erbettelt Euch – angeblich zum Wohle des Landes – ganze Vermögen, unterdrückt die Armen und opfert für Euren ruchlosen, persönlichen Ehrgeiz die Zukunft eines Reiches. Ihr seid nicht mehr als ein fettes Schwein mit der Schnauze im Futtertrog. Ihr seid ein bei weitem größerer Dieb als ich. Und dieser Cimmerier ist noch der ehrlichste von uns dreien, denn er stiehlt und mordet, ohne ein Hehl daraus zu machen.«
»Nun, dann passen wir drei doch ganz gut zusammen«, meinte Nabonidus mit freundlicher Gelassenheit. »Und was jetzt? Mein Leben?«
»Als ich das Ohr des verschwundenen Schreibers sah, wußte ich, daß mein Schicksal besiegelt war«, sagte Murilo abrupt. »Und ich glaubte, Ihr würdet den König veranlassen, gegen mich vorzugehen. Hatte ich recht?«
»Durchaus«, erwiderte der Priester. »Einen kleinen Hofschreiber aus dem Weg zu räumen, ist einfach, aber es bei euch zu versuchen, würde doch allzuviel Staub aufwirbeln. Ich hatte beabsichtigt, dem König am Morgen eine kleine amüsante Geschichte über Euch zu erzählen.«
»Eine kleine Geschichte, die mich den Kopf gekostet hätte«, murmelte Murilo. »Dann ist der König also nicht im Bild über meine Geschäfte mit anderen Ländern?«
»Noch nicht«, seufzte Nabonidus. »Und nun, da ich Euren Begleiter mit seinem etwas ungeduldigen Dolch sehe, fürchte ich wohl, daß ich den König nicht mehr mit dieser netten Geschichte erfreuen kann.«
»Ihr müßtet wissen, wie man aus diesem Rattenloch herauskommt«, sagte Murilo. »Angenommen, ich erklärte mich bereit, Euer Leben zu verschonen, würdet Ihr uns helfen, zu entkommen, und schwören, über meine kleinen Diebereien Schweigen zu bewahren?«
»Wann hat ein Priester schon jemals einen Schwur gehalten?« wandte Conan ein, der nun begriff, worum es ging. »Laßt mich ihm doch die Kehle aufschlitzen. Ich möchte gern die Farbe seines Blutes sehen. Im Labyrinth sagt man, sein Herz sei schwarz, also müßte sein Blut es auch sein ...«
»Seid still!« wisperte Murilo. »Wenn er uns nicht den Weg aus diesem Kellerloch zeigt, verrotten wir hier. Also, Nabonidus, was meint Ihr?«
»Was meint denn ein Wolf, der mit einem Bein in der Falle steckt?« Der Priester lachte. »Ich bin in Eurer Macht, und wenn wir entkommen wollen, muß einer dem anderen helfen. Ich schwöre: falls wir dieses Abenteuer überleben, vergesse ich Eure dunklen Geschäfte. Das schwöre ich bei Mitras Seele!«
»Das genügt mir«, murmelte Murilo. »Selbst der Rote Priester würde diesen Eid nicht brechen. Und nun machen wir, daß wir hier herauskommen. Mein guter Freund gelangte durch einen Tunnel hierher, aber ein Fallgatter schloß sich hinter ihm und versperrt nun den Weg. Wißt Ihr, wie es zu heben ist?«
»Nicht von diesem Kellergang aus«, antwortete der Priester. »Der Hebel, der den Mechanismus betätigt, befindet sich in dem Raum über dem Tunnel. Es gibt jedoch noch einen anderen Weg hier heraus, den ich Euch zeigen werde. Doch verratet mir, wie seid Ihr hierhergekommen?«
Murilo berichtete mit wenigen Worten. Nabonidus nickte und erhob sich steif. Er hinkte den Korridor entlang, der sich zu einem größeren Raum weitete, und trat an die Silberscheibe. Als sie sich ihr näherten, verstärkte sich das Licht, obgleich es trotzdem nur ein schwaches, schattenhaftes Leuchten blieb. Neben der Scheibe sahen sie eine schmale Treppe, die nach oben führte.
»Das ist der andere Ausgang«, sagte Nabonidus. »Und ich bezweifle, daß die Tür oben verriegelt ist. Aber ich glaube, derjenige, der durch sie treten will, erlitte einen angenehmeren Tod, wenn er sich selbst die Kehle durchschneidet. Schaut in die Scheibe!«
Was wie eine runde Silberplatte ausgesehen hatte, war in Wirklichkeit ein in die Wand eingelassener Spiegel. Ein verwirrendes System kupferähnlicher Rohre ragte aus der Wand darüber heraus und neigte sich ihm im rechten Winkel zu. Als
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